Hamburg. Das Abendblatt hat Hebammen und Ärzte im Albertinen-Krankenhaus von 22 bis 6 Uhr begleitet. Bilanz: drei neue Erdenbürger.

Es ist kurz nach zehn Uhr am Abend im Albertinen-Krankenhaus in Schnelsen: Auf den Gängen ist es ruhig. Es scheint, als hätte sich die Klinik im Norden Hamburgs zur Nachtruhe begeben. Doch der Eindruck täuscht: In der Abteilung für Geburtshilfe herrscht zu dieser Zeit Hochbetrieb, alle fünf Kreißsäle sind belegt – mit Frauen, die gerade entbunden haben oder bei denen die Geburt unmittelbar bevorsteht. Auch auf der Station liegen mehrere Schwangere, bei denen es jeden Moment so weit sein kann.

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Eine der drei Hebammen, die heute im Nachtdienst arbeiten, ist Tanja Brockmann. Um 22 Uhr hat sie ihren Dienst angetreten, der wie immer mit einer kurzen Übergabe im Aufenthaltsraum begonnen hat. Jetzt, um 22.20 Uhr, kümmert sie sich im Kreißsaal 4 um Juliane Giesa. Die 25-Jährige ist am Vortag mit Wehen in die Klinik gekommen, sie erwartet ihr erstes Kind. Seit mehr als vier Stunden liegt sie schon im Kreißsaal und ist sehr erschöpft. Ihre Mutter ist bei ihr, streichelt ihre Hand, spricht ihr immer wieder Mut zu, wenn die Wehen kommen. Juliane Giesa will in Hamburg entbinden, weil ihre Mutter hier lebt, sie selbst wohnt in Schwerin.

Werdenden Mutter die Angst nehmen

Um die Schmerzen zu lindern, hat die junge Frau bereits eine sogenannte PDA erhalten. Das ist eine Form der Anästhesie, bei der ein Betäubungsmittel in die Nähe des Rückenmarks gespritzt wird. Das hilft zwar gegen die Wehen, aber gegen den Druck, den das Kind auf seinem Weg durch den engen Geburtskanal erzeugt, hilft es nicht. Und der macht Juliane Giesa zunehmend zu schaffen.

Tanja Brockmann kümmert sich liebevoll um die junge Frau. Mit sanfter Stimme versucht die blonde, zierliche Hebamme, der werdenden Mutter die Angst zu nehmen.

In dem abgedunkelten Kreißsaal, in dem nur eine kleine Lampe leuchtet, hört man vor allem den Herzschlag des Kindes, der durch Ultraschall verstärkt wird. Ein sogenanntes CTG zeichnet die Herztöne des Kindes und die Wehentätigkeit der Mutter auf. Beides ist auf dem Monitor zu sehen, sodass Hebammen und Ärzte mit einem Blick kontrollieren können, ob alles in Ordnung ist.

Assistenzärztin Lotta Zech und Oberarzt
Matthias Jaekel im Gespräch
Assistenzärztin Lotta Zech und Oberarzt Matthias Jaekel im Gespräch © HA | Roland Magunia

Dazwischen wechseln sich das Stöhnen der Schwangeren und die sanfte Stimme der Hebamme ab: „Einmal tief Luft holen und drücken und wieder ausatmen ... und wieder ausatmen ...“ – „Aber es tut so weh“ – „... Tief in den Bauch atmen. Ein bisschen Geduld musst du schon noch haben.“ Aber Juliane Giesas Geduld ist schon ziemlich aufgebraucht. Sie will, dass das Kind endlich kommt, ist müde und erschöpft. Sie weiß aber schon, dass sie einen kleinen Jungen zur Welt bringen wird. Fynn soll er heißen.

Um die Geburt voranzutreiben, schlägt die Hebamme einen Positionswechsel vor. Die Schwangere, die froh ist, eine einigermaßen komfortable Lage gefunden zu haben, muss dazu ein wenig überredet werden, aber schließlich willigt sie ein, und mithilfe ihrer Mutter und der Hebamme setzt sie sich auf.

Geburtenrekord

Der Hebamme merkt man an, dass sie viel Erfahrung hat. Mit einem freundlichen Lächeln motiviert sie die Schwangere zur Mitarbeit und versucht dabei, ihr die Geburt zu erleichtern.

