Hamburg. Aber Hamburg hat auch Chancen auf Sonne. Binnenalster Filmfest doch nicht abgesagt. Gute Nachrichten für durch Sturm Geschädigte.

Als der Sturm anrückt, scheint noch trügerisch die Sonne. Die City ist voll mit Passanten, an der Elbe gehen Menschen spazieren. Wenige Stunden später hat das Sturmtief „Sebastian“ am Mittwoch bereits verheerende Schäden angerichtet. Zwei Menschen verloren in Hamburg ihr Leben. 380 Einsätze fuhr die Feuerwehr, teilte die Feuerwehr am Donnerstagmorgen mit. Zu Spitzenzeiten seien am Mittwoch gut 450 Einsatzkräfte gleichzeitig wegen des Sturmtiefs „Sebastian“ ausgerückt. Es herrschte Ausnahmezustand, die Einsatzzentrale wurde aufgestockt. „Wir hatten in den Spitzenzeiten 230 Notrufe pro Stunde“, sagte ein Sprecher der Feuerwehr. Am späten Mittwochabend kam es zudem zu einer Sturmflut.

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Binnenalster Filmfest wird doch nicht abgesagt

Binnenalster Filmfest (Archivbild)
Binnenalster Filmfest (Archivbild) © HA | FFHH/Christian Spahrbier.

Am Mittwoch hatten die Veranstalter des Binnenalster Filmfestes aufgrund des stürmischen Wetters noch schwarz gesehen. Am Donnerstagmittag sah das Ganze schon besser aus. "Nachdem wir gestern befürchteten, dass unser Binnenalster Filmfest wegen der orkanartigen Böen ausfallen muss, hat sich das Wetter soweit beruhigt, dass unser beliebtes Open Air Kino am Jungfernstieg heute normal um 20.30 Uhr starten kann", teilte das City Managment Hamburg am Mittag mit. Bis zum Sonntag können Zuschauer nun an vier Abenden vor besonderer Kulisse kostenfrei Filme schauen. Los geht' jeweils um 20.30 Uhr. Den Start macht heute der Alfred-Hitchcock-Klassiker "Der Fremde im Zug".

Es bleibt herbstlich in Hamburg

Das Sturmtief "Sebastian" ist überstanden – doch goldenes Herbstwetter steht Hamburg nicht bevor. Am Freitag und auch in den kommenden Tagen muss immer wieder mit gewittrigen Schauern gerechnet werden. Aber Meteorologe Kent Heinemann vom Institut für Wetter- und Klimakommunikation hat auch positive Nachrichten. "Bis mittags bleibt es freundlich, inklusive Sonnenschein", sagt der Wetterexperte. Danach ziehen Wolken auf. Inklusive Regen. Am Sonnabend und Sonntag sieht es ähnlich aus. Erste Tageshälfte schön, zweite Tageshälfte weniger schön. Wenn die Sonne denn mal scheint, wird es mit 19 Grad zumindest angenehm warm.

Die meisten Bahnstrecken sind wieder frei

Nach dem Sturmtief „Sebastian“ hat sich die Situation im Norden am Donnerstagvormittag weitgehend normalisiert. Auch der unterbrochene Zugverkehr in Schleswig-Holstein wurde wieder aufgenommen. Am Morgen war nach Angaben der Deutschen Bahn nur noch der Regionalverkehr auf den Strecken Kiel-Rendsburg (RB 75) und Kiel-Husum (RE 74) gestört. Die Strecken Hamburg-Flensburg und Lübeck-Puttgarden wurden am Morgen wieder freigegeben, ebenso die Metronom-Strecke Cuxhaven-Hamburg-Cuxhaven.

Zwar weht in Hamburg am Donnerstagmittag immer noch ein frischer Wind. Aber mit orkanartigen Böen muss heute wohl nicht mehr gerechnet werden.

Gute Nachrichten für Betroffene von Sturmschäden

Für Sturmschäden kommt in der Regel die Versicherung auf. Voraussetzung: Betroffene müssen im Zweifel nachweisen, dass der Sturm die Ursache war. Darauf weist der Bund der Versicherten (BdV) in Henstedt-Ulzburg bei Hamburg am Donnerstag hin. Die Gebäudeversicherung zahlt Schäden am Haus wie etwa abgedeckte Dächer und zerstörte Schornsteine. Das gilt ebenfalls für Beschädigungen durch umgefallene Bäume. Und auch für Folgeschäden, wenn durch das vom Sturm beschädigte Dach Regen eindringt und der Fußböden ruiniert ist.

