Hamburg. Vor allem Kinder und Ältere sind durch Raser auf zwei Rädern gefährdet. Politiker fordern stärkere Kontrollen und härtere Strafen.

Immer mehr rücksichtslose Radfahrer versetzen in den Parks an der Alster die Ruhe suchenden Bürger in Angst. Nachdem es zuletzt einige Unfälle gegeben hat, beschäftigt sich jetzt die Politik im Bezirk Nord mit dem Thema. „Ich halte die Situation im Haynspark für schwierig“, sagt Thomas Domres, SPD-Fraktionschef. „Zwar ist das Radfahren im Park grundsätzlich erlaubt, das finde ich auch richtig. An unübersichtlichen Stellen wie etwa an der Brücke zur Meenkwiese funktioniert das Miteinander zwischen Fußgängern und Radfahrern aber leider nicht wirklich. Dieser Bereich ist so unübersichtlich und verführt einige Radfahrer dazu, die notwendige Rücksicht zu vernachlässigen, sodass es aus meiner Sicht notwendig sein wird, hier eine technische Lösung zu finden.“

Nachdem seine Schwiegermutter im Alsterpark an der Meenkwiese von einem Radfahrer angefahren und verletzt liegen gelassen worden ist, war auch für Thomas Niederbremer das Maß voll. In einem Schreiben an den Verkehrsausschuss forderte er mit mehreren besorgten Anwohnern, dass „Parks und Grünanlagen generell zu Ruhezonen erklärt werden, in denen Fahrradfahren – genauso wie auf Gehwegen – nicht erlaubt ist.“ Dies sei „durch eine entsprechende Beschilderung deutlich zu machen – und auch regelmäßig zu kontrollieren“.

Rücksichtslose Radfahrer

Thomas Niederbremer ist selbst Radfahrer. Er und die Unterzeichner des Appells finden Hamburgs Entwicklung hin zur „Fahrradstadt“ richtig. „Leider ist es im Alltag so, dass manche Radfahrer glauben, sich an keine Regeln mehr halten und vor allem auf ihre Mitbürger keine Rücksicht mehr nehmen zu müssen“, sagt Niederbremer.

Leidtragende sind vor allem Kinder und ältere Menschen. „Auch meine Tochter Paula ist in diesem Park bereits einmal angefahren worden“, sagt Lisa Torke, die eine zunehmende Aggressivität unter den Radfahrern ausmacht. „Es ist hier nicht nur gefährlich, man wird oft auch noch angepöbelt, wenn man die Radfahrer zu mehr Rücksicht auffordert.“ Dann bekäme man schon mal zu hören: „Passen Sie doch besser auf Ihre Kinder auf.“

Die Regeln sind klar: „Jeder Verkehrsteilnehmer hat sich so zu verhalten, dass kein anderer geschädigt, gefährdet oder mehr, als nach den Umständen unvermeidbar, behindert oder belästigt wird“, heißt es in Paragraf 1 der Straßenverkehrsordnung. Seit aber in Hamburg immer mehr Menschen auf das Rad umsteigen, hat ein Kampf um Plätze und Wege begonnen. Im Hayns­park findet er auf Kosten der schwächsten Verkehrsteilnehmer statt.

200 bis 300 Radfahrer pro Stunde

Am Rand blühen Glockenblumen, Zierlauch und Clematis, auf den Beeten gibt es Stachel-, Johannis-, und Erdbeeren. Auf den Wiesen tollen Kinder, auf den Wegen spazieren zwei ältere Damen, der Blick geht über den Alsterlauf. „Das ist ein bisschen wie Bullerbü hier“, sagt Lisa Torke. Die Meenkwiese ist ein kleines grünes Paradies, zum Teil selbst gestaltet von den Bürgern. Eine Ruhezone in einer lauten Stadt, die rundherum immer dichter bebaut wird. Seit aber zunehmend Radfahrer die Parkwege als Abkürzung nutzen, ist der Rückzugsraum zur Durchgangsstrecke geworden.

Man kann auch sagen, Bullerbü hat jetzt eine Bundesstraße.

„Morgens und am späteren Nachmittag fahren hier zwischen 200 und 300 Radfahrer durch – pro Stunde“, sagt Anwohnerin Edith Aufdembrinke. „Manche sind rasend schnell. Viele Parkbesucher werden gnadenlos angeklingelt, durch schnelles Auffahren verschreckt und oft sogar angepöbelt. Die Wege sind teilweise schmaler als zwei Meter, und trotzdem fordern Radfahrer durch Klingeln zur freien Fahrt auf.

Wie auf der Radfahrerautobahn

Viele Radfahrer haben Kopfhörer auf und sind nicht mehr in der Lage, auf ihre Umwelt zu reagieren. Auch die Anzahl von Pedelecs und E-Bikes hat stark zugenommen, die das Problem noch verschärft.“ Auch Radsportgruppen würden mit Höchstgeschwindigkeit gerne kleine Hügel und Brücken als besondere sportliche Herausforderung befahren. „Dabei werden gerne auch Überholmanöver eingeleitet. Das Aufkommen an Radfahrern ist teilweise so hoch, dass man sich an einer Radautobahn zu Rushhour-Zeiten wähnt.“

Parks und Grünanlagen aber seien Erholungsgebiete – und keine Verkehrsflächen. „Wenn das den Radfahrern nicht ihr gesunder Menschenverstand sagt, müssen eben Vorschriften und Kontrollen eingeführt werden.“ Außerdem könnten Hinweisschilder und Schikanen aufgestellt werden.

Mehr Kontrollen und Sanktionen

Bauliche Schikanen kann sich auch Thomas Domres vorstellen. Christoph Reiffert von den Grünen setzt dagegen allein auf verstärkte Kontrollen durch die Polizei. „Eine Sperrung des Parks für jeglichen Radverkehr ist eine radikale Maßnahme, die auch die übergroße Mehrheit derjenigen träfe, die sich korrekt verhält. Wir halten es für nicht angemessen, alle für das Fehlverhalten einer Minderheit zu bestrafen.“

Die CDU hat bereits vor zwei Jahren das Problem benannt. „Wir brauchen dringend stärkere Kontrollen von Radfahrern, die sich bewusst nicht an Vorschriften halten und andere gefährden“, sagt Christoph Ploß. „Grobe Regelverstöße von Geisterradlern dürfen nicht länger akzeptiert und müssen sanktioniert werden.“

Ploß wird jetzt im Verkehrsausschuss einen Antrag einbringen, in dem der Senat aufgefordert wird, „mithilfe der Polizei sein Augenmerk stärker auf radelnde Falschfahrer beziehungsweise Radfahrer zu richten, die sich nicht an die geltenden Verkehrsregeln halten, und deshalb häufigere Kontrollen durchzuführen und grobe Regelverstöße zu bestrafen.“