Hamburg. Die linksextremistische Gruppierung „Roter Aufbau Hamburg“ will weiter die „wütende Jugend unserer Stadt“ organisieren.

Die vom Verfassungsschutz als „gewaltorientierte Linksextremisten“ eingestufte Organisation „Roter Aufbau Hamburg“ ist sichtlich zufrieden mit den Protesten gegen den G20-Gipfel. „Die Gipfelproteste haben uns gezeigt, dass es möglich ist, erfolgreichen Widerstand in den imperialistischen Zentren (dieser Welt) zu organisieren und auf die Straße zu tragen“, heißt es in einer im Internet veröffentlichten Erklärung. Zugleich wiesen die Autoren den Vorwurf zurück, Teilnehmer des Altonaer Protestcamps seien für Ausschreitungen in Altona verantwortlich, bei denen Autos angezündet, Supermärkte geplündert und Schaufensterscheiben eingeschlagen wurden.

Pyrotechnik und Präzisionsschleudern

Der „Rote Aufbau Hamburg“ (RAH) gelte als eine gewaltorientierte, sich am totalitären kommunistischen Weltbild orientierende linksextremistische Gruppierung, erklärte der Verfassungsschutz. Mit Bezug auf den G20-Gipfel habe die Gruppierung auf ihrer Facebook-Seite erklärt: „Wir werden mit unserem Hass auf dieses System mehr sein als eine Randnotiz. Wenn sich die Bonzen in Anzügen in Hamburg treffen wollen, dann kommen wir in Adiletten und sprengen ihr Klassentreffen!“ Unmittelbar vor dem G20-Gipfel hatte die Polizei die Wohnungen von zwei führenden Köpfen des RAH durchsucht. Dabei wurden Computer, schriftliche Unterlagen, verbotene Pyrotechnik, Präzisionsschleudern, Stahlkugeln und zwei Schlagstöcke beschlagnahmt.