Die Hausratversicherung übernimmt Schäden am Hausrat, wenn der Sturm zum Beispiel das Dach abgedeckt oder ein Fenster eingedrückt hat und das Mobiliar nass wird. Beulen am Auto deckt die Teilkaskoversicherung ab, die immer auch Bestandteil der Vollkaskoversicherung ist. Der Vorteil: Der Teilkasko-Versicherer zahlt abzüglich einer eventuell vorhandenen Selbstbeteiligung ohne Rückstufung des Schadenfreiheitsrabatts. Fahrer, die nur eine Kfz-Haftpflichtversicherung haben, gehen leer aus.

Wichtig zu beachten: Der Versicherte muss belegen können, dass der Sturm für den Schaden verantwortlich ist und mindestens Windstärke acht hatte. „Das kann zum Beispiel durch Berichte in der Zeitung oder ähnliche Schäden in der Nachbarschaft geschehen“, erklärt BdV-Sprecherin Bianca Boss. In strittigen Fällen können sich Versicherte auch an den Deutschen Wetterdienst wenden.

Kreuzfahrtschiffe bleiben sturmbedingt im Kieler Hafen

Wegen des Sturmtiefs haben die Kreuzfahrtschiffe „AidaVita“ und „Europa“ ihre Aufenthalte im Kieler Hafen um eine Nacht verlängert. Die beiden Schiffe hätten planmäßig am Mittwochabend ablegen sollen. Aufgrund des Sturms haben die Kapitäne allerdings aus Sicherheitsgründen beschlossen, im Kieler Hafen abzuwarten, bis der Wind nachlässt, wie ein Sprecher des Hafens am Donnerstag mitteilte. Die „Europa“ legte demnach erst am Donnerstag mit einigen Stunden Verspätung gegen 5 Uhr und die „AidaVita“ gegen 8 Uhr ab.

Pendler spüren auch am Donnerstag die Sturmfolgen

Nach dem ersten großen Herbststurm des Jahres müssen Pendler im Berufsverkehr in Norddeutschland auch am Donnerstagmorgen noch mit den Folgen kämpfen. Nach Angaben der Deutschen Bahn sind im Norden weiterhin vier Strecken gesperrt, auf einigen weiteren waren nur einzelne Gleise befahrbar. Derweil warnte der Deutsche Wetterdienst (DWD) für Donnerstag mit Unwettern im Südwesten Deutschlands. In den Morgenstunden könnte es im südlichen Hessen, Teilen Baden-Württembergs, in Rheinland-Pfalz und dem Saarland zu Dauerregen mit Hochwasser, Überschwemmungen und Erdrutschen kommen.

Die Bahn sowie der private Anbieter Metronom rechneten auch am Donnerstag mit Verspätungen bei vielen Verbindungen. Die Strecken Hamburg-Flensburg (RE7), Kiel-Husum (RE74), Kiel-Rendsburg (RB75) und Lübeck-Puttgarden (RB85) blieben zunächst gesperrt. Die Strecke Hamburg-Buchholz-Rotenburg-Bremen (RE4 und RB41) ist wieder freigegeben. Die Züge des Metronom fahren, allerdings mit Verspätungen.

Bahn stellte Hotelzüge für gestrandete Passagiere bereit

Engpässe gab es am Morgen zudem auf den Strecken Bremen-Oldenburg und Bremen-Norddeich, teilte ein Sprecher der Bahn mit. Da etwa in der Nähe von Delmenhorst nicht alle Gleise befahrbar seien, komme es dort auch zu Verspätungen für den Fernverkehr. Auch Verbindungen von und nach Rostock waren von den Sturmfolgen betroffen. Der Betreiber Metronom teilte am Mittwochabend mit, dass zwischen Hamburg und Stade sowie zwischen Stade - Cuxhaven und Hamburg - Cuxhaven kein Zugverkehr möglich sei. Auf den weiteren Strecken sei mit Verspätungen zu rechnen.

Die Bahn setzte nach eigenen Angaben Hunderte Mitarbeiter ein, um die Sturmschäden zu beseitigen. So mussten Bäume von den Gleisen geräumt und beschädigte Oberleitungen repariert werden. Für gestrandete Passagiere stellte die Bahn Hotelzüge in den Bahnhöfen von Bremen, Dortmund, Hamburg und Hannover bereit. Dort konnten Reisende übernachten. Das Technische Hilfswerk habe Decken organisiert, sagte ein Bahnsprecher. Außerdem seien die Reisenden mit Suppen und Getränken versorgt worden.

13-Jährige in Harburg schwer verletzt

Sturm "Sebastian" ist zudem ein weiterer Mensch zu Schaden gekommen. In Harburg wurde am frühen Mittwochnachmittag ein 13 Jahre altes Mädchen durch einen herabfallenden Ast schwer verletzt. Es erlitt multiple Prellungen und einen Oberschenkelbruch, wie ein Sprecher der Polizei mitteilte.

