Hamburg. Beratungsstelle mahnt Prostituierte zur Vorsicht. Derweil fahndet die Polizei nach dem Täter, der die 48-Jährige getötet hat.

Einen Monat nach dem Fund erster Leichenteile einer 48 Jahre alten Frau am Elbstrand in Hamburg-Rissen ist der Täter weiter flüchtig. Es gebe keine heiße Spur, sagte ein Polizeisprecher. Er sprach von einem mysteriösen Fall.

Die Frau aus Äquatorialguinea arbeitete im Stadtteil St. Georg als Prostituierte. Am 1. August wurde sie nach Polizeiangaben zum letzten Mal gesehen, in Begleitung eines etwa 50 Jahre alten Mannes auf dem Hansaplatz. Beide seien in Richtung Bremer Reihe gegangen, eine Straße, die zum Hauptbahnhof führt. Der Mann von kräftiger Statur soll blaue Oberbekleidung und eine Kopfbedeckung getragen haben. Er habe eine Plastiktüte dabei gehabt, möglicherweise mit Videokassetten.

Die Polizei geht von einem Gewaltverbrechen aus. Zur genauen Todesursache wollen die Ermittler nichts sagen. Ein Verdacht gegen einen Mann, der am 23. August festgenommen worden war, habe sich zerschlagen, sagte der Polizeisprecher. In den Wagen des Mannes soll die Frau einmal eingestiegen sein.

Die Fundorte liegen zum Teil 20 Kilometer auseinander

Am Morgen des 3. August hatten Spaziergänger ein erstes Leichenteil am Anleger Wittenbergen im westlichen Stadtteil Rissen entdeckt. Die Polizei suchte das Ufer ab und fand ein weiteres Körperteil. Es folgten weitere Funde, an ganz verschiedenen Stellen in Hamburg. Die Orte liegen zum Teil mehr als 20 Kilometer voneinander entfernt. Die Ermittler gehen davon aus, dass der Täter sein Opfer nicht nur zerstückelte, sondern die sterblichen Überreste gezielt über die Gewässer der Stadt verteilte.

Ein Bootsführer in Billbrook entdeckte am 8. August einen im Wasser treibenden Oberkörper ohne Kopf. Am 12. August machte ein Spaziergänger am Billekanal wieder einen grausigen Fund: den im Wasser treibenden Kopf der Frau. Polizeitaucher wurden noch im Goldbekkanal in Winderhude und in der Billwerder Bucht fündig. Inzwischen sucht die Polizei nur noch sporadisch nach weiter fehlenden Teilen der Leiche.

Die Prostituierten sollten mehr aufeinander achten

Gudrun Greb, Leiterin der Beratungsstelle Ragazza e.V, am Hansaplatz
Gudrun Greb, Leiterin der Beratungsstelle Ragazza e.V, am Hansaplatz © Marcelo Hernandez | Marcelo Hernandez

Besonders unter Prostituierten in St. Georg geht die Angst um. „Natürlich ist die Angst riesig“, sagt die Leiterin der Beratungsstelle Ragazza, Gudrun Greb. Gleichwohl würden die Frauen weiterhin auf die Straße gehen, weil sie aus ökonomischen Gründen gar keine Wahl hätten. Was die Lage verschärfe, sei die Sperrbezirksverordnung. Wer sich dort prostituiere und erwischt werde, riskiere ein Bußgeld von 200 Euro plus 40 Euro Verwaltungsgebühr. Das Anbahnungsgespräch mit einem Freier müsse darum ganz schnell gehen, für Vorsichtsmaßnahmen – etwa eine Kollegin bitten, das Autokennzeichen zu notieren – bleibe keine Zeit.

Die Kontaktverbotsverordnung für Freier von 2012 habe den Druck auf die Prostituierten weiter erhöht. „Die guten Freier sind weggeblieben“, berichteten ihr die Frauen, sagt Greb. Es kämen mehr Männer, denen das Kontaktverbot egal sei, die es aber nutzten, um die Preise zu drücken. Die Ragazza-Leiterin appelliert dennoch an die Prostituierten: „Ihr müsst auf euch achten und genauer hingucken!“

Die Polizei sucht nach einem weißen Wagen

Die Mordkommission geht davon aus, dass der Täter einen weißen Wagen fuhr. Das Fahrzeug habe er am Abend des 1. August an der Straße Rissener Ufer geparkt. Die Ermittler hoffen auf neue Hinweise durch Strandbesucher oder Nutzer des Parkplatzes. In der Nacht zum 2. August soll dort auch ein Wohnmobil gestanden haben. Die Polizei hat die Nutzer des Fahrzeugs um Mithilfe gebeten. Trotz der Aufrufe über Medien und Plakate seien bislang aber kaum Hinweise eingegangen. Die 48-Jährige hatte nach Angaben der Polizei Kinder und wohnte eine Zeit lang in Spanien.