Hamburg. Der mutmaßliche Täter ist Araber und ausreisepflichtig. Bei dem Messerangriff starb ein Mann, sechs Menschen wurden verletzt.

In einem Edeka-Supermarkt an der Fuhlsbüttler Straße hat ein Mann am Freitagnachmittag mehrere Personen mit einem Küchenmesser angegriffen und verletzt. Dabei habe es ein Todesopfer gegeben, wie die Polizei mitteilte. Bei dem Toten geht die Polizei aufgrund von Ausweispapieren davon aus, dass es sich um einen 50-jährigen Deutschen handelt. Er starb noch im Supermarkt. Sechs weitere Personen seien verletzt worden.

Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz reagierte am Abend entsetzt auf die Tat. Laut Scholz ist der Tatverdächtige ausreisepflicht, konnte jedoch nicht abgeschoben werden, weil er keine Papiere besitzt.

Der Tatverdächtige wurde kurz nach der Tat festgenommen. Wie die Polizei am Abend bekannt gab, handelt es sich um einen 26 Jahre alten Mann, der in den Vereinigten Arabischen Emiraten geboren wurde. Seine Staatsangehörigkeit sei noch in der Klärung. Die Polizei richtete eine Sonderkommission (Soko) unter der Beteiligung der Mordkommission und des Staatsschutzes ein. Letzterer ist für politisch motivierte Delikte zuständig. „Weiterhin wird in alle Richtungen ermittelt. Dies schließt Ermittlungen des Staatsschutzes ausdrücklich ein“, erklärte die Polizei. Die Ermittler gehen nach Abendblatt-Information von einem islamistischen Hintergrund aus.

Medien: Täter war den Behörden als Islamist bekannt

Nach Medienberichten soll der Täter den deutschen Behörden als Islamist bekannt gewesen sein. Er sei als Flüchtling nach Deutschland gekommen und habe in Hamburg eine „einfache Beschäftigung“ gehabt. Bei dem 26-Jährigen handelt es sich laut Polizei um einen Einzeltäter. Am Abend durchsuchte die Polizei eine Flüchtlingsunterkunft am Kiwittsmoor in Langenhorn. "Die Durchsuchung steht im Zusammenhang mit der Tat vom Nachmittag in Barmbek", sagte ein Polizeisprecher dem Abendblatt. Mitarbeiter der Spurensicherung machten sich am späten Freitagabend an die Arbeit, um das Zimmer des Verdächtigen im 1. Stock des Containerdorfs zu untersuchen.

Bei den Opfern war zunächst von vier Verletzten die Rede gewesen. Später korrigierte die Polizei die Zahl auf sechs Verletzte. Eine 50-Jährige sowie vier Männer im Alter von 64, 57, 56 und 19 Jahren erlitten nach Angaben der Ermittler Messerstichverletzungen. Ein 35-Jähriger sei nach derzeitigem Stand beim Überwältigen des Tatverdächtigen verletzt worden. Zwei der Opfer sollen sich in akuter Lebensgefahr befinden.

Youtube-Video zeigt Verfolgung mit Stühlen

Zum Tathergang äußerte sich Polizeisprecher Timo Zill am späten Nachmittag. Zill zufolge stach der Tatverdächtige nach dem Betreten des Supermarktes "wahllos, völlig unvermittelt" auf Kunden ein. Anschließend sei er aus dem Geschäft geflüchtet. Kunden und Passanten hätten den Mann verfolgt und überwältigt. Hierbei sei der mutmaßliche Täter leicht verletzt worden. In einem Youtube-Video war zu sehen, wie Passanten den mutmaßlichen Täter die Fuhlsbüttler Straße entlang verfolgten und auf Höhe des Hardorffswegs mit Stühlen und Steinen bewarfen. Der Tatverdächtige hielt dabei noch einen Gegenstand in der Hand, mutmaßlich das Küchenmesser.

