Hamburg. Sie kamen wie normale Touristen im ICE aus Berlin und wurden empfangen wie Popstars: Kate und William haben Tausende begeistert.
Passender hätte es für Patricia Knötzsch gar nicht laufen können. Die Hamburgerin hatte sich am Morgen daheim ihr fliederfarbenes Jane-Austen-Kleid angezogen und war zur Elbphilharmonie gefahren, um vielleicht einen Blick auf das königliche Paar werfen zu können. Mehr als drei Stunden lang stand die 49-Jährige hinter dem Absperrgitter, als um 14.35 Uhr die Herzogin und der Prinz aus dem Konzerthaus kamen und tatsächlich direkt vor ihr stehen blieben. „Hallo Kate, my name is Pat“, sagte Patricia. Und stellte dann fest, dass die Herzogin von Cambridge bei ihrem Hamburg-Besuch ein gleichfarbiges Kleid, das im Übrigen von der Neuseeländerin Emilia Wickstead entworfen worden ist, trug.
Ob Kate deshalb bei Patricia stehen geblieben ist? „Keine Ahnung, auf jeden Fall war ich sehr überrascht und wusste im ersten Moment gar nicht, was ich so schnell sagen sollte.“ Gut, dass direkt neben ihr die neun Jahre alte Ella stand. „Wie heißt du?“, fragte Kate das kleine Mädchen auf Deutsch. Und bewies in diesem kurzen Moment, was ihre vielen Fans in Deutschland schon lange wissen: Die Ehefrau des britischen Prinzen William ist volksnah und kennt keine Berührungsängste. In einem Prinzessinnen-Ranking der Zeitschrift „Frau im Spiegel“ haben bereits vor sechs Jahren 35 Prozent der 14- bis 29-Jährigen Kate zu ihrer Favoritin gewählt.
Kaiserwetter für das Königspaar
Diese Beliebtheitswerte dürften nach dem Deutschland-Besuch mit dem kurzen Hamburg-Abstecher weiter steigen. Die Hansestadt begrüßte das Königspaar, das am Morgen zunächst ohne seine beiden Kinder Prinz George (wird am heutigen Sonnabend vier Jahre alt) und Prinzessin Charlotte (2) aus Berlin angereist war, mit Kaiserwetter. Bei Sonnenschein und fast blauem Himmel kamen Kate und William um 12.28 Uhr mit dem ICE aus der Hauptstadt am Dammtor-Bahnhof an. Am Bahnsteig wurden sie von Staatsrat Wolfgang Schmidt in Empfang genommen. Vor dem Bahnhof warteten bereits Hunderte von Fans.
Schon seit 10 Uhr war Martina Kaminski am Dammtor. „Vor drei Wochen war ich bereits in England und habe die Queen gesehen“, sagte sie. „Ich bin ein Fan der Königsfamilie.“ Warum? „Das ist noch ein Stück heile Welt.“
Vom Dammtor ging es mit einer Limousine zuerst in die HafenCity ins Internationale Maritime Museum. Draußen warteten ebenfalls viele Fans. „Ich finde es total schön, dass die Royals uns in Hamburg besuchen“, sagte Claudia Cau. Sie wohnt mit ihrer Tochter Leonie Wesselmann gleich neben dem Museum. Auch Helene Mews, die mit ihren drei Kindern Viktoria, Oliver und Karl-Christian gekommen ist, erhoffte sich einen Blick auf Kate und William, die längst so etwas wie royale Popstars sind. Für Helene Mews ist der Besuch „ein absolutes Highlight, ich bin nämlich totaler England- und Royal–Fan“. Deswegen heißt ihre Tochter auch Viktoria. „Nach der Königinnenmutter.“
Ein bisschen royale Entspannung nach G20
Lisa, Ines und Ursula Holzwarth sind gerade zum Städtetrip nach Hamburg gekommen. Es sei eher Zufall, dass sie an diesem Tag an diesem Ort sind. Aber nun harren die drei London-Fans so lange vor dem Museum aus, bis der dunkelblaue Jaguar mit dem britischen Paar vorfährt. Eskortiert von viel Polizei, die es zwei Wochen nach dem Gipfeltreffen nun deutlich entspannter angehen lässt. „Ich finde es toll, dass Kate und William zu Besuch kommen – ein bisschen royale Entspannung nach G20“ sagt Ursula Steinbrück aus Hamburg. „Und dann ist das Wetter auch noch so gut"
Lars Tischler, seine Frau Tanja und Heike Bornewasser-Hermes sind auch äußerlich bestens ausgestattet: Mit Union-Jack-Fähnchen jubeln sie dem royalen Paar zu. „Ich hab mir extra Urlaub genommen – als alte Royalistin ist das für mich heute ein Pflichtprogramm“, sagt Tanja Tischler. Valeria und Annemarie Wagner sind mächtig aufgeregt. Die beiden Mädchen finden Kate „super sympathisch“, aber auch „super schade“, dass die beiden kleinen Prinzen-Kinder nicht mitgekommen sind.
