Altona. Katja Suding (FDP) über die verdienstvolle Arbeit der Katholischen Schule Altona mit besonders förderbedürftigen Schülern.
Vor der Bundestagswahl am 24. September hat das Hamburger Abendblatt die aussichtsreichen Hamburger Kandidaten für ein ungewöhnliches Projekt gewonnen: Sie schreiben jeweils über ein Thema, das sie besonders bewegt, eine Person, die sie beeindruckt, oder eine Institution in ihrem Wahlkreis, die aus ihrer Sicht mehr Aufmerksamkeit verdient. Heute schreibt Katja Suding (FDP). Die Landesvorsitzende ihrer Partei und Fraktionsvorsitzende in der Bürgerschaft steht auf Platz eins der FDP-Landesliste.
Bärbel Dörnte hat große, freundliche Augen, eine gelassene Ausstrahlung und ist doch eine durch und durch „toughe“ Frau. Die 64-Jährige wirkt als Leiterin einer Schule in einem sozialen Brennpunkt: „Unsere fast 300 Kinder haben zu rund 80 Prozent einen Migrationshintergrund, stammen mit ihren Familien aus gut 30 Ländern, und viele sind auf staatliche Unterstützung angewiesen.“
Bärbel Dörnte steht einer ganz besonderen Grund- und Stadtteilschule vor, an der ein ganz erheblicher Teil der Eltern das Minimal-Schulgeld von 10 Euro pro Monat zahlt: der Katholischen Schule Altona am Dohrnweg.
Mädchen und Jungen total bei der Sache
Ich habe sie vor ein paar Wochen gemeinsam mit meiner FDP-Bürgerschafts-Fraktionskollegin und Bildungspolitikerin Anna von Treuenfels-Frowein kennengelernt. Bärbel Dörntes Schüler nahmen an einem Planungsprojekt für die Neue Mitte Altona teil. Wir Politikerinnen merkten sofort: Diese Mädchen und Jungen sind total bei der Sache, identifizieren sich mit ihrer Schule in Altona-Altstadt, leben das Zusammensein in der Inklusion mit ihren besonders förderbedürftigen Mitschülern.
Über 30 Inklusionskinder kommen in den Dohrnweg, die meisten von ihnen mit dem Förderbedarf in Lernen, Sprache und sozialer Entwicklung, kurz LSE. „Wir hatten zwischenzeitlich eine Zuweisung von zwölf zusätzlichen Lehrerarbeitsstunden pro Woche für jedes LSE-Kind. Damit funktionierte die Betreuung der Schüler durch unsere 30 Lehrer und über 15 Erzieher und Sozialpädagogen ganz hervorragend“, erinnert sich die seit 2004 amtierende Schulleiterin. Inzwischen liegt der Satz bei sieben zusätzlichen Stunden. „Damit ist die erfolgreiche Inklusion für uns deutlich schwieriger geworden“, sagt Bärbel Dörnte.
Besonderer Geist
Und das in einer Schule mit einem besonderen Geist: Zwar stammen am Dohrnweg gerade 60 Prozent der Kinder aus katholischen Familien, viele haben einen evangelischen, manche auch einen muslimischen Hintergrund. Und dennoch beginnt und endet fast jeder Schultag mit einem Gebet oder einem geistlichen Lied, ist katholischer Religionsunterricht in den zehn Klassenstufen der Schule verpflichtend.
Das schafft sozialen Zusammenhalt und menschliche Nähe, ganz anders als ihn Klischee-Kritiker mit dem Vorwurf der „Elitenbildung“ den 21 katholischen Schulen und ihren mehr als 9000 Kindern in Hamburg gern unterstellen. Und dennoch reicht dieser besondere „Spirit“ nicht, um die schwere Inklusionsaufgabe bei solcher Unterausstattung zum umfassenden Erfolg zu führen. Das liegt nicht nur an der überstürzten Einführung der Inklusion durch die grüne Schulsenatorin Christa Goetsch nach 2008. Das liegt auch an der Kürzung der Inklusionsausstattung durch SPD-Schulsenator Rabe seit 2012: Um ein Drittel sanken die Mittel, mit noch dramatischeren Folgen an staatlichen Stadtteilschulen, wogegen jetzt die Volksinitiative „Gute Inklusion“ erfolgreich kämpft.
So dürfen wir mit Inklusion nicht umgehen
Mein Besuch in der Katholischen Schule Altona hat mir mehr als alle bildungspolitischen Debatten in der Bürgerschaft seit 2011 klargemacht: So dürfen wir mit der richtigen und wichtigen Aufgabe der Inklusion nicht umgehen. Wenn wir am Dohrnweg und überall beste Bildung als Grundvoraussetzung für gelingende Lebensentwürfe wollen, dann müssen wir investieren: in mehr Arbeitsstunden von Lehrern und Sozialpädagogen für die Inklusion, in bessere Schulgebäude und ein Ende der Kreidezeit durch Digitalisierung jeder Klasse. Das darf nicht nur Länderaufgabe bleiben, da muss der Bund mitfinanzieren, damit nicht der Wohnort am Ende darüber entscheidet, wie gut oder schlecht deutsche Schulbildung ist.
Deshalb setze ich mich dafür ein, dass das Kooperationsverbot fällt, das Bund und Ländern bisher die Zusammenarbeit in der Bildungspolitik weitgehend verwehrt.
Die Pragmatikerin Bärbel Dörnte kann stolz sein auf ihr Engagement und das ihrer Mitarbeiter. Ich möchte ihr dafür zwischen Hamburg und Berlin, zwischen Bürgerschaft und Bundestag viel bessere Voraussetzungen schaffen.
Am Montag schreibt Rüdiger Kruse (CDU) über Nachhaltigkeit in Eimsbüttel