Hamburg. Die Stadt ist deutschlandweit beliebtestes Ziel bei AirBnB. In diesem Sommer buchten so 37.000 Deutsche eine Unterkunft in Hamburg.
Mit einem Kaffee die morgendliche Hamburger Hafenluft genießen, Elbphilharmonie-Blick inklusive. Das können Gäste auf dem Segelboot von Joke Seiler erleben.
Seit 2016 bietet der Hamburger sein Quartier für Privatunterkünfte an. Fünf Personen können sich auf dem elf Meter langen Schiff zwischen April und Oktober einquartieren. Die außergewöhnliche Unterkunft ist bei den Gästen sehr beliebt. Das Geschäft läuft für den 33-Jährigen so gut, dass er seinen Job gekündigt hat, er lebt von den Einkünften als Gastgeber. „Vor allem Familien fühlen sich auf meinem Segelschiff sehr wohl“, sagt Seiler.
Der Markt für AirBnB-Unterkünfte wächst seit Jahren
Seilers Logis-Angebot mag ungewöhnlich sein, die Plattform ist es jedoch keineswegs. Einquartieren kann man sich bei Seiler nur über den Online-Dienst AirBnB. Das Unternehmen, gegründet 2008 im kalifornischen Silicon Valley, vermittelt Privatunterkünfte im Internet. Vermieter können auf dieser Internet-Plattform private Feriendomizile anbieten. Gäste können sich für ihre Reisen eine Unterkunft suchen und die Gastgeber kontaktieren. Für den Service erhebt AirBnB eine Gebühr. Der ursprüngliche Name des Unternehmens lautete „Airbedandbreakfast“ (englisch für Luftmatratze und Frühstück). 2009 wurde er auf AirBnB verkürzt.
Der Markt für Privatunterkünfte wächst seit Jahren. Immer mehr Menschen bieten private Feriendomizile an. Über 7500 Unterkünfte gibt es in der Hansestadt zurzeit. Deutschlandweit ist das Angebot nur in Berlin (23.000) und München (9000) größer. In der gesamten Bundesrepublik gibt es laut AirBnB aktuell über 100.000 Unterkünfte.
Hamburg ist AirBnB-Spitzenreiter – bei Gästen aus Deutschland
Und das Geschäft wird für Hamburger Gastgeber immer lukrativer. Denn der Tourismus eilt in der Hansestadt weiter von Rekord zu Rekord. Allein bis Ende Juni wurden in diesem Jahr über 6,5 Millionen Übernachtungen verzeichnet.
Allein über das Internetportal AirBnB buchten in diesem Sommer 37.000 Gäste aus Deutschland eine Unterkunft in Hamburg – mehr als in jeder anderen deutschen Stadt. Berlin rangiert mit 33.000 Übernachtungen auf Platz zwei. Aus dem Ausland quartierten sich über 35.000 Gäste über das Portal in Hamburg ein. Nur München (43.500) verzeichnete mehr Buchungen aus dem Ausland.
VW-Bus, Motoryacht oder Luxusvilla: Wer sucht, der findet
Ob man also alleine unterwegs ist, als Gruppe reist oder für ein paar Tage geschäftlich in der Stadt ist – für jeden Reisenden gibt es die passende Unterkunft. Am häufigsten werden Einzelzimmer und Wohnungen angeboten. Man kann aber auch eine Haushälfte oder ein ganzes Haus buchen. Selbst Luxusvillen in Blankenese gibt es bei AirBnB. Und wer es etwas spezieller mag, kann beispielsweise sogar einen VW-Bus, eine Motoryacht oder ein Hausboot mieten.
Die Preise zwischen den Unterkünften variieren sehr. Ein einzelnes Zimmer bekommt man für 20 Euro pro Nacht, mit etwas Glück sogar noch günstiger. Eine kleine Wohnung kostet rund 50 Euro. Für ein zentral gelegenes Luxus-Apartment oder eine noble Loft-Wohnung mit Blick auf die Elbphilharmonie müssen Gäste schon etwas tiefer in die Tasche greifen. Hier zahlt man pro Übernachtung zwischen 300 und 500 Euro. In den oberen Preiskategorien sind kaum Grenzen gesetzt.
