Hamburg. Neue Technik bei der Haspa. Handy könnte bald mit Automat verknüpft werden. PSD Bank Nord nutzt diese Möglichkeit bereits.


Die Filiale der Hamburger Sparkasse am Adolphsplatz hat längst geschlossen, aber in der Selbstbedienungszone am Geldautomaten herrscht reger Andrang. „Künftig werden diese Automaten viel mehr leisten als nur Geld auszuzahlen“, sagt Andy W. Mattes, Vorstandsvorsitzender des US-Unternehmens Diebold Nixdorf. Er hat mit Deutschlands größter Sparkasse einen weitreichenden Vertrag geschlossen.

„Wir managen die gesamte dezen­trale IT der Hamburger Sparkasse und betreuen vom Computer der Angestellten bis zu den Geldautomaten insgesamt rund 7000 IT-Systeme“, sagt Mattes, einer von nur zwei Deutschen, die in den USA an der Spitze eines börsennotierten Unternehmens stehen, dem Abendblatt. „Es ist weltweit unser größter Einzelvertrag mit einer Bank. Gerade haben wir die Zusammenarbeit um weitere sieben Jahre verlängert.“ Branchenexperten schätzen den Auftragswert auf rund 250 Millionen Euro.

Viel Platz für Innovationen am Geldautomaten

Die Haspa verfügt über 360 eigene Geldautomaten, von denen knapp jeder Fünfte jährlich ausgetauscht wird. „Damit stellen wir die Versorgung vor Ort sicher. Für unsere Kunden ist das nach wie vor kostenlos“, sagt Haspa-Chef Harald Vogelsang. Einige andere Geldinstitute erheben für das Geldabheben inzwischen Gebühren.

Zu künftigen Neuerungen an ihren Automaten will sich die Sparkasse derzeit noch nicht konkret äußern. „Die Verträge sind so gestaltet, dass viel Platz für Innovationen ist“, sagt Mattes. Technisch ist nun sogar die Nachrüstung für das Geldabheben per Handy ohne Probleme möglich. Dazu reicht ein Zusatzmodul und Veränderungen in der Software des Automaten.

Das Smartphone wird wichtiger – auch beim Geld abheben

Bei der Entwicklung von Geldautomaten gebe es vier Trends, sagt Mattes. „Digitalisierung, Individualisierung, Automatisierung und Miniaturisierung.“ Digitalisierung und Individualisierung stehen für die Verknüpfung des Geldautomaten mit dem Smartphone des Nutzers. Der Zugang zu Bargeld wird künftig viel stärker über das Smartphone als über die Bankcard legitimiert. Mattes sieht dabei auch Vorteile bei der Sicherheit. Das betrifft vor allem Automaten, die an öffentlichen Straßen und Plätzen installiert sind.

„Mit einer App können Bankkunden Abhebungen auf ihrem Smartphone schon auf dem Weg zum Geldautomaten vorbereiten oder Geld an Dritte senden“, sagt der Manager. Das verkürze den Aufenthalt am Automaten, direkte Eingaben vor Ort seien nicht mehr nötig. Und so funktioniert das: Bankkunden wählen auf der App den Auszahlbetrag, die App meldet einen Barcode. Dann muss am Geldautomaten nur noch der Barcode auf dem Smartphone eingelesen werden, und der Automat gibt den voreingestellten Betrag aus. Versendet der Kunde den Barcode an ein Familienmitglied oder einen Freund, kann der ebenfalls den Betrag abheben.

Das verspricht nicht nur mehr Bequemlichkeit, sondern verhindert auch Skimming, also das Manipulieren der Automaten, um Kartendaten und persönliche PIN unbemerkt abzugreifen. Jährlich entsteht dadurch weltweit ein Schaden von vier Milliarden Dollar. Die PSD Bank Nord hat ihre Geldautomaten bereits mit der zusätzlichen Smartphonefunktion ausgestattet und scharfgeschaltet. „Die Funktion ist in unsere Konto-App integriert, auch die Stückelung der Banknoten kann vorgegeben werden“, sagt ein Banksprecher. Natürlich könne auch weiterhin die Bankcard genutzt werden.

Die Personalisierung der Geldausgabe gibt Banken neue Möglichkeiten

Mit der Personalisierung der Geldausgabe ergeben sich für die Banken und Sparkassen noch weitere Möglichkeiten. Beim Geldabheben können sie nun personalisierte Werbung einspielen. Oder der Kunde wird bereits beim Herantreten an den Automaten gefragt: Herr Meier, heute wie immer 200 Euro? Diese Möglichkeiten beruhen auf einer Technik namens NFC (Near Field Communication), mit der die drahtlose Kommunikation zwischen Geldautomat und Smartphone auf eine Entfernung von bis zu knapp 100 Metern möglich ist.

Ob solche direkten Ansprachen aber den Nerv der deutschen Kunden treffen, bleibt abzuwarten. Doch lohnen diese vielen Neuerungen, wenn künftig die Bezahlung mit Bargeld an Bedeutung verliert? Mattes pariert den Einwand mit dem bekannten Ziel des papierlosen Büros, mit dem er schon zu Beginn seiner IT-Karriere bei Siemens vor Jahrzehnten konfrontiert wurde – und das es bis heute nicht gibt.

85 Prozent aller privaten Konsumausgaben werden bar bezahlt

„Mit wachsendem Wohlstand heben wir immer mehr Bargeld ab“, sagt Mattes. „Rund 85 Prozent aller privaten Konsumausgaben weltweit werden mit Bargeld bezahlt.“ Auch in der Euro-Zone steigt der Bargeldbedarf. Der Umlauf von Euro-Banknoten ist nach Zahlen der Europäischen Zentralbank in zehn Jahren um 78 Prozent gestiegen. Und zwischen 30- und 35-mal geht jeder Kunde pro Jahr zum Geldautomaten.

Der Trend der Automatisierung macht die Geldautomaten zu Multifunktionsgeräten. „Mit unseren Maschinen können Sie Geld abheben, Geld einzahlen, Rechnungen überweisen und Kontoauszüge drucken, und das alles mit einem Gerät“, sagt Mattes. „90 Prozent der Standard-Bankgeschäfte können über solche Maschinen abgewickelt werden.“ Dazu gehören auch Konsumentenkredite oder die Eröffnung eines Kontos. „Alles, was an unseren Automaten gemacht wird, ist sicherer als jede Transaktion am heimischen Computer“, sagt Mattes. Gleichzeitig weiß er aber, dass Sicherheit ein ständiges Wettrennen zwischen den Tricks der Kriminellen und den Entwicklern bedeutet. Die Filiale der Zukunft sieht er als eine Mischung aus Kaffeeshop und Bankfiliale mit einem hohen Automatisierungsgrad.

Bis zu 40.000 Euro kostet ein Geldautomat

Als reine Geldausgabe-Maschinen werden die Automaten dagegen an Bedeutung verlieren. „Unser kleinster Geldautomat, den wir gerade vorgestellt haben, ist nur noch anderthalb mal so breit wie eine Banknote und etwa einen Meter hoch. Alle Eingaben erfolgen über einen Touchscreen“, sagt Mattes.

Bei allen Neuerungen bleiben die Preise der Geldautomaten stabil, sagt Mattes. Je nach Funktionen reicht die Preisspanne von 20.000 bis 40.000 Euro pro Automat. Allerdings kostet auch der jährliche Unterhalt 20.000 Euro. Der größte Teil der Kosten entsteht durch das regelmäßige Befüllen mit Bargeld.