Hamburg. Das Start-up Mesaic entwickelt revolutionäre Kommunikationswege zwischen Firmen und Kunden. Auf welche Technologie die Macher setzen.
Wohl die meisten Menschen in Hamburg haben das schon erlebt: Man bestellt etwas bei einem Internet-Anbieter, man freut sich, weil es so schnell versandt wird – aber dann ist man gerade nicht da, wenn der Paketdienst vor der Tür steht. Das ist ärgerlich für alle Beteiligten. „Immer häufiger werden Waren am Tag der Bestellung auch geliefert, was natürlich nur wirklich Sinn macht, wenn der Empfänger sie dann auch annehmen kann“, sagt Sebastian Kellner, einer der beiden Gründer der Hamburger Firma Mesaic.
Ihr Ziel ist es, die Kommunikation zwischen Unternehmen – unter anderem Logistikern und Dienstleistern – und ihren Kunden deutlich zu verbessern. Dies könne dazu beitragen, dass man Lieferanten oder Handwerker eben nicht verpasst und diese keine unnötigen Wege zurücklegen müssen. „Zwar kann man einer Firma eine E-Mail schicken“, so Kellner, „aber das fühlt sich nicht gut an.“ Schließlich wisse man nicht, ob die Nachricht rechtzeitig gelesen wird, zumal sie häufig nur an eine anonyme Sammeladresse innerhalb des Unternehmens geht.
Echter Dialog per Smartphone
Mesaic setzt daher auf sogenannte Messenger-Programme, also Chat-Funktionen, wie man sie von Facebook oder WhatsApp kennt. Sie sind einfach zu nutzen und ermöglichen einen echten Dialog per Smartphone. „Damit kann man Unternehmen und Kunden näher zusammenbringen“, sagt Kellner. Derzeit arbeiten für Mesaic 17 Personen im Start-up-Zentrum Betahaus an der Eifflerstraße, keine 100 Meter von der Roten Flora entfernt, an maßgeschneiderten Lösungen für drei Unternehmenskunden. Eine davon ist die Autowerkstattkette Euromaster, eine Tochter des Reifenherstellers Michelin. Mit der Mesaic-Technologie will Euromaster von Mitte September an einen Hol- und Bring-Service organisieren und die Koordination zwischen Kunden und Werkstätten verbessern.
Dass solche Dienste auf Smartphone-Basis prinzipiell funktionieren, haben Kellner und Mesaic-Mitgründer Niko Uphoff bereits in kleinerem Maßstab mit dem im Jahr 2013 in Hamburg gegründeten mobilen Fahrradreparaturservice Veloyo bewiesen. Die Idee dazu kam Kellner während seines Studiums in Kopenhagen, wo sich 45 Prozent der Einwohner für die tägliche Mobilität auf das Fahrrad verlassen. „Wenn es kaputt ist, kann man damit aber nicht zur Werkstatt fahren“, so Kellner – also sollte der Mechaniker zum Rad kommen.
Über eine App meldet der Fahrradbesitzer die Art des Schadens und schickt gleich Fotos davon mit, der Standort wird per Satellitennavigation GPS übermittelt. Innerhalb von höchstens 24 Stunden kommt dann ein Mechaniker von einer der Vertragswerkstätten und repariert das Rad entweder vor Ort oder nimmt es notfalls in die Werkstatt mit. Inzwischen gibt es den Dienst in Hamburg, Berlin, Amsterdam und London.
Für die im Jahr 2016 gegründete Mesaic hat Kellner große Pläne: „Wir wollen hieraus eine internationale Firma bauen.“ Hanseatischen Kaufleuten mögen solche Töne eher ungewohnt erscheinen, das weiß auch Kellner – „aber vielleicht ist man in Hamburg ja manchmal etwas zu sehr zurückhaltend.“ Dass inzwischen auch ein Weltkonzern wie Apple an kommerzielle Dienste auf Messenger-Basis denkt, sieht man bei Mesaic eher als Bestätigung der eigenen Ideen und nicht als Bedrohung. „Das hilft uns, weil wir die technische Basis für unsere Lösungen, die auf bestimmte Kundenbedürfnisse zugeschnitten sind, nutzen können“, sagt Kellner.
Suche nach neuem Standort
Zudem hätten andere Start-ups gezeigt, dass man auch mit relativ kleinen Teams große Marktbedeutung erlangen kann. Als Beleg verweist der Mesaic-Geschäftsführer auf WhatsApp: Noch Ende 2011, als weltweit bereits mehr als eine Milliarde Nachrichten pro Tag über den Dienst verschickt wurden, hatte das Unternehmen gerade einmal 20 Beschäftigte. Allerdings könne Mesaic schon im kommenden Jahr auf 50 Mitarbeiter wachsen, erwartet Kellner. Dann wird er einen neuen Standort suchen müssen, auch wenn er die kreative Atmosphäre im Schanzenviertel sehr schätzt.
Natürlich verursacht ein derartiges Wachstum entsprechend hohe Anlaufkosten. Zu den Investoren, die für die Finanzierung sorgen, gibt Kellner nur sparsame Informationen. Es handele sich um „Family Offices“, die das Vermögen von Unternehmerfamilien anlegen, und sogenannten „Business Angels“. Auf Basis der aktuellen Entwicklung wäre es nach Einschätzung des Mesaic-Chefs schon 2018 möglich, schwarze Zahlen zu schreiben. „Es ist aber die Frage, ob es für uns gut wäre, das anzustreben“, so Kellner. Erst einmal komme es darauf an, dafür zu sorgen, dass nicht andere die angepeilten Geschäftsfelder besetzen – und das erfordert weitere Investitionen.
Abgeklärt und professionell
Es ist Kellner durchaus bewusst, dass sich mancher angesichts einer solchen Logik an die Zeiten des „Neuen Marktes“ und das Platzen der Internetblase kurz nach der Jahrtausendwende erinnert fühlt. Doch seitdem hätten sich Verhältnisse stark verändert, findet er. „Man muss sich nur ansehen, welche detaillierten Kennzahlen die Investoren berechnet haben wollen und wie sorgfältig man von potenziellen Kunden unter die Lupe genommen wird“, sagte Kellner. „Heute läuft das alles sehr viel abgeklärter, viel professioneller ab als damals.“