Hamburg. Erleichterung bei Hafenbetrieben: Jahrelanger Streit über mögliche Umsiedelung vorbei. Auch industrielle Nachbarn sind nun geschützt.

Die Einigung zur Bebauung des Kleinen Grasbrooks ist nicht nur aus städtebaulicher Sicht historisch. Sie ist auch für die Entwicklung der Hafenwirtschaft von großer Bedeutung. Die etwas mehr als ein Dutzend Firmen auf dem Kleinen Grasbrook erhalten wieder planerische Sicherheit – und das nach einer langen Unruhephase. Denn eine Verdrängung der Hafenbetriebe von der stadtplanerisch wichtigen Fläche wurde immer wieder thematisiert.

Bereits 2005 gab es einen Dissens zwischen dem ehemaligen Oberbaudirektor, Jörn Walter, und dem damaligen Wirtschaftssenator Gunnar Uldall (CDU), der nicht nur hinter geschlossenen Türen ausgetragen wurde. Walter wollte den Moldauhafen und den Kleinen Grasbrook im Rahmen des „Sprungs über die Elbe“ mit Wohnungen bebauen, Uldall befürchtete „verheerende Auswirkungen“ für die Hafenwirtschaft.

Planungen versetzen die Betriebe in Unruhe

Nicht einmal zehn Jahre später sahen die Hafenfirmen ihren Standort zwischen Norderelbe und Hansahafen wieder bedroht: Dabei ging es um die Hamburger Olympia-Bewerbung, die der Hafenwirtschaft die gesamten Flächen im östlichen Hafengebiet genommen hätte. Die Olympia-Bewerbung endete mit dem Votum der Bürger im November 2015. Der Streit um den Kleinen Grasbrook ging weiter.

Immer wieder versetzten politische Planungen die Betriebe in Unruhe. Mal hieß es, die Firma Unikai würde in den mittleren Freihafen verlagert, dann wurde das Überseezentrum der HHLA als Wohnungsbaufläche adressiert. Die Verunsicherung schadete dem Standort: Die HHLA-Tochter Unikai versenkte Investitionsplanungen zum Ausbau ihres Terminals wieder in der Schreibtischschublade. Und die großen deutschen Automobilhersteller überlegten, ob sie noch mehr Kontingente der Autoverschiffung nach Bremerhaven verlegen sollten.

So reagiert die Opposition auf die Grasbrook-Pläne

André Trepoll, CDU-Fraktionschef:

„Ich begrüße, dass der Senat endlich seine lange hinter verschlossenen Türen vorbereiteten Pläne für die Weiterentwicklung des Grasbrooks präsentiert. Wir fragen uns jedoch, wie Hafenwirtschaft, Industrie und Wohnen auf engstem Raum ohne Nutzungskonflikte realisiert werden sollen. Der Hafen darf durch die Entwicklung nicht benachteiligt werden. Warum Olaf Scholz keine breite stadtentwicklungspolitische Debatte zuließ, wird wie so oft sein Geheimnis bleiben.“

Heike Sudmann, Linke-Bürgerschaftsfraktion:

„Das ist Verkündungspolitik à la Scholz. Senat, Unternehmensverband Hafen Hamburg und Industrieverband Hamburg kungeln mal eben einen neuen Stadtteil aus. Viele Fragen waren schon bei der Olympiaplanung offen geblieben: Ist ein Nebeneinander von Wohnen und Hafen mit teilweise gesundheitsgefährdenden Immissionen überhaupt möglich? Wie soll die Hafenentwicklung aussehen, wenn ein neuer Stadtteil auf dem Grasbrook entsteht?“

Jens P. Meyer, FDP-Bürgerschaftsfraktion:

„Aus stadtentwicklungspolitischer Sicht ist es nach der gescheiterten Olympiabewerbung überfällig, das Gelände für den dringend benötigten Wohnraum zu entwickeln. Es ist allerdings befremdlich, dass Rot-Grün solche Planungen trotz konkreter Nachfragen stets verneint und damit die Öffentlichkeit und die Bürgerschaft getäuscht hat

Detlef Ehlebracht, AfD-Fraktion:

„Das Projekt ist zu begrüßen, zumal es im Einklang mit der Hafenwirtschaft realisiert werden soll.“

Johann Killinger, Vizepräses der Handelskammer:

„Die Debatte über mögliche neue Nutzungen im Hafen ist grundsätzlich sinnvoll, weil die Stadt wächst und attraktive Flächen für Gewerbe und Wohnen dringend braucht. Im Hafen gibt es Potenzial für eine Verdichtung ohne Leistungsverlust, nicht zuletzt im mittleren Freihafen.“

Alexander Porschke, Vorsitzender des NABU Hamburg:

„Die Überwindung der Widerstände gegen eine Umnutzung des Grasbrooks ist ein guter und wichtiger Schritt in die richtige Richtung.“

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Das alles ist nun vorbei. Die Firma Unikai erhält einen langfristigen Mietvertrag mit möglicher Verlängerung auf 30 Jahre und kann den Ausbau ihres Kühllogistikzentrums in Angriff nehmen. Zusammen mit ihrem Partner, der italienischen Reedereigruppe Grimaldi, kann sie die Autoverladung fortsetzen. Der Senat hat zudem zugesichert, dass die Bauplanung so erfolgt, dass kein Betrieb Einschränkungen zu befürchten hat.

Das betrifft insbesondere die Firmen auf den benachbarten Flächen wie das Süd-West Terminal der Firma C. Steinweg und der Paraffin-Hersteller Sasol Wax. Diese waren in Sorge, verschärfte Lärmschutz- und Emissionsschutzauflagen durch den nahen Wohnungsbau auferlegt zu bekommen. Das werde mit einer intelligenten Lärmschutzbebauung vermieden, sagt der Präsident des Unternehmensverbands Hafen Hamburg, Gunther Bonz: „Der Vertrag ist eine gelungene Kombination aus Stadtplanung und gesicherter Hafenplanung.“

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