Hamburg. Gut 15.000 Teilnehmer demonstrieren mit einem bunten Umzug für die Rechte von Schwulen und Lesben. Senatsmitglieder dabei.

Heute ist ein Feiertag!“ Die Hamburger Dragqueen Olivia Jones hat sich am Sonnabend in die vordersten Reihen der Parade zum Christopher-Street-Day gemischt. An die Spitze der bisher größten CSD-Parade der Schwulen, Lesben, Bi- und Transsexuellen in der Hansestadt, wie der Vorsitzende von Hamburg Pride, Stefan Mielchen, stolz erläutert. „Das macht Gänsehaut“, ergänzt er beim Blick runter auf die Lange Reihe, die Straße ist dicht mit Zuschauern. Regenbogenfahnen wehen von Balkonen, Schaulustige prosten hinunter. Durch die Einkaufsmeile des Szene-Stadtteils St. Georg schlängeln sich mehr als 15.000 Teilnehmer - viele bunt kostümiert, begleitet von mehr als 30 Trucks.

Beats wummern schon zur Formation der Parade durchs Quartier. Vor der Travestiekünstlerin Jones im glitzernden orangen Outfit bekennen sich in der ersten Reihe die Hamburger Senatorinnen Katharina Fegebank (Grüne/Gleichstellung) und Melanie Leonhard (SPD, Soziales) zu dem Motto der diesjährigen CSD-Bewegung: „Kommt mit uns! Diskriminierung ist keine Alternative“. Auch die Grünen-Bundesvorsitzende Simone Peter ist eigens angereist.

Viele trauen sich nicht, sich im Job zu outen

„Heute zeigt Hamburg, wie bunt und vielfältig die Stadt ist“, sagt Jones. Gleichzeitig gibt sie zu bedenken, dass trotz der Ehe für alle Schwule und Lesben weiterhin gemobbt werden. „Wir brauchen weiter Nachhilfe in Sachen Toleranz.“ Schließlich trauten sich etliche nicht, sich im Job zu outen, weiß die Künstlerin.

Aus Angst, beschimpft zu werden, wie es der 17 Jahre alte Mike nach eigenem Bekunden erfahren hat. Schimpfwörter gegen Schwule seien auf Schulhöfen noch Alltag, sagt der angehende sozialpädagogische Assistent, der heute selbstbewusst sein weißes Federkleid am Rücken zur Schau stellt. Sein Namensvetter, der Gärtner Mike, hat seine dunkelgrüne Latzhose mit der Aufforderung „Keine Diskriminierung im Handwerk“ verziert. Die Haspa (Hamburger Sparkasse), Facebook und die Otto-Group haben neben anderen Firmen ihre Wagen geschickt, um öffentlichkeitswirksam für Geschlechtergerechtigkeit zu werben.

Auch Teilnehmer aus Rußland sind dabei

Nahezu barbusig zeigt sich eine Gruppe von Frauen aus St. Petersburg. Diese Freiheit hätten sie in ihrer Heimat nicht, bekennt eine Teilnehmerin. „Ein CSD in Russland - undenkbar“, sagt Organisator Mielchen. Auch Flüchtlinge sind bei der Parade dabei: „We have a voice - Let's use it“ (Wir haben eine Stimme - lasst sie uns nutzen) lautet ihr Banner.

Unter Konfettiregen und mit viel Musik zieht die Parade durch die Innenstadt - bestaunt und bejubelt von tausenden Zuschauern entlang der Route. Der schwule Männerchor „Schola Cantorosa“, bekränzt mit kleinen Goldkrönchen, animiert mit seiner Choreografie zu „Get Lucky“ (Daft Punk) zum Mitmachen. Da haben es schwule und lesbische Senioren bequemer: Sie haben sich in einem Oldtimer-Bus in die Parade eingereiht, die ohnehin nur im Schneckentempo vorankommt.

Ziel ist der Jungfernstieg

CSD-Paraden gab es in diesem Sommer unter anderem in Berlin, Frankfurt, Köln und Stuttgart. In der vergangenen Woche diskutierten Schwule und Lesben in Hamburg über mehr Geschlechtergerechtigkeit, Gesetzesnovellen und Toleranz. Zum Abschluss dieser Pride Week wurde die 37. Parade vom Stadtteil St. Georg aus bis zum Jungfernstieg aufgelegt.

Die weltweiten CSD-Aktionen gehen auf Vorfälle am 28. Juni 1969 in New York zurück. Nach einer Razzia der Polizei in einer Szenebar kam es damals zum Aufstand von Schwulen und Lesben mit Straßenschlachten in der Christopher Street.