Tanja Brockmann ist 26 Jahre alt und hat 2012 ihre Ausbildung zur Hebamme in Münster mit dem Examen abgeschlossen. Danach arbeitete sie zweieinhalb Jahre in Leverkusen, ehe sie 2015 ans Albertinen-Krankenhaus wechselte. Seit dem Ende ihrer Ausbildung half sie ungefähr 280 Kindern, auf die Welt zu kommen. Für den Hebammenberuf hat sie sich entschieden, weil sie unbedingt im medizinischen Bereich arbeiten wollte: „Mich hat gereizt, dass ich die Frauen viel intensiver bei der Geburt begleiten kann, als ein Arzt es könnte. Außerdem ist der Beruf sehr vielseitig. Als Hebamme kann man freiberuflich arbeiten, in der Vor- und Nachsorge oder im Kreißsaal.“ Im Moment ist Tanja Brockmann aber nur im Kreißsaal eingesetzt.

Erleichtert und erschöpft: Juliane Giesa mit ihrem neugeborenen Sohn Fynn.
Sechs Stunden hatte sie im Kreißsaal verbracht
Erleichtert und erschöpft: Juliane Giesa mit ihrem neugeborenen Sohn Fynn. Sechs Stunden hatte sie im Kreißsaal verbracht © HA | Roland Magunia

Was sie an diesem Beruf reizt? „Geburt hat nichts mit Krankheit zu tun, es ist total spannend, und es macht mir Freude, die Frauen gut zu unterstützen. Das Schönste für mich ist, die glücklichen frischgebackenen Mütter zu sehen und die Männer, die stolz auf ihre Frauen sind und emotional reagieren, auch mal weinen“, sagt die junge Hebamme. Nachtdienst wie heute hat sie ungefähr siebenmal im Monat, immer zwei bis drei Nächte in Folge. Während der meisten Dienste betreut sie ein bis zwei Schwangere. Sie mag das Arbeiten in der Nacht, weil sie sich dann ausschließlich um die Geburten kümmern kann. Am Tage gibt es auch viele andere Aufgaben in der Kreißsaal-Ambulanz zu erledigen, zum Beispiel Routineuntersuchungen für werdende Mütter und Kontrolluntersuchungen.

Tanja Brockmann hat noch keine eigenen Kinder, möchte aber später welche haben. Sie wohnt mit ihrem Verlobten zusammen. In ihrer Freizeit geht sie ins Fitnessstudio oder zum Joggen, trifft sich mit Arbeitskollegen oder besucht ihre Familie im Münsterland und besonders gern ihren acht Monate alten Neffen.

Am Abend schon zwei Kaiserschnitte

Mit ihr im Dienst ist in dieser Nacht die Assistenzärztin Lotta Zech. Im Oktober 2014 hat sie als Berufsanfängerin im Albertinen-Krankenhaus die Facharztausbildung zur Gynäkologin begonnen und ist jetzt im dritten Weiterbildungsjahr. Das erste Jahr war sie nur im Kreißsaal, das zweite Jahr auf der Gynäkologie, und jetzt steht sie jeden Tag von 7.30 bis 16.15 Uhr im OP und führt Operationen durch, zum Beispiel an der Gebärmutter oder an den Eierstöcken, wenn sie keinen Schichtdienst hat.

Das kann nicht mehr lange dauern: Hebamme Tanja Brockmann und Assistenzärztin
Lotta Zech (vorn l.) bei einer werdenden Mutter in den Wehen
Das kann nicht mehr lange dauern: Hebamme Tanja Brockmann und Assistenzärztin Lotta Zech (vorn l.) bei einer werdenden Mutter in den Wehen © HA | Roland Magunia

Denn neben ihren normalen Tagdiensten haben die Assistenzärzte in der Abteilung mehrmals im Monat Zwölfstundenschichten, entweder tagsüber oder nachts, in denen sie sich um gynäkologische Notfälle und um Geburtshilfe kümmern. Eine Ärztin ist für die Gynäkologie eingeteilt, eine zweite für den Kreißsaal. „Der Kreißsaal ist meine Leidenschaft. Es kann alles ganz ruhig anfangen, und dann ist plötzlich ganz viel los. Die Arbeit ist sehr abwechslungsreich, nie vorhersehbar, was kommt. Geburtshilfe ist unplanbar. Das finde ich gut“, sagt die 29 Jahre alte Ärztin.

Während des Studiums hatte sie lange überlegt, welche Fachrichtung sie einschlagen soll. Dann verbrachte sie vier Monate ihres Praktischen Jahres am Ende des Studiums in einer Frauenklinik in Basel, und da ist die Entscheidung gefallen: Sie wollte Gynäkologin werden. „Dieses Fach verbindet operative und konservative Therapie, Gynäkologie, Onkologie und Geburtshilfe. Man kann im Krankenhaus bleiben oder in die Praxis gehen“, sagt die Ärztin. In ihrem ersten Berufsjahr im Kreißsaal hat Lotta Zech schon 300 Kinder auf die Welt geholt. Mittlerweile sind es so viele geworden, dass sie nicht mehr mitzählt.

