Hamburg. Kunden erhalten beim Wiederbefüllen zehn Cent Rabatt. Umweltbehörde arbeitet an übergreifendem System.

Schnell mal einen Cappuccino mitnehmen oder einen Latte Macchiato auf dem Weg zur Arbeit trinken: Der Coffee to go ist zu einem festen Bestandteil des Alltagslebens in deutschen Großstädten geworden. Fast ein Drittel aller Kaffeegetränke wird mittlerweile unterwegs konsumiert. Was für die Kunden praktisch ist, stellt für die Umwelt allerdings ein immer größeres Problem da. Allein in Hamburg entsteht jedes Jahr ein Müllberg von insgesamt rund 60 Millionen Einwegbechern, die die Abfalleimer der Stadt verstopfen.

Dagegen will nun einer der größten Profiteure der To-go-Kultur ein Zeichen setzen. Der Hamburger Konzern Tchibo bietet ab Montag in allen rund 500 Kaffeebars zusätzlich zum Einweg-Pappbecher auch einen Mehrwegbecher an. In der Einführungswoche soll dieser 1,50 Euro kosten, später 2,99 Euro. Wer sein Heißgetränk direkt in eines der neuen Gefäße füllen lässt, erhält zehn Cent Rabatt. Dies gilt laut Tchibo auch für jeden anderen mitgebrachten Mehrwegbecher.

Gesellschaftlicher Trend

„Coffee to go ist ein gesellschaftlicher Trend, dem wir bei Tchibo natürlich Rechnung tragen wollen“, sagt Stefan Dierks, der in dem Hamburger Konzern für den Bereich Unternehmensverantwortung zuständig ist. „Gleichzeitig machen wir uns Gedanken darüber, wie wir diese Entwicklung möglichst umweltverträglich gestalten können.“ Daher habe die Entwicklung eines eigenen Mehrwegbechers nahe gelegen. Das Tchibo-Modell besteht aus dem Kunststoff Polypropylen, soll spülmaschinengeeignet, auslauf- und bruchsicher und nach langer Einsatzdauer auch recyclingfähig sein.

Neben Tchibo bieten mehrere andere große Coffeeshopketten ebenfalls das Wiederbefüllen von mitgebrachten Bechern an. Wie ein Abendblatt-Test Ende des vergangenen Jahres ergab, erhalten Kunden bei der norddeutschen Kette Campus Suite zehn Cent Rabatt, wenn sie sich ihren Cappuccino in den eigenen Thermobecher füllen lassen. Bei der Hamburger Kette Balzac sind es 25 Cent, beim US-Konzern Starbucks sogar 30 Cent. Keiner der Wettbewerber wirbt allerdings offensiv mit diesen Angeboten.

Unabhängig von den einzelnen Initiativen wird in Hamburg an einem übergreifenden Mehrwegsystem für Kaffeebecher gestrickt. Ziel ist es, dass der sogenannte „Kehrwiederbecher“ bei allen teilnehmenden Unternehmen wieder abgegeben werden kann – vermutlich in Verbindung mit einem Pfand. An diesem System will sich Tchibo ebenfalls beteiligen, auch McDonald’s, Starbucks, Le Crobag, Dat Backhus und Backwerk sind mit im Boot. Zuletzt hat sich das Projekt unter Federführung der Umweltbehörde laut einer Tchibo-Sprecherin allerdings wegen unklarer Zuständigkeiten verzögert. Starten dürfte es Anfang 2018.

Bislang hält sich die Nutzung von Mehrwegbechern laut einer aktuellen Studie noch in engen Grenzen. Erst 17 Prozent der Menschen, die Kaffee zum Mitnehmen trinken, haben sich das Heißgetränk im Café, in der Bäckerei oder am Imbiss schon mal in einen wiederverwendbaren Becher einschenken lassen, ergab eine Umfrage des Marktforschungs- und Beratungsinstituts Yougov. Dabei finden es 82 Prozent der Coffee-to-go-Trinker richtig, wenn Unternehmen versuchen, Verpackungsmüll zu reduzieren.

Umdenken schon bei Plastiktüten

Rabatte oder Strafzahlungen erhöhen zumindest leicht die Bereitschaft, auf Mehrweg umzusteigen, wenn auch nur um einige Prozentpunkte. „Schon heute kann sich das zusätzliche Angebot von Mehrwegbechern bezahlt machen, nicht zuletzt aus Image-Sicht“, sagt Markus Braun von Yougov.

Den Mehrwegbecher gibt es
von Montag an auch in Blau
und Grün zu kaufen
Den Mehrwegbecher gibt es von Montag an auch in Blau und Grün zu kaufen © Tchibo

Bei Plastiktüten hat ein Umdenken laut Tchibo bereits stattgefunden. Seit Einführung der Kostenpflicht für Einwegtüten Anfang 2016 sei deren Nutzung um knapp 90 Prozent zurückgegangen. Diese Erfahrungen wolle man nun auf Getränke übertragen. Eine komplette Abschaffung von Einwegbechern kommt für die Hamburger aber nicht infrage. „Wir wollen niemanden bevormunden“, sagt eine Sprecherin.