Hamburg. Briten und Anglophile fordern in offenem Brief, dass die Hamburger Institution endlich eine zeitgemäßere Ausrichtung bekommt.

Die höchsten Ämter in Großbritannien werden von Frauen bekleidet, dennoch nimmt der Anglo-German Club nach wie vor keine weiblichen Mitglieder auf. Das betrachten viele Briten, die in Hamburg leben, als nicht mehr zeitgemäß – ebenso wenig, dass er auf seiner Internetseite damit wirbt, die „letzte britische Kolonie auf dem Kontinent zu sein.

„Der Club ist ein Urgestein deutsch-britischer Beziehungen, das wir zunehmend als Dinosaurier wahrnehmen“, heißt es in einem offenen Brief, der überwiegend von Briten aus der Kreativbranche unterzeichnet wurde. Sie fordern den 1946 gegründeten An­glo-German Club zu einer offeneren Mitgliedschaftspolitik und einer Überarbeitung seines öffentlichen Auftritts auf. Im Gegenzug könnten sie – als medienaffine, international ausgerichtete Generation – dem Club helfen, sich gesellschaftlich breiter aufzustellen.

Familientradition soll weitergehen

„Wir sind keine Briten des 19. Jahrhunderts mehr, sondern stehen für Werte wie Offenheit, Gleichberechtigung und Chancengleichheit“, so John Heaven (34). Der Übersetzer lebt und arbeitet seit sieben Jahren in Hamburg. Diese Interessen würde der Anglo-German Club, die einzige Institution dieser Art in Hamburg, aber nicht vertreten. Heaven sitzt mit zwei Britinnen im „Kittel’s“ am Lehmweg, einem Laden für englische Waren, der gleichzeitig ein Café ist.

Auch Hannah Johnson, Texterin in einer Kreativagentur für Imagefilme, und Ellie Sellwood (25), die in einer Hamburger Werbeagentur arbeitet, haben den Brief unterschrieben. „Ich bin seit acht Jahren in Hamburg und fühle mich gleichermaßen britisch und deutsch“, sagt Hannah Johnson (33). Seit England angekündigt habe, aus der EU austreten zu wollen, sei sie jedoch sehr verunsichert. Ellie Sellwood empfindet genauso – sie lebt seit 2015 in Hamburg. „Ich weiß nicht, wie es nach dem Brexit weitergehen wird und bin sehr verunsichert“, sagt sie. Diese Frage treibe derzeit fast alle Briten um, die in Hamburg leben.

Orientierung und Unterstützung

„Es ist eine Zeit, in der wir Orientierung und Unterstützung gebrauchen können, um uns in einer neuen Welt zurechtzufinden“, schreiben die Briten in dem offenen Brief. Doch es gebe keine Institution, an die man sich mit Fragen wenden könne. „Der Anglo-German Club könnte sicher durch seine Netzwerke nach Berlin und London dabei helfen, die Bedürfnisse von uns Briten zu präsentieren“, sagt Johnson. In England ist sie Mitglied im Hospital Club – einem Londoner Club für Menschen aus der Kreativbranche.

In einem Netzwerk mit Gleichgesinnten fühlt man sich gut aufgehoben. Das weiß auch Ellie Sellwood, die daher einen Hamburger Ableger der Gruppe „British in Germany“ gegründet hat. Die mittlerweile etwa 50 Mitglieder sind eher jünger, während laut Heaven die zweite britische Gemeinschaft in Hamburg über das Konsulat vernetzt und älteren Jahrgangs ist. „Der Anglo-German Club könnte beide Altersgruppen zusammenbringen – und würde dabei auch junge und vor allem britische Mitglieder gewinnen“, sagt Heaven.

An klassischem Charme festhalten

Und er könnte damit die anglo-deutschen Beziehungen stärken, findet John Groves. Der Komponist lebt seit 30 Jahren in Hamburg und wird immer wieder mal in den Anglo-German Club eingeladen. Doch auch er findet den Club „antiquiert“ und hat deshalb den offenen Brief unterschrieben. „In diesen schwierigen Zeiten sollten wir eine Einheit sein“, sagt er. „Eine Trennung nach Geschlechtern darf es dabei nicht geben.“

Mit dieser Forderung tut man sich im Anglo-German Club jedoch schwer. „Es geht immer wieder mal um die Damenfrage. Wir möchten aber an dem klassischen Charme eines englischen Herrenclubs festhalten“, sagt Vorstandsmitglied Hans-Wilhelm Jenckel. Er wolle Änderungen nicht ausschließen, aber eben auch nichts übers Knie brechen. Bereits 2014 hatte Jenckel angedeutet, dass sich der Club in naher Zukunft weiblichen Mitgliedern möglicherweise öffnen könnte.

Damen als Gäste willkommen

Vorstandschef Claus C. Budelmann ergänzt: „Diese Überlegungen sind weder in Großbritannien noch in Deutschland neu. Der Vorstand wird sich erneut mit der Sache beschäftigen und dann dazu Stellung nehmen.“ Im Anglo-German Club in Hamburg würden in keiner Weise Damen diskriminiert. Als Gäste seien sie im Clubhaus und bei allen Veranstaltungen herzlichst willkommen. Die Kritik, ein Dinosaurier zu sein, kommentiert er so: „Unser großer, ständig wachsender Juniorenkreis zeigt, dass der Club den nächsten Generationen eine gute Perspektive bietet.“