Das Team ist gut

Am besten an ihrer Arbeit gefällt ihr die Arbeit im Team. „Der Umgang mit­einander ist nett und freundlich, man kennt sich untereinander. Jetzt gefällt es mir im Krankenhaus sehr gut.“ Lotta Zech will auch später selbst Kinder haben. In ihrer Freizeit geht sie joggen, macht Yoga oder trifft sich gern mit Freunden.

Heute hat ihr Dienst um 19.30 Uhr im Kreißsaal angefangen. Und es ging schon recht turbulent los. Gleich zu Beginn musste sie einen Kaiserschnitt vornehmen. „Die Patientin hatte schon Wehen, die Geburt dauerte etwas lange, sodass ein Kaiserschnitt in dem kleinen OP vorgenommen wurde, der gleich neben den fünf Kreißsälen liegt“, erzählt sie.

Gelöste Stimmung im Hebammenzimmer
des Albertinen-Krankenhauses
Gelöste Stimmung im Hebammenzimmer des Albertinen-Krankenhauses © HA | Roland Magunia

Kurz darauf stand ein zweiter Kaiserschnitt an. Diesen Eingriff hat ihre Kollegin, die heute Nacht hauptsächlich für die Gynäkologie zuständig ist, durchgeführt. Sie hilft im Kreißsaal aus, wenn ein zusätzlicher Arzt gebraucht wird.

Ein Kaiserschnitt dauert 30 Minuten bis eine Stunde. Bei den beiden Eingriffen handelte es sich aber nicht um Notkaiserschnitte, bei denen es sehr schnell gehen muss. In solchen Fällen wird ein Notfallteam alarmiert, das innerhalb von wenigen Minuten zur Stelle ist. Dazu gehören die Anästhesisten, ein OP-Team, zwei Assistenzärzte und der Oberarzt, der in der Klinik Bereitschaftsdienst hat und jederzeit zu Hilfe gerufen werden kann.

Es ist also viel los in dieser Nacht im Albertinen-Krankenhaus. Mittlerweile stehen die Zeiger auf 23.30 Uhr. Bei Juliane Giesa soll es jetzt bald so weit sein, dass der kleine Fynn das Licht der Welt erblickt. Im Kreißsaal hat sich auch Lotta Zech eingefunden. Sie und Tanja Brockmann feuern die junge Frau an: „Und jetzt drücken, weiter, weiter, weiter ... super gemacht, und jetzt kurz entspannen ... und noch mal drücken ... und tief in den Bauch atmen.“ Doch so recht voran geht es nicht. Die Wehen kommen nicht häufig genug, auch dann nicht, nachdem die Dosis des Wehentropfes erhöht worden ist.

Solange es ruhig ist, werden Schreibarbeiten erledigt

Nach zehn Minuten entnimmt die Ärztin in einem Kapillarröhrchen vom Kopf des Kindes ein wenig Blut und überprüft den Sauerstoffgehalt, um zu sehen, wie es Fynn geht. Danach steht fest: Juliane Giesa braucht ein wenig Unterstützung, denn mit der Geburt geht es immer noch nicht so voran, wie es nötig wäre. Oberarzt Matthias Jaekel wird gerufen. Er setzt eine Saugglocke auf dem Köpfchen des Babys an und unterstützt die Geburt, indem er während der Wehe behutsam daran zieht.

Hebamme Tanja Brockmann bei der
Dokumentation
Hebamme Tanja Brockmann bei der Dokumentation © HA | Roland Magunia

Um 0.20 Uhr ist es geschafft, Fynn ist endlich auf der Welt. Sofort wird er von der Kinderärztin der unmittelbar angrenzenden Station für Neugeborene des kooperierenden Altonaer Kinderkrankenhauses in Empfang genommen und muss schon die erste Untersuchung über sich ergehen lassen. Danach geht es warm eingepackt zurück auf Mamas Bauch. Nur das kleine Köpfchen schaut unter den Decken hervor. Das Neugeborene gluckst leise vor sich hin. Glückliche und erleichterte Gesichter bei Juliane Giesa und ihrer Mutter, die mit ihrem Handy auch gleich das erste Foto von ihrem Enkel macht.