Es gibt auch grundsätzliche Bedenken zum Geschäftsmodell
Trotz aller Beliebtheit geriet der Marktführer für Privatunterkünfte zuletzt in die Kritik. Im Internet kursieren viele negative Erfahrungsberichte. Gäste berichten, dass die Unterkunft nicht dem angegebenen Standard entsprochen habe. Gastgeber klagen, dass manche Gäste rücksichtslos mit ihrem Eigentum umgegangen seien. das Geschäftsmodell basiert vor allem auf Vertrauen. Aufenthalte werden von AirBnB nicht kontrolliert. Der Boom zieht auch Kriminelle an. Wiederholt kassierten Betrüger mit gefälschten Inseraten Anzahlungen.
Aber es gibt auch grundsätzliche Bedenken an dem Geschäftsmodell. Manche Vermieter würden dauerhaft in ihren Wohnungen Touristen unterbringen, dem Wohnungsmarkt so wichtigen Wohnraum entziehen und damit die Wohnungsknappheit gerade in Großstädten verschärfen. Außerdem würden die Mietpreise dadurch verstärkt in die Höhe schnellen.
Hamburg verschärfte schon vor vier Jahren ein Gesetz
Hamburg steuert diesen Entwicklungen schon länger entgegen. So verschärfte der Senat 2013 das Wohnraumschutzgesetz. Seitdem gilt: Eine Weitervermietung als Ferienwohnung ist nur zulässig, wenn es sich bei der Wohnung um den Erstwohnsitz des Anbieters handelt. In diesem Fall muss der Vermieter zudem die Wohnung über die Hälfte des Jahres selbst nutzen. Lebt der Hauptmieter ganzjährig in der Wohnung, darf er weniger als die Hälfte der Fläche weitervermieten.
Verstöße können mit einem Ordnungsgeld von bis zu 50.000 Euro belegt werden. Aber nicht jede Unterkunft fällt zwingend unter das Wohnraumschutzgesetz. Die Schutzlinien greifen nur, wenn es sich bei den Unterkünften offiziell um Wohnraum handelt. Gewerbeflächen und Industriegebiete fallen beispielsweise nicht unter das Gesetz.
Hamburger Bezirksämter leiteten schon 170 Verfahren ein
In Hamburg verfolgen die sieben Bezirksämter Verstöße gegen die Wohnraumschutzlinien. Für die Ermittlungen sind in den Ämtern zurzeit 22 Beamte zuständig. Die Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen koordiniert die Verfolgung.
2016 wurden rund 170 Verfahren eingeleitet. Dabei ermittelten die Beamten über 60 Verstöße. Die genaue Zahl ist unbekannt, da nicht alle Bezirksämter die Verstöße auflisten. Dabei wurden 13 Zwangsgelder und vier Wohnnutzungsgebote ausgesprochen.
In diesem Jahr laufen bereits mehr Verfahren als im Vorjahr. Bisher sind es knapp 180. 2017 wurden bisher über 35 Verstöße ermittelt. Neun Zwangsgelder und ein Wohnnutzungsgebot wurden verhängt. Mehrere Verfahren sind noch nicht abgeschlossen.
Die Ermittlungsarbeit gestaltet sich schwierig
Obwohl jährlich immer mehr Verstöße aufgespürt werden, gestaltet sich die konkrete Ermittlungsarbeit oft schwierig. In vielen Fällen sind die Beamten auf die Unterstützung wachsamer Nachbarn angewiesen, die mögliche Verstöße melden. Die Sachbearbeiter nehmen die verdächtigen Inserate dann zunächst auf der Online-Plattform unter die Lupe. Wenn sich der Verdacht auf eine zweckentfremdete Nutzung erhärtet, werden die Vermieter kontaktiert.
Laut Behörden würden viele nicht einmal wissen, dass sie mit ihren Angeboten gegen das Wohnraumschutzgesetz verstoßen. Nachdem man den Vermietern erkläre, dass ihre Inserate nicht erlaubt sind, würden sie die Inserate in der Regel löschen. Daraufhin werden die Ermittlungen eingestellt – ohne weitere Sanktionen.