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Herbeieilende Zivilfahnder der Polizei nahmen den Mann nach Polizeiangaben in der Nähe des Tatortes auf der Straße fest. Vor der Festnahme gab einer der Zivilfahnder einen Warnschuss ab.

Augenzeugen: Messerstecher rief "Allahu Akbar"

Erste Meldungen über ein mögliches Raubmotiv hätten sich der Polizei zufolge nicht bestätigt. Augenzeugenberichten zufolge hat der mutmaßliche Täter mehrfach „Allahu Akbar“ gerufen. Der Mann sei mit dem Messer in der Hand die Straße entlanggelaufen. „Dann hat er mal das Messer kurz hochgehalten und ,Allahu Akbar' geschrien, das hat er zweimal gemacht“, sagte Anwohner Remo Pollio der Deutschen Presse-Agentur. Er verfolgte die Flucht des Mannes von einem Backshop aus. „Er hat das Messer in die Luft gehalten und dann „Allahu Akbar" gerufen - so habe ich das verstanden“, sagte auch Pollios Tischnachbar Ralph Woyna. Die Polizei bestätigte dies zunächst nicht.

„Allahu Akbar“ bedeutet übersetzt „Gott ist groß“. Es gab in der Vergangenheit mehrfach Terroranschläge islamistischer Extremisten, bei denen die Täter diesen Ausruf verwendeten.

Großaufgebot der Polizei

Die Polizei rückte am Nachmittag mit einem Großaufgebot zum Tatort an. Schwer bewaffnete Polizisten positionierten sich vor dem Edeka-Supermarkt. Auch ein Hubschrauber landete. Zur Betreuung der Familien der Opfer und der Augenzeugen wurde das Kriseninterventionsteam des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) eingeschaltet.

Die Tat ereignete sich gegen kurz nach 15 Uhr nachmittags. Der Tatort liegt auf Höhe der Herrmann-Kaufmann-Straße und wurde weiträumig abgesperrt. Die Polizei bat Autofahrer via Twitter, den Bereich weiträumig zu umfahren.

Polizei bittet um Fotos und Videos zur Attacke

Am Abend nach der Messerattacke bat die Polizei um Mithilfe. Auf Twitter wies sie auf ein entsprechendes Portal hin, das die Beamten dafür aktiviert haben. Darauf können selbst erstellte Videos und Fotos des Tatgeschehens hochgeladen werden. „Bitte nur eigenproduzierte Bild- und Videodateien heraufladen“, bat die Polizei. Für allgemeine Hinweise sollten sich Zeugen an eine Polizeidienststelle in der Nähe wenden, in dringenden Fällen sei die Notrufnummer 110 zu wählen.

Edeka spricht Opfern Mitgefühl aus

Der Lebensmittelkonzern Edeka sprach allen Opfern und ihren Angehörigen sein „tiefstes Mitgefühl“ aus. „Wir sind tief betroffen“, teilte das Unternehmen schriftlich mit. Den Mitarbeitern des Marktes sei umgehend psychologische Hilfe angeboten worden. Man danke allen Einsatzkräften.

Bürgermeister Scholz und Innensenator Grote: "Gedanken bei den Opfern"

Am Abend gaben Bürgermeister Olaf Scholz und Innensenator Andy Grote eine gemeinsame Erklärung heraus und verurteilten die Messerattacke. "Offensichtlich handelte es sich um einen Ausländer, der ausreisepflichtig war, aber nicht abgeschoben werden konnte, weil er keine Papiere hatte", so Scholz. Das zeige umso dringlicher, dass diese rechtlichen und praktischen Hindernisse bei der Abschiebung beiseite geräumt werden müssten. "Diese Gewalttäter setzen darauf, unsere freie Gesellschaft mit Angst zu vergiften."

Innensenator Grote sagte: "Der erbärmliche Anschlag trifft uns umso schmerzhafter als der mutmaßliche Täter, der aus dem arabischen Raum stammt als Schutzsuchender in unsere Stadt gekommen ist."