Hamburg. Shell und PayPal starten in Hamburg ein Pilotprojekt. Keine Gefahr besteht durch Funkwellen an der Tankstelle.
Für viele Autofahrer ist dies selbstverständlich: An der Tankstelle darf man weder rauchen noch das Handy benutzen. Doch an den Shell-Stationen in Hamburg gilt Letzteres jetzt nur noch eingeschränkt. Denn hier startet der Mineralölkonzern heute ein Pilotprojekt zum Bezahlen per Smartphone direkt an der Zapfsäule.
„Das neue Angebot richtet sich vor allem an jene Kunden, die es eilig haben oder ihr Auto nicht alleine lassen wollen oder können“, sagt Emre Turanli, Marketingleiter für das Shell-Tankstellengeschäft in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Durch das „SmartPay“ genannte Verfahren kann man Wartezeiten an der Kasse vermeiden und muss den Wagen nicht unbeaufsichtigt lassen, was zum Beispiel für Kunden mit kleinen Kindern im Auto interessant sein dürfte, so Turanli.
Fahrer muss manchmal nicht einmal aussteigen
Für SmartPay arbeitet Shell mit dem Online-Bezahldienstleister PayPal zusammen. Wenn ein Kunde das neue Verfahren nutzen will, muss er die Shell-App auf dem Smartphone zuvor mit seinem PayPal-Konto verknüpft haben. Zum Tanken fährt er dann an der Tankstelle an die gewünschte Zapfsäule und wählt in der App die Option SmartPay.
Nach der Identifikation mittels Fingerabdrucksensor oder Eingabe einer Pin-Nummer tippt der Kunde auf „Jetzt tanken“ und gibt anschließend die Zapfsäulennummer sowie einen Bezahlbetrag (maximal 200 Euro) ein – an welcher Tankstelle man sich befindet, hat die App per Satellitennavigation ermittelt. Nun kann für den gewünschten Betrag getankt werden. Sobald der Zapfhahn wieder eingehängt ist, erhält der Kunde die Abrechnung in der App sowie eine E-Mail mit dem steuerlich gültigen Beleg. Sofern es sich um eine der rund 500 Shell-Stationen in Deutschland mit einem Tankwart handelt, muss der Autofahrer nicht einmal aussteigen.
Nicht alle Pächter dürften begeistert sein
An rund 100 Tankstellen in Hamburg und Berlin wird SmartPay jetzt freigeschaltet. Im vierten Quartal will das Unternehmen den Service auf 1500 der knapp 2000 inländischen Shell-Stationen ausweiten. Dabei sind keine Veränderungen an den Zapfsäulen erforderlich, nur die Kassen-Software benötigt ein Update. Tankstellenpächter zahlen beim SmartPay-Verfahren eine Gebühr an PayPal – so wie bisher etwa an eine Kreditkartenfirma.
Allerdings dürften manche Pächter das Bezahlen an der Tanksäule mit gemischten Gefühlen sehen. Denn ein Kunde, der nicht an die Kasse gehen muss, wird auch nichts im Tankstellenshop kaufen – und dies macht im Schnitt mehr als die Hälfte des Ertrages aus. Shell-Manager Turanli will von Widerständen nichts wissen: „Die Pächter finden SmartPay sehr interessant.“ Sie hätten zudem eine „starke Verbindung zur Marke“ und seien stolz auf Innovationen des Konzerns.
Für den Kooperationspartner von Shell bei SmartPay liegt das Motiv für die Zusammenarbeit auf der Hand: „Wir möchten unseren Kunden immer wieder neue Möglichkeiten geben, mit PayPal zu bezahlen“ – auch abseits des Online-Handels, sagte Sven Kappel, Leiter des Bereichs Neue Geschäftsfelder bei PayPal in Deutschland.
In Großbritannien seit 2015 in Betrieb
Das Bezahlen an der Tanksäule ist aus der Sicht von Shell eine logische Konsequenz aus den technischen Möglichkeiten. „In fünf oder zehn Jahren ist so etwas Standard“, erwartet Turanli, „aber wir wollen Vorreiter sein.“ Das kann der niederländisch-britische Konzern jedoch allenfalls im Hinblick auf einen praktisch flächendeckenden Einsatz in Deutschland für sich in Anspruch nehmen.
In kleinerem Umfang gibt es solche Dienste schon. So kann man als Kunde des Carsharing-Unternehmens DriveNow seit April an 13 Tankstellen des Total-Konzerns in Hamburg per App direkt an der Tanksäule zahlen, in Berlin geht das seit Juni 2016. Und ebenfalls seit dem vergangenen Jahr gibt es die „TankTaler“-App des Start-ups ThinxNet; sie funktioniert ähnlich wie SmartPay von Shell, erlaubt aber das Bezahlen nach dem Tankvorgang.
Eine Gefahr bleibt
In Großbritannien ist die Kooperation von Shell und PayPal sogar schon seit zwei Jahren am Markt aktiv. In den USA begannen Tests an einzelnen Tankstellen des ExxonMobil-Konzerns bereits 2013, seit Ende 2016 ist die Technik flächendeckend verfügbar.
Im Zuge der Einführung des Bezahlens an der Tanksäule entfernte ExxonMobil die Warnhinweise, die bis dahin die Benutzung von Mobiltelefonen in der Nähe der Säulen verhindern sollten. Elektromagnetische Felder seien nicht der Grund für die Warnungen gewesen, heißt es dazu von Shell. Man fürchtete vielmehr folgendes: Fällt das Handy herunter und springt der Akku aus dem Gerät, könnten Funken entstehen. Bei modernen Smartphones jedoch sei dieses Risiko geringer. Eine Gefahr aber bleibt, so Shell: Dass ein Kunde, abgelenkt durch ein Handy-Telefonat, vor ein Auto läuft.