Hamburg . Senat und Polizei ignorierten seit Wochen Nachfragen zu Übergriffen der Sicherheitskräfte auf Reporter. Neue Vorwürfe.

Der Deutsche Journalistenverband (DJV) hat scharfe Kritik an der Hamburger Polizeiführung und dem Senat geübt. Anlass: Polizeipräsident Ralf Martin Meyer und seine Pressestelle hätten seit Wochen Nachfragen des DJV zu möglichen Übergriffen auf Journalisten während des G20-Gipfels ignoriert. Bereits am 5. Juli habe der DJV Hamburg per Brief auf einen Fall aufmerksam gemacht, bei dem ein Journalist im Zuge der Auseinandersetzungen um ein Camp von der Polizei attackiert worden sei.

Keine Antworten

Der DJV-Bundesvorsitzende Frank Überall habe dann nach dem Gipfel am 10. Juli an den Polizeipräsidenten geschrieben. Bis heute gibt es laut DJV zu den Nachfragen keine Antworten. Die DJV-Mitgliederversammlung hat die Polizei nun in einer Resolution kritisiert. „Im Zusammenhang mit G20 in Hamburg sind von mehreren Journalisten konkrete Vorwürfe erhoben worden, dass sie oder Kollegen durch Polizeibeamte ohne ersichtlichen Grund u.a. körperlich angegriffen worden seien“, heißt es in dem Papier. „Dass das Hamburger Polizeipräsidium über sechs Wochen nach G20 noch immer nicht auf entsprechende Schreiben ... reagiert hat, ist völlig inakzeptabel.“

Studenten angegriffen

Übergriffe auf Journalisten seien nicht hinnehmbar. Es sei im Gegenteil Aufgabe der Polizei, Berichterstatter zu schützen. Laut DJV gibt es mittlerweile auch neue Vorwürfe gegen Sicherheitskräfte wegen Übergriffen auf Journalisten. So hat der Spiegel-Online-Kolumnist und HAW-Professor Christian Stöcker darüber berichtet, dass im Zuge der G20-Auseinandersetzungen „etwa fünf gepanzerte Polizeibeamte“ in ein Lokal gestürmt seien, in dem seine Medien-Studenten gesessen hätten und dann einem Studenten den Presseausweis aus der Hand geschlagen und ihn „vor die Tür gezerrt“ und dort festgehalten hätten. „Es gibt zahlreiche Zeugen für den Vorfall“, schrieb Stöcker in seiner Kolumne.

Offenbar habe es sich um eine Verwechslung gehandelt. Entschuldigt hätten sich die Beamten nicht. Stöckers Fazit: „Wenn man Polizisten das Gefühl gibt, der Rechtsstaat sei optional, verhalten sie sich auch so.“ Auch mit diesem Fall befasst sich der DJV.

DJV wendet sich an Grote

Im Fall des Reporters Frank Bründel, der ohne Grund von Polizei und Verfassungsschutz in eine Extremistendatei eingetragen wurde, gebe es auch noch keine Klarheit. „Mir ist das Verhalten der Hamburger Polizeiführung völlig unverständlich. Mutmaßliches Fehlverhalten muss aufgeklärt werden“, sagte der Hamburger DJV-Geschäftsführer Stefan Endter dem Abendblatt. „Dass sich die Polizeiführung darum bemüht, lässt sie durch ihr Schweigen nicht erkennen.“

Datenschutzvorgaben ernst nehmen

Der DJV erwarte von Innensenator Andy Grote (SPD), dass er für Aufklärung sorge. „Es muss auch sichergestellt werden, dass in Zukunft Datenschutzvorgaben ernst genommen werden und Berichterstatter nicht fälschlicherweise – wie im Fall Bründel – ungeprüft als Gefährder in Dateien der Behörden geführt werden.“ Polizeipressesprecher Ulf Wundrack sagte auf Abendblatt-Anfrage, eine Antwort an den DJV-Bundesvorsitzenden sei unterwegs.

Die Polizei habe großes Interesse an der Aufklärung solcher Vorwürfe, brauche dafür aber konkrete Details. Das Schreiben des DJV Hamburg sei ihm nicht bekannt.