Hamburg. Die meisten Hinweise kamen mit 450 aus dem Bezirk Wandsbek, in Mitte waren es 247, in Nord 245, in Eimsbüttel 235, in Harburg 191.

Sie stöbern im Abfall, huschen nachts durch die Straßen, übertragen Krankheiten, und immer mehr Hamburger haben Probleme mit ihnen: Ratten. Im vergangenen Jahr wurden in Hamburg 1640 Hinweise auf einen Rattenbefall gemeldet – im Jahr zuvor waren es 1281 Meldungen, 2014 1465.

Die meisten Hinweise kamen mit 450 aus dem Bezirk Wandsbek, in Mitte waren es 247, in Nord 245, in Eimsbüttel 235, in Harburg 191, in Altona 184 und in Bergedorf 88. „Die Zahlen schwanken von Jahr zu Jahr, je nach Nahrungsangebot und Wetter“, sagt Roland Ahrendt, Sprecher der Gesundheitsbehörde. Man könne von den Meldungen zwar nicht auf die Gesamtzahl der Ratten in der Stadtschließen – aber anscheinend kommen sie den Hamburgern häufiger in die Quere. Ein Problem seien ungeleerte, überquellende Müllkörbe und liegengelassener Abfall von Nahrungsmitteln, so Ahrendt. „Es ist vor allem das Nahrungsangebot, das Ratten anlockt, zum Beispiel Lebensmittelreste.“

Ein Tier kann es im Jahr auf 600 Nachkommen bringen

Das kann man derzeit auch bei Grünflächen in Marienthal im Bezirk Wandsbek beobachten. Laut einer Anwohnerin würden die Ratten, die sich auf ungepflegten öffentlichen Grünflächen mit nicht geleerten Mülleimern ausbreiteten, mittlerweile auch die Privatgrundstücke heimsuchen. Die drei Nachbarn im Umfeld ihres Grundstück hätten zurzeit Ratten. „Wir müssen uns als Grundstückseigentümer zusammentun und gemeinsam die Ratten bekämpfen, einer allein hat keine Chance“, sagt die Hausbesitzerin, die ihren Namen nicht in der Zeitung lesen möchte. Sie hat jetzt auch einen Kammerjäger gerufen, der auf ihrem Grundstück aber keine Hinweise auf Ratten gefunden hat.

Auch die Saga hat in einem Wohnhaus der Siedlung Sonnenland in Billstedt momentan mit Ratten zu kämpfen. „Das Problem ist schon ungewöhnlich“, sagt Gunnar Gläser, Sprecher der Saga. „Das ist nicht der Normalfall“, erklärt er, in diesem Ausmaß habe er das bisher noch nie erlebt. „Wir haben sofort eine Fachfirma mit der Beseitigung beauftragt“, sagt Gläser. Diese habe ein Loch ausgehoben, das zur Bekämpfung der Ratten, die sich unterhalb des Gebäudes und in den Sielen befinden, dienen sollte. Diese Methode zeigte jedoch keine Wirkung, stattdessen werden nun Rattenköderkästen aufgestellt, die Schachtdeckel im Kellergeschoss überprüft und die Siele in Kürze saniert. Zudem sollen die Mieter des Gebäudes im Umgang mit Abfällen weiter sensibilisiert werden.

Müll in Säcken lockt die Ratten an

Wie stark Abfälle Ratten anlocken, können derzeit auch die Anwohner in Vierteln erleben, in denen der Müll in Säcken an die Straße gestellt werden muss, weil es keinen Platz für Mülltonnen gibt. Im Generalsviertel in Hoheluft-West haben Anwohner aus dem Erdgeschoss Zettel aufgehängt, auf denen Fotos von Ratten an den Säcken zu sehen sind und mit denen sie Nachbarn bitten, die Mülltüten woanders hinzustellen. „Das ist nicht lustig!“, steht neben einem der Fotos.

Die Stadtreinigung weist darauf hin, dass gelbe und rosa Säcke für den Restmüll frühestens am Vorabend des Abholtages an die Straße gestellt werden sollen. Wenn sie zu lange im Freien stehen, gar über mehrere Tage, können sich daran auch Ratten zu schaffen machen. An den gelben Säcken vor allem dann, wenn sich in dem Verpackungsabfall noch Reste von Lebensmitteln befinden.

Besserung für Parks und Grünanlagen

In Parks und Grünanlagen soll sich die Situation ab dem kommenden Jahr verbessern. Die Umweltbehörde weist darauf hin, dass in Zukunft mehr für die Reinigung getan wird, weil dann die Stadtreinigung auch dort die Reinigung übernimmt. „Das bedeutet auch, dass der Müll in den Grün- und Erholungsanlagen weniger wird. Es wird sauberer in der Stadt“, sagt Björn Marzahn, Sprecher der Umweltbehörde.

Die Bemühungen der Stadt könnten dazu beitragen, die Zahl der Ratten zu reduzieren. Aber gänzlich verschwinden werden sie nicht. Zwei Gründe dafür sind sicher, dass die Tiere enorm anpassungsfähig sind und sich schnell vermehren. So kann es eine weibliche Ratte im Jahr auf die stolze Zahl von 600 Nachkommen bringen, Enkelkinder eingeschlossen. Für eine effiziente Bekämpfung der unerwünschten Nager gibt es seit 40 Jahren in Hamburg eine Rattenverordnung. Danach muss das Auftreten von Ratten an das Hamburger Institut für Hygiene und Umwelt gemeldet werden: Tel. 428 45 79 72 oder Fax 428 45 79 71. Wenn die Behörde eine Meldung erhält, leitet sie für alle öffentlichen Grundstücke die erforderlichen Maßnahmen ein. Eigentümer von privatem Grund müssen allerdings selbst für eine Bekämpfung der Tiere sorgen. Entweder sie führen sie selbst durch oder holen einen Kammerjäger.

Kammerjäger kann teuer werden

Wer den Kammerjäger ruft, um sein Grundstück von Ratten befreien zu lassen, ist schnell mit ein paar Hundert Euro dabei. Der Preis hängt davon ab, wie stark der Befall ist und wie groß das Grundstück. Der Hamburger Kammerjäger Manfred Bolz beschreibt, wie er gegen die lästigen Tiere vorgeht: Beim ersten Besuch werden Giftköderboxen aufgestellt, eine Woche später werden sie kontrolliert und gegebenenfalls Köder nachgelegt. Nach einer weiteren Woche sammelt der Kammerjäger die Giftköder und tote Tiere ein. Nach gesetzlichen Vorgaben sollte die Rattenbekämpfung mit Giftködern nach einem Monat abgeschlossen sein, sagt Bolz.

Als Gift werden in der Regel Mittel verwendet, welche die Blutgerinnung hemmen, sodass die Tiere verbluten. Wichtig ist auch, dass durch das Gift niemand gefährdet wird. Ullrich Limberts, Vorsitzender des Landesverbandes Nord der Deutschen Schädlingsbekämpfer: „Wir müssen die Rattenköder in einer Sicherheitsbox ausbringen, damit keine anderen Tiere oder Kinder darangehen.“