Doch bald schon muss Fynn den komfortablen Platz auf Mamas Bauch wieder verlassen. Da hilft auch kein Schreien. Denn der kleine Junge muss noch gemessen und gewogen werden. Und wie sich zeigt, ist er ein properes Kerlchen. Fynn wiegt stolze 3225 Gramm, ist 51 Zentimeter lang und hat einen Kopfumfang von 35 Zentimetern. Nach dieser Prozedur bekommt der Junge seine erste Windel.

Vier Klinik-Typen

Tanja Brockmann drückt noch seine winzigen Fußsohlen auf ein Stempelkissen und dann auf eine Karte. Ein Foto von dem Neugeborenen wird auch gemacht. Beides ist für die Glückwunschkarte, die jeder frischgebackenen Mutter überreicht wird. Dann geht es wieder zurück zur Mama. Jetzt haben Mutter und Kind erst einmal Zeit, zu entspannen und sich von den anstrengenden letzten Stunden zu erholen.

Mittlerweile wurde eine junge Frau ein paar Zimmer weiter in den Kreißsaal 5 verlegt. Auch sie erwartet ihr erstes Kind, leidet aber unter einer sogenannten Schwangerschaftscholestase. Das heißt, die Funktion der Leber ist beeinträchtigt. Deshalb wird die Geburt vorzeitig medikamentös eingeleitet. Bei ihr ist ihr Mann, der ihr immer wieder zärtlich über den Rücken streicht. Auch hier macht sich schon leise Ungeduld breit. „Nun komm schon endlich raus“, sagt die Gebärende zu ihrem Kind, von dem sie schon weiß, dass es ein Mädchen ist. Vielleicht soll es Merle heißen, aber ganz sicher ist sich das Ehepaar noch nicht. Sie wollen erst einmal abwarten, ob ihre Tochter „wie eine Merle aussieht“.

Lachgas für die Gebärende

Doch bis dahin wird es noch eine Weile dauern. Man hat der Gebärenden eine Atemmaske in die Hand gedrückt, aus der Lachgas strömt. Diese kann sie sich auf das Gesicht drücken, wenn die Schmerzen zu stark werden.

Hebammen bei der Übergabe an die
Nachtschicht
Hebammen bei der Übergabe an die Nachtschicht © HA | Roland Magunia

Derweil haben die Hebamme Tanja Brockmann und die Assistenzärztin Lotta Zech alle Hände voll zu tun. In einem Zimmer warten zwei Frauen, die starke Wehen haben, auf ihre Untersuchung. In der Zwischenzeit hat Lotta Zech in der Ambulanz vier weitere Frauen untersucht, die mit Wehen zum Krankenhaus gekommen sind. Aber sie kann Entwarnung geben. Bei allen war es blinder Alarm, die Frauen konnten fürs Erste wieder nach Hause.

Im Dienstzimmer bereitet die Hebamme die Papiere für Juliane Giesa vor, dazu gehört auch das Glückwunschkärtchen mit den Unterlagen zur Anmeldung beim Standesamt.

Unterdessen wurde ein Baby in Kreißsaal 2 geboren, das zweite heute Nacht. Alles ging einfach und reibungslos.

Fynn wird noch einmal von der Kinderärztin untersucht: Alles ist in Ordnung. Dem kleinen Jungen geht es wirklich gut.

Fynn wollte nicht saugen

Es ist jetzt zehn Minuten nach drei Uhr und Zeit, die Schreibarbeiten zu erledigen. Lotta Zech tippt im Dienstzimmer Notfallberichte in den Computer. Neben ihr sitzt die Kollegin, die auf der Gynäkologie Dienst hat, und schreibt ihre Arztbriefe über Patientinnen, die bereits entlassen sind.

Gegen 3.20 Uhr bekommt Juliane Giesa eine Infusion. Der kleine Fynn ist putzmunter. Eingehüllt in eine Decke gluckst er immer noch zufrieden und lutscht heftig an seiner kleinen Faust. Die Mutter hat schon versucht, ihn zu stillen, aber das klappte noch nicht so richtig. Fynn wollte nicht saugen.

Alle Kinder bleiben auf dem Bauch der Mutter

Um 3.30 Uhr ist bei der jungen Frau, die eine Tochter erwartet, schon das Köpfchen des Babys zu sehen, mit dichten dunklen Haaren. Lotta Zech macht der Schwangeren immer wieder mit einem lächelnden Gesicht Mut, feuert sie an und wirkt sehr souverän.

Um 3.55 Uhr heißt es Abschied nehmen von Juliane Giesa und Fynn. Sie werden von Tanja Brockmann auf die Station gebracht.