Die gebürtige Waliserin Ann Haase und ihr Mann Ralf haben sich ebenfalls in Schale geschmissen. Mit Union-Jack- Regenschirm und Waliser Fähnchen begrüßen sie Kate und William. „Es war toll. Wir haben zwar gehofft, sie kommen noch einmal bei uns vorbei, aber Kate hat uns vom Auto aus gewinkt“, sagt Ralf. „Meine Schwester, die in England wohnt, hat sie noch nie gesehen – ich jetzt schon“, freute sich Ann.
Jugendliche singen „God save the queen“
Vor der Elbphilharmonie stimmen sie sich derweil im Wortsinn schon einmal auf den hohen Besuch ein. „God Save The Queen“ ertönt es direkt vor Hamburgs neuem Konzerthaus. Eine Gruppe Jugendlicher singt und legt sich dabei mächtig ins Zeug, um vorbereitet zu sein, wenn Kate und William gleich vorbeikommen.
„Das sind internationale Austauschschüler“, sagt Jenny Siegmund (27). Die Reiseleiterin aus Essen begleitet die Truppe, die für eine Woche nach Hamburg gekommen ist. „Die 13 Schüler kommen aus Frankreich und Südkorea, aus der Slowakei, aus Costa Rica und den Niederlanden. Und zwei sind auch aus England – die haben Kate und William aber noch nie gesehen.“ Nun schmettern sie auch noch die englische Nationalhymne, sehr zur Freude der Menge drumherum, die ständig wächst.
Auch oben auf der Plaza drängen sich die Besucher jetzt in 33 Meter Höhe an das Geländer und haben den besten Blick, als um 13.42 Uhr die Wagen-Kolonne vor der Elbphilharmonie hält. Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) begrüßt das königliche Paar, dann geht es zum Konzert ins Gebäude.
Draußen verkürzt Diana („ja, genau wie die Prinzessin ...“) den Wartenden die Zeit mit einem leckeren Getränk in einem Pappbecher: Pimm’s No.1 heißt das Getränk, das in Großbritannien ein sehr beliebtes Sommergetränk ist. „Ein Aperitif auf Gin-Basis, der 1840 in England erfunden worden ist“, sagt Diana, während sie mit ihrem Tablett herumgeht. „Aufgefüllt mit Ginger Ale, dazu Gurke, Orange, Zitrone und Minze.“ Alkoholgehalt? „25 Prozent.“ Das soll helfen, um durchzuhalten.
Fans fasziniert von Tradition und Beständigkeit
André (45) und Christian (49) gehörten zu den Ersten, die sich hier eingefunden haben, um einen guten Seh-Platz zu ergattern. „Wir sind eigentlich Royalisten“, sagen die Hamburger, die komplett in den britischen Farben gekleidet sind. Der eine in weißen Schuhen, blauer Hose und rotem Shirt, der andere in roten Schuhen, weißer Hose und blauem Shirt, beide mit Union-Jack-Mützen. Seit rund zehn Jahren fahren sie jedes Jahr nach London zur Geburtstagsparty von Queen Elizabeth II. Einmal sind sie ihr dabei schon ganz nahegekommen: „Da hatten wir gute Karten und saßen in der ersten Reihe.“
Nun stehen sie in der ersten Reihe. Und erzählen, warum sie das britische Königshaus dermaßen fasziniert. „Das hat was mit Tradition und Kontinuität zu tun“, sagt André, der in der Gastronomie arbeitet. Ein Modell auch für Deutschland? „Nee, die Zeiten sind vorbei“, sagt Christian, der in einem Architekturbüro angestellt ist. Das sei auch gut so, denn wenn man in Deutschland mit Begriffen wie Tradition kommt, werde man schnell in die falsche Ecke gestellt. Sie lieben „ihr“ britisches Königshaus. „Das wird es immer geben, und Kate und William werden es jetzt noch weiter öffnen. Die machen einen sehr guten Job – genau wie Mutti Merkel bei uns.“
Königshaus ist stabilisierender Faktor
Emily Laing (24) sagt, sie sei eigentlich Sozialdemokratin, von daher sei ihr Verhältnis zur Monarchie zwiespältig. Das ist es wohl auch deshalb, weil ihr Vater aus Schottland kommt, sie ist quasi mit der Königsfamilie groß geworden. Emily studiert Jura in Hamburg und hat ein Spruchband mitgebracht. Auf dem steht, dass die Briten doch bitte weiter zu Europa gehören sollen. „Bleibt bei uns“ – das ist sozusagen ihre Botschaft an das Königshaus. Auch sie findet, dass Kate und William einen guten Job machen, wenn sie sich etwa mit einer Kampagne für die mentale Gesundheit der Menschen einsetzen. Braucht ein Land ein Königshaus? „Na, ja“, sagt Emily, „das ist vergleichbar mit unserem Bundespräsidenten. Und ein Königshaus ist für viele auch ein stabilisierender Faktor. In ihren Leben und in einer Welt, die scheinbar immer mehr aus den Fugen gerät.“ Die Leute bräuchten Dinge, an denen sie sich festhalten können. Ein bisschen gilt das vielleicht auch für sie. „Schon meine Großeltern hatten Elizabeth II. als englische Königin“, sagt sie.
