Hamburg. Mehr als 800 Einbrüche pro Jahr. Täter haben es auf Maschinen und Kupfer abgesehen. Wie Firmen sich schützen.

Schon wieder haben Diebe eine Großbaustelle in Hamburg geplündert. Die Täter waren in der Nacht zum Donnerstag offenbar mit einem Transporter an dem Grundstück zwischen Großer Burstah und Nikolaikirche vorgefahren. Das seit einigen Jahren leer stehende frühere Allianz-Hochhaus nahe dem Hamburger Rathaus wird zurzeit für den Abriss präpariert.

Die Diebe knackten das Schloss am hinteren Tor an der Straße Neue Burg. Dann machten sie sich über die Container der dort tätigen Baufirmen her. Erst am Morgen wurde die Tat entdeckt. Der Schaden liegt ersten Schätzungen zufolge bei mehr 10.000 Euro.

Plage des Baugewerbes

Diebe sind in letzter Zeit wieder vermehrt zu einer Plage des Baugewerbes geworden. Mehr als 800 Fälle registrierte die Polizei allein in Hamburg im vergangenen Jahr. Die Beute bei der jüngsten Tat am Großen Burstah: teures Profi-Werkzeug, darunter ein Akkubohrer, ein Stemmhammer, ein Winkelschleifer und eine Säge, aber auch auf etliche Kabeltrommeln hatten es die Diebe abgesehen. Dabei ging es ihnen allein um das kostbare Kupfer der Kabel. Den Beweis dafür fanden die Arbeiter, als sie am Donnerstagmorgen die Tat entdeckten: Die Stecker der Kabel waren abgeschnitten und liegen gelassen worden.

Die Spuren am Tatort zeigen auch: Die Diebe hatten sich Zeit gelassen. Insgesamt sieben Container von mindestens zwei Firmen wurden aufgebrochen. Darunter waren zwei Büro- und sogar ein Toilettencontainer. Zudem hatten die Täter noch aus einem auf dem Gelände abgestellten Lastwagen den Dieselkraftstoff abgezapft.

Täter sehr professionell

„Solche Täter gehen sehr professionell und ebenso dreist vor“, sagt ein Kripomann. In vielen Fällen stammen die Banden aus Südosteuropa. Die Aufklärungsquote hält sich allerdings in Grenzen. Nicht einmal jeder zehnte der 607 Diebstähle auf Hamburger Baustellen wurde im vergangenen Jahr aufgeklärt. Bei den wenigen aufgeklärten Taten wurden die Diebe bemerkt und noch vor Ort oder im Zuge einer Fahndung gestellt. Zu ihnen gehörten auch die drei 31 bis 37 Jahre alten Polen, die im vergangenen Herbst an der Oeverseestraße in Altona-Nord gestellt wurden. Anwohner hatten die Männer dabei beobachtet, wie sie einen Kompressor von einem Hinterhof zogen. Als die Polizei eintraf, war das Trio gerade dabei, die Beute im Wert von 12.000 Euro auf einen eigens mitgebrachten Abschlepper zu verladen.

Im Fahrzeug der Täter fanden die Polizisten nicht nur den Bolzenschneider, mit dem der Bauzaun geknackt worden war, sondern auch Sturmhauben und Kabelbinder, wie sie zum Fesseln benutzt werden. Offenbar hatten die Männer vor der Tat auch einkalkuliert, einen Wachmann oder eventuell zufällig anwesende Arbeiter zu überwältigen.

„Solche Diebstähle sind ein Thema in der Branche“, sagt Ilona Klein, Sprecherin des Zentralverbands Deutsches Baugewerbe. „Die Täter kommen oft in ,Wellen‘. Es wird geklaut, was nicht niet- und nagelfest ist.“ Selbst Kleinbagger oder Rüttler, also schon bis zu mehrere Tonnen schwere Maschinen, verschwinden über Nacht. „Firmen versuchen solches Gerät speziell zu sichern“, weiß Ilona Klein. Eine der Schutzmaßnahmen: Kleinbagger oder anderes teures Gerät werden einfach über Nacht an einen Kran in luftiger Höhe gehängt.

Die Baustellen zu versichern ist natürlich möglich, aber kompliziert. Die sogenannte Bauwesenversicherung muss der Bauherr abschließen. „Durch sie sind alle Materialien, unabhängig vom Handwerker oder Unternehmen auf der Baustelle versichert“, weiß Versicherungsmakler Wolfgang Aschendorf. Der Haken: Das Material muss bereits verbaut sein. Liegen Fliesen, Heizkörper oder Fenster nur auf der Baustelle herum, sind sie nicht versichert.

Besonders begehrt sind teure Spezialkabel

Material, Baumaschinen und Werkzeug müssen die jeweiligen Firmen selbst versichern. In der Regel werden die Wertgegenstände über Nacht weggeschlossen, zumeist in extra dafür vorgesehenen Containern. Dass das aber auch nicht immer hilft, zeigt der jüngste Einbruch in der Innenstadt. „Diebstähle auf Baustellen kommen sehr häufig vor“, weiß auch ein Projektentwickler. „Die Schäden sind meistens deutlich größer als der Wert der Sachen. Vor allem, wenn es um Metalldiebstahl geht.“

Besonders begehrt bei Dieben sind teure Spezialkabel, beispielsweise die Sorte, mit der Baukräne versorgt werden. Sie sind besonders dick und enthalten viel Kupfer. Die Wiederbeschaffung kostet Tausende Euro – das Zigfache des Materialwertes. Der Projektentwickler: „Viele Unternehmen gehen dazu über, ihre Baustellen durch Sicherheitsdienste bewachen zu lassen.“ Doch es wird nicht nur in der Nacht gestohlen. Weil viele Bauunternehmen wiederum Subunternehmen beschäftigen, ist es kaum noch möglich zu kontrollieren, wer eigentlich auf die Baustelle gehört und wer nicht.