Dann die dritte Geburt in dieser Nacht: Das kleine Mädchen aus Kreißsaal 5 ist da. Noch an der Nabelschnur wird es auf Mamas Bauch gelegt. „Es ist beruhigend für das Kind, wenn es den Herzschlag der Mutter hört. Alle Kinder bleiben auf dem Bauch der Mutter liegen, nur unterbrochen von den ersten Untersuchungen. Dann folgen die ersten Stillversuche“, erklärt Lotta Zech.

Wegen einer starken Blutung wird operiert

Der Vater darf die Nabelschnur durchtrennen. Während die jungen Eltern glücklich ihre Tochter betrachten, bereitet die Hebamme alles für das Baby vor. „Für die erste Geburt war das schon zügig“, sagt die Ärztin. Zunächst scheint alles gut gegangen zu sein. Doch dann treten doch noch Komplikationen auf: Bei der Untersuchung der Nachgeburt stellen die Ärztin und die Hebamme fest, dass sie nicht vollständig ausgeschieden wurde. Ein Rest ist in der Gebärmutter zurückgeblieben. Das hat zur Folge, dass sich die Gebärmutter nicht richtig zusammenziehen kann. Blutgefäße werden nicht verschlossen, es kommt zu einer Blutung bei der jungen Mutter.

Lotta Zech alarmiert den Oberarzt und den Anästhesisten. Denn jetzt müssen sie schnell handeln, um die Blutung zu stoppen. Der Vater nimmt seine kleine Tochter auf den Arm und geht mit ihr in einen Nebenraum. Ein Narkosegerät wird in den Kreißsaal geschoben. Um 4.45 Uhr nehmen Oberarzt Jaekel und Lotta Zech bei der jungen Mutter eine Ausschabung der Gebärmutter unter Vollnarkose vor und bringen so die Blutung zum Stillstand. „Dieser Eingriff hat fünf bis zehn Minuten gedauert. Die Mutter hat durch die Blutung viel Blut verloren. Sie bleibt jetzt noch im Kreißsaal und wird engmaschig überwacht“, sagt Oberarzt Jaekel.

Jetzt wird’s ernst: Oberarzt Matthias Jaekel setzt die Saugglocke an, um
die etwas schwierige Geburt zu unterstützen
Jetzt wird’s ernst: Oberarzt Matthias Jaekel setzt die Saugglocke an, um die etwas schwierige Geburt zu unterstützen © HA | Roland Magunia

Alle sind erleichtert, dass durch die schnelle Hilfe alles gut gegangen ist.

„Wenn ich solche Fälle sehe, bin ich doch froh, dass ich in einer Klinik arbeite“, sagt Tanja Brockmann. Und Lotta Zech meint: „Ich bin davon überzeugt, dass man ein Kind in einer Klinik zur Welt bringen sollte.“

Albertinen-Krankenhaus hat 2800 Geburten im Jahr

Dieser Fall zeigt, wie wichtig es ist, bei einer Geburt eine Klinik im Hintergrund zu haben, mit Ärzten, die sofort eingreifen können. Die Bilanz dieser Nacht: Drei Kinder sind im Albertinen-Krankenhaus zur Welt gekommen. Bei zwei von ihnen gab es bei der Geburt Probleme, die nicht vorhersehbar waren.

Allerdings sind solche Komplikationen selten. Im vergangenen Jahr musste bei 5,3 Prozent der Geburten eine Saugglocke eingesetzt werden. Zu einem Blutverlust von mehr als einem Liter, wie bei einer der Gebärenden in dieser Nacht, kam es 2016 nur bei 1,7 Prozent aller Geburten.

Pro Jahr ungefähr 2800 Kinder

Zurzeit werden in dem Schnelsener Krankenhaus pro Jahr ungefähr 2800 Kinder geboren. Tendenz steigend. Um dem wachsenden Bedarf gerecht zu ­werden, wird das Geburtszentrum um einen sechsten Kreißsaal erweitert. „Die Ursache dafür, dass die Zahlen steigen, ist zum einen, dass immer mehr Frauen aus dem Umland kommen, um ihre ­Kinder hier in Hamburg zur Welt zu bringen, zum anderen, dass in Hamburg immer mehr Kinder geboren werden“, sagt Jaekel.

Mittlerweile ist es sechs Uhr geworden. Während sich in dem Krankenhaus langsam der Betrieb des Tages bemerkbar macht, ist für Tanja Brockmann jetzt der Dienst zu Ende. Für Lotta Zech ist erst um 7.30 Uhr Schluss. In den Kreißsälen geht der Betrieb weiter. In den Kreißsaal 2 ist bereits die nächste Frau gebracht worden, die in den kommenden Stunden ihr Kind zur Welt bringen wird.