G20-Krawalle: Zerstörungswut in Hamburg

G20-Krawalle: Zerstörungswut in Hamburg

Nach Straßenschlachten am Rande des G20-Gipfels sind die Zerstörungen im Hamburger Schanzenviertel groß. Einsatzkräfte der Feuerwehr löschen am Sonnabendmorgen (8. Juli 2017) die letzten Brände.
Nach Straßenschlachten am Rande des G20-Gipfels sind die Zerstörungen im Hamburger Schanzenviertel groß. Einsatzkräfte der Feuerwehr löschen am Sonnabendmorgen (8. Juli 2017) die letzten Brände. © dpa | Axel Heimken
Die Randalierer bauten nicht nur Barrikaden und legten Brände, sie plünderten auch Geschäfte – etwa diese Drogerie.
Die Randalierer bauten nicht nur Barrikaden und legten Brände, sie plünderten auch Geschäfte – etwa diese Drogerie. © dpa | Kay Nietfeld
Am Morgen nach den Krawallen wird das Ausmaß der Zerstörungswut sichtbar – und das Aufräumen beginnt.
Am Morgen nach den Krawallen wird das Ausmaß der Zerstörungswut sichtbar – und das Aufräumen beginnt. © dpa | Daniel Bockwoldt
Die Inhaber dieses Geschäftes hatten wohl nicht mit einem solchen Ausmaß von Zerstörungswut gerechnet und ihre Scheiben nicht vorsorglich geschützt.
Die Inhaber dieses Geschäftes hatten wohl nicht mit einem solchen Ausmaß von Zerstörungswut gerechnet und ihre Scheiben nicht vorsorglich geschützt. © dpa | Daniel Bockwoldt
Angezündet wurde in Hamburg in der Nacht so ziemlich alles, von Fahrrädern über Mülltonnen bis zu Autos und Barrikaden.
Angezündet wurde in Hamburg in der Nacht so ziemlich alles, von Fahrrädern über Mülltonnen bis zu Autos und Barrikaden. © REUTERS | FABIAN BIMMER
Die Stadtreinigung versucht am nächsten Morgen das Chaos zu beseitigen.
Die Stadtreinigung versucht am nächsten Morgen das Chaos zu beseitigen. © REUTERS | FABIAN BIMMER
Polizeibeamte räumten am Morgen Miet-Fahrräder von der Straße Schulterblatt im Schanzenviertel.
Polizeibeamte räumten am Morgen Miet-Fahrräder von der Straße Schulterblatt im Schanzenviertel. © dpa | Christian Charisius
In der Nacht zuvor waren gewaltbereite Demonstranten auch mit Pflastersteinen auf Polizisten losgegangen.
In der Nacht zuvor waren gewaltbereite Demonstranten auch mit Pflastersteinen auf Polizisten losgegangen. © dpa | Axel Heimken
Eine Spur der Verwüstung vor der Roten Flora, einem autonomen Zentrum.
Eine Spur der Verwüstung vor der Roten Flora, einem autonomen Zentrum. © dpa | Axel Heimken
Mit so viel Gewaltbereitschaft hatten wohl weder die Polizei noch die Stadtverwaltung gerechnet.
Mit so viel Gewaltbereitschaft hatten wohl weder die Polizei noch die Stadtverwaltung gerechnet. © dpa | Markus Scholz
Brennende Barrikaden im Schanzenviertel.
Brennende Barrikaden im Schanzenviertel. © dpa | Bodo Marks
Die Polizei war mit mehr als 20.000 Einsatzkräften in der Stadt, hatte am Freitagmorgen nochmal Verstärkung aus anderen Bundesländern angefordert. In der Nacht zu Samstag stürmten Spezialeinsatzkräfte der Polizei den verbarrikadierten Teil des Schanzenviertels.
Die Polizei war mit mehr als 20.000 Einsatzkräften in der Stadt, hatte am Freitagmorgen nochmal Verstärkung aus anderen Bundesländern angefordert. In der Nacht zu Samstag stürmten Spezialeinsatzkräfte der Polizei den verbarrikadierten Teil des Schanzenviertels. © dpa | Kay Nietfeld
Spezialkräfte der Polizei versuchten, die Lage im Schanzenviertel unter Kontrolle zu bringen.
Spezialkräfte der Polizei versuchten, die Lage im Schanzenviertel unter Kontrolle zu bringen. © dpa | Michael Kappeler
Die Randalierer plünderten auch einen Supermarkt.
Die Randalierer plünderten auch einen Supermarkt. © Getty Images | Thomas Lohnes
Anarchische Zustände am Rande des G20-Gipfels.
Anarchische Zustände am Rande des G20-Gipfels. © Getty Images | Thomas Lohnes
Die Polizei ging mit Wasserwerfern und Pfefferspray gegen die Randalierer vor. Die Bilanz am Morgen: 197 verletzte Polizisten, zahlreiche Festnahmen, mehrere Haftbefehle. Wie viele Demonstranten verletzt wurden, ist unklar.
Die Polizei ging mit Wasserwerfern und Pfefferspray gegen die Randalierer vor. Die Bilanz am Morgen: 197 verletzte Polizisten, zahlreiche Festnahmen, mehrere Haftbefehle. Wie viele Demonstranten verletzt wurden, ist unklar. © Getty Images | Thomas Lohnes
Zerstörungswut im Schanzenviertel.
Zerstörungswut im Schanzenviertel. © Getty Images | Thomas Lohnes
Zerstörungswut im Schanzenviertel.
Zerstörungswut im Schanzenviertel. © Thomas Lohnes
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In seiner Bilanz kommt der RAH zu dem Schluss, dass der Widerstand gegen das G20-Treffen kein reiner Protest einer radikalen Linken gewesen sei. „Vielmehr vereinte er weite Teile der Bevölkerung, welche trotz der Einschüchterungsversuche der Bullen auf die Straße gingen“, heißt es. Weite Teile der Jugend hätten den Gipfel genutzt, „um ihrer Wut Gehör zu verschaffen, und sahen einen Moment gekommen, den täglichen Angriffen von Staat und Kapital etwas entgegenzusetzen“.

Allerdings zeigte sich die Gruppierung mit der Qualität des Widerstands unzufrieden, weil dieser „noch keine revolutionäre Ausrichtung gehabt“ habe. Allerdings hätten Mobilisierung und politische Inhalte Früchte getragen und unzählige Menschen dazu gebracht, sich auch von „Polizeigewalt“ nicht einschüchtern zu lassen und auf die Straße zu gehen. „Auch in Zukunft gilt es daher weiterhin, die wütende Jugend unserer Stadt zu organisieren.“

Gruppierung weist Verantwortung zurück

Eine Verantwortung für die Ausschreitungen in Altona, bei denen Autos angezündet und Schaufenster eingeworfen worden seien, wies die linksextremistische Gruppierung zurück. „Doch wir lassen uns nicht von den politischen Akteuren als Sündenbock vor den Karren spannen und stellen hiermit entschieden fest, dass sich diese Aktionen weder durch die TeilnehmerInnen des Altonaer Camps entzündete noch inhaltlich vollumfänglich von diesen getragen werden“, heißt es in der Erklärung des RAH.