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Bereits am Mittag kommt es am Mittwoch in der Innenstadt zu einem tödlichen Unglück. Ein 38 Jahre alter Passant wird an der Willy-Brandt-Straße auf Höhe des ehemaligen „Spiegel“-Gebäudes von Gerüstteilen getroffen, die der Wind von bis zu 100 Kilometern pro Stunde offenbar vom 7. Stock eines Neubaus heruntergeweht hatte.

Herabfallende Gerüstteile

Der 38-Jährige erleidet schwerste Verletzungen am Kopf und wird in ein Krankenhaus gebracht. Die Ärzte können sein Leben jedoch nicht mehr retten – der Mann stirbt am späten Nachmittag. Laut Polizei wird eine weitere Person durch herabfallende Gerüstteile leicht verletzt. Die Willy-Brandt-Straße wurde Richtung Hauptbahnhof zwischenzeitlich gesperrt.

Gegen 14.20 Uhr ereignet sich auch am Fähranleger Blankenese ein Todesfall. Ein Rollstuhlfahrer, der sein Gefährt mit dem Mund lenkte, stürzt in die Elbe. Feuerwehr, Wasserschutzpolizei und Polizei suchen den Mann. Unter anderem steigt der Polizeihubschrauber „Libelle“ auf, um den Mann aufzuspüren. Taucher sind im Einsatz. Doch der Mann kann gegen 15.50 Uhr nur tot aus dem Wasser geborgen werden.

Laut einer Zeugenaussage hatte der mehrfach behinderte Mann die Kontrolle über seinen Rollstuhl verloren und war über die Kante des Anlegers ins Wasser gerollt. Ob es sich um einen technischen Defekt oder einen Unfall aufgrund des Wetters handelt, ist noch unklar. Auch einen Suizid können die Ermittler nicht ausschließen. Der Rollstuhl kann schließlich mühsam aus dem aufgepeitschten Elbwasser geborgen werden. Ein Rettungswagen bringt den Leichnam am Nachmittag in das Institut für Rechtsmedizin am UKE.

Die Feuerwehr ist am Mittwochnachmittag im gesamten Stadtgebiet zu diesem Zeitpunkt bereits mit der Beseitigung von Sturmschäden beschäftigt. In den sozialen Netzwerken warnt sie die Bevölkerung vor dem Herbststurm: „Böen bis 110 km/h möglich. Passt auf Euch auf!“ Da die Bäume derzeit noch volles Laub tragen, bieten sie den starken Böen des Sturmtiefs eine ideale Angriffsfläche. Der Park Planten un Blomen wird vorsichtshalber bereits am frühen Nachmittag geschlossen.

Umgestürzte Bäume sorgen für viele Zugausfälle am Mittwoch

Wegen des Sturms kommt es bei den S- und U-Bahnen zu Ausfällen und Verspätungen. Massiv betroffen ist die Linie U 1, an mehreren Stellen blockieren umgestürzte Bäume die Strecke, für Stunden verkehrt zwischen zahlreichen Haltestellen nur ein Ersatzverkehr mit Bussen und Taxis. Auf der Strecke der U 3 kommt es zu Verspätungen, da die Bahnen aufgrund des Sturms oberirdisch nur mit maximal 40 Kilometern pro Stunde unterwegs sein dürfen.

Die S-Bahn meldet am frühen Nachmittag via Twitter zahlreiche Sperrungen, so sind die Strecken zwischen Klein Flottbek und Altona, zwischen Altona und Dammtor sowie zwischen Stade und Harburg Rathaus betroffen. Auch dort liegen jeweils Bäume auf den Gleisen. An den Haltestellen sammeln sich bald größere Gruppen von Menschen, ein Ersatzverkehr wird eingerichtet. Erst am späten Nachmittag sind die meisten Schäden beseitigt, der Verkehr normalisiert sich danach auf fast allen Strecken wieder. Nur die Strecke zwischen Stade und Buxtehude bleibt bis Betriebsschluss gesperrt.

Minütlich weitere Notfälle

Am frühen Abend gehen jedoch fast minütlich weitere Notfälle bei den Rettungsdiensten ein. Vor allem umgestürzte Bäume sowie herabgefallene Äste und Gerüstteile machen der Feuerwehr demnach zu schaffen. Mehrfach hätten die Einsatzkräfte Straßen und Bahngleise freiräumen müssen. Weitere Verletzte werden aber nicht gemeldet.

Durch die starken Windböen steigt zudem der Wasserstand der Elbe im Laufe des Tages messbar an. In der Gegend des Fischmarkts kam es deshalb am späten Mittwochabend zu Überschwemmungen. Es bestand eine Sturmflutwarnung.