Hamburg. Das Bucerius Kunst Forum widmet dem Expressionisten Max Pechstein seine erste Hamburger Einzelausstellung. Beginn 20. Mai.

Noch nie hat es in Hamburg eine Einzelausstellung des Künstlers Max Pechstein (1881–1955) gegeben. Das Bucerius Kunst Forum holt das jetzt nach: In Zusammenarbeit mit dem Berliner „Brücke“-Museum präsentiert es vom 20. Mai bis zum 3. September Pechstein als einen wichtigen deutschen Wegbereiter der Moderne.

Die Ausstellung
Eine große Retrospektive wollte die Kuratorin Katrin Baumstark nicht machen. Daher gliederte sie die rund 90 Werke umfassende Schau entlang jener Orte, die Max Pechstein inspirierten und künstlerisch entscheidend prägten.

Obwohl auch die Berliner Zeit an der Seite seiner jungen „Brücke“-Kollegen für den Künstler wichtig war, sind nur wenige Varieté-, Stadt- oder Kneipenszenen dabei. Der Schwerpunkt liegt eindeutig bei den Natur- und Landschaftsbildern und damit verbundenen Aktstudien. Davon sind in Moritzburg und Dangast, wohin es alle „Brücke“-Künstler zog, viele entstanden. See- und Strand-Szenen, Landschaften mit Fischerbooten, gemalt mit kleinerem, weichem Strich und vor allem in verwegener Farbigkeit.

Auf der Suche nach seinem Malerparadies wollte Pechstein aber weiter weg. Er reiste oft nach Nidden, dann an die ligurische Küste, später in das Südsee-Paradies Palau, aus dem leider nur ganz wenige Grafiken und ein Gemälde in der Ausstellung hängen, und dann an den Fluss Leba im damaligen Pommern. Die Bilder, die dort entstanden sind, zeigen eine klare stilistische Weiterentwicklung nach den wichtigen, aber wenigen „Brücke“-Jahren.

Die Highlights
Aus seiner „Brücke“-Zeit hat die Ausstellung wunderbare Gemälde aufzubieten, außerdem auf zwei langen Wänden einander gegenüber gehängt viele Grafiken und Zeichnungen. Das Bild „Am Seeufer“ (1910) hat in der Naturstilisierung noch Anklänge an den Jugendstil, doch die Art, wie Pechstein vertikal die kühnen Farben setzt, zeigt, dass er mit großem Schritt auf die Moderne zuging.

Max Pechstein (1881-1955): Das gelbschwarze Trikot, 1910
Max Pechstein (1881-1955): Das gelbschwarze Trikot, 1910 © 2017 Pechstein Hamburg / Tökendorf

Ein Jahr später schwelgte er bereits in dem Glück, mit seiner jungen Frau Lotte unterwegs sein zu können, die er häufig malte. Besonders schön ist das Bild „Früher Morgen“, in dem er die üppige Lotte im Schatten von Birken ruhend malte, die Haut in seidiges Schattenblau getaucht, die Haare mit einem feuerroten Schimmer versehen.

In den 1920er-Jahren gelangen Pechstein eine ganze Reihe intensiver, besonderer Bilder: Etwa die „Löwenbändigerin“ in einem roten Kleid, umgeben von den wilden Katzen mit vereinfachten Köpfen. Die roten, vom Manegensand durchbrochenen Podeste umgeben die Gestalt wie einen Strahlenkranz. 1924 reiste Pechstein nach Ligurien. Hier entstand eine fantastische Landschaft mit dramatischer Lichtführung. Die Berge malte er in Lila- und Rot-Schattierungen, der Sand ist goldgelb, das Band der Mauerkante umschlängelt die Promenade in Orange, und das Wasser schimmert matt türkis.

Im Stil der Neuen Sachlichkeit ist auch ein geheimnisvolles Knabenbildnis, das Pechsteins Sohn Frank zeigt. Sehr verschlossen sitzt er Modell. Neben ihm aufgereiht hat der Maler die Holzhäuschen, mit denen Frank gern spielte. Wer die Schau besucht, erkennt in der nebenstehenden Vitrine ebenjenes Spielzeug.

Der Künstler
Max Pechstein, 1881 in Zwickau geboren, ist einer der wichtigsten deutschen Expressionisten. Er absolvierte eine Lehre als Dekorationsmaler, studierte an der Dresdner Kunstgewerbeschule und dann an der Akademie. Als Künstler entwickelte er sich stetig weiter, er blieb auch, als er älter wurde, ein Suchender, was sich in seiner starken Reiselust spiegelte. Ein wichtiges Jahr war 1906, als Pechstein Mitglied der „Brücke“ wurde, der er sechs Jahre angehörte. Sein Talent wurde mit dem „Rom-Preis“ ausgezeichnet. Nach einem Italien-Trip zog er zur Jahreswende 1907/08, fast pleite, weiter nach Paris – eine Stadt, die für ihn wichtig wurde. Für Leinwand und Farben fehlte das Geld, er saugte aber wie ein Schwamm alles Neue auf, darunter den Stil der Fauvisten. In diesen etwa drei Monaten entstanden fast ausschließlich Zeichnungen.

 Max Pechstein: Fischerkaten (Rowe), 1932
Max Pechstein: Fischerkaten (Rowe), 1932 © Pechstein Hamburg / Tökendor

1912 verließ er die „Brücke“ – im Krach, weil er jenseits des Gruppenverbunds ausstellte. 1914 brach er mit seiner Frau in die Südsee auf. Mit Beginn des Ersten Weltkriegs gerieten sie in japanische Kriegsgefangenschaft, die Rückreise dauerte ein Jahr. Max Pechstein blieb sein Leben lang künstlerisch produktiv und starb 1955 in Westberlin.

„Max Pechstein, Künstler der Moderne“ Bucerius Kunst Forum (U Rathaus), Rathausmarkt, täglich 11 bis 19 Uhr, Eintritt 9,-/6,-.
Die Schau läuft vom 20.5. bis 3.9.