Beate Henke ist unter allen Schaulustigen sicherlich eine der besten Kennerinnen der Royals. Die 60-Jährige ist um 7 Uhr morgens in Espelkamp („das liegt in Ostwestfalen-Lippe in der Nähe von Osnabrück“) in den Zug gestiegen und sagt, sie sei schon seit mehr als 15 Jahren ein großer Fan des britischen Königshauses. „Das Interesse war immer da und ist nach dem Tod von Prinzessin Diana noch einmal viel größer geworden.“ Wahrscheinlich hat sie auch verfolgt, dass Kate auf ihrer Deutschland-Reise ständig die Kleider gewechselt hat.
Kates Outfit begeisterte nicht nur weibliche Fans
In Polen, als sie aus dem Flugzeug stieg, trug sie ein weißes Kleid von Alexander McQueen. Bei der Party in Warschau war es dann ein Kleid mit futuristischen Details der polnischen Designerin Gosia Baczyńska, dazu auffälliger Perlenschmuck. In Danzig erschien Kate in einem Blumenkleid ihres Lieblingslabels Erdem, in Berlin in einem blauen Outfit der britischen Designerin Catherine Walker.
Am Abend des ersten Tages in der Hauptstadt trug die Herzogin ein rotes Off-Shoulder-Kleid, zur Geburtstagsfeier der Queen in der Residenz des britischen Botschafters präsentierte sie dann die dritte und letzte Farbe des Union Jack. In Heidelberg erschien Kate zunächst in einem gelben Kleid, für das Ruderrennen trug sie Skinny Jeans und ein hellblau-weiß-gestreiftes T-Shirt. In Clärchens Ballhaus in Berlin war es ein Printkleid vom deutschen Designer Markus Lupfer. Und nun eben fliederfarben an der Elbe.
Mehr noch aber faszinieren Beate Henke, die selbst in roten Schuhen, dunkelblauer Hose und einer rot-weiß-blauen Strickjacke („das war Zufall, die habe ich gestern gesehen und sofort gekauft“) erschienen ist, die Briten an sich. „Ich mag diese Art, einerseits so stark an den Traditionen festzuhalten, und andererseits diesen feinen Humor und dieses leicht Skurrile.“
Beate Henke hat auch einen Strauß Blumen dabei. „Buschrosen, meine Geheimwaffe“. Vielleicht hilft es ja, direkt mit der Herzogin ins Gespräch zu kommen. Um 14.30 Uhr stehen sie bereits in Vierer-Reihen hinter den Absperrgittern, die den Weg von der Elbphilharmonie zum Fähranleger abgrenzen. Von hier geht es für das Paar weiter zum Airbus-Werk nach Finkenwerder.
Schaulustige sitzen auf den Bäumen, Kinder auf Schultern
Um 14.35 Uhr brandet der Jubel auf, als Kate und William erscheinen. Kinder werden auf Schultern in die Höhe gereckt, Smartphones schießen Tausende von Bildern, einige haben sich oben in die Bäume gesetzt, um vielleicht einen Blick auf die Royals zu erhaschen. Fahnen werden geschwenkt, die ersten zeigen glücklich ihre Handys mit unscharfen Fotos, auf denen aber tatsächlich ein Stück Prinz zu erkennen ist.
Wenig später ist der Trubel vorbei. Beate Henke ist noch ganz erfüllt. „Beide haben mir die Hand gegeben. Kate ist wie eine Feder, so zart. Sie guckt einem in die Augen und hat mich gefragt, woher ich komme. Ich habe gesagt, dass ich im August nach London komme, und sie hat gesagt, dass wir uns dann vielleicht sehen. Und William ist viel attraktiver als auf den Fotos. Er sieht richtig toll aus. Ich fahre jetzt nach Hause, setze mich mit meinen Freundinnen auf die Terrasse. Die warten schon auf meinen Bericht. ich habe viel zu erzählen.“