Wilhelmsburg. Hamburgs SPD ignoriert auf ihrem Parteitag die Kritik von Umweltschützern zum Wohnungsbau. Scholz verteidigt G20 in Hamburg.
Hamburgs Sozialdemokraten wollen durch serielle Lösungen den steigenden Kosten beim Bau von Wohnungen zu Leibe rücken und sich so für "bezahlbares Wohnen in der Stadt" einsetzen.
„Wir werden das Konzept des seriellen Bauens politisch fördern und Modellvorhaben umsetzen, um den Beweis anzutreten, dass kostengünstiger, hochwertiger Neubau möglich ist“, heißt es in dem einstimmig beschlossenen Leitantrag für den Parteitag, der an diesem Sonnabend in Wilhelmsburg stattfand.
Obwohl mehrere Redner betonten, man müsse beim Bau von Wohnhäusern mit den an den Standorten bereits lebenden Menschen ins Gespräch kommen und deren Interessen berücksichtigen, wurde weder im Leitantrag noch in den verschiedenen Diskussionsbeiträgen die Initiative „Hamburgs Grün erhalten“ erwähnt.
Bebauung weiterer Grünflächen verhindern
Umweltschützer wollen die Bebauung weiterer Grünflächen verhindern. Die vom Naturschutzbund Deutschland (Nabu) unterstützte Bewegung will parallel zur Bürgerschaftswahl 2020 einen Volksentscheid gegen die weitere Bebauung von städtischen Grünflächen mit Wohnungen starten. Ziel der Umweltschützer ist es, das städtische Grün nach Fläche, Volumen und Naturwert mindestens zu erhalten.
Es sollen also keine Naturflächen mehr bebaut werden dürfen, es sei denn, an anderer Stelle entsteht im gleichen Umfang neues Grün durch Renaturierung. Weder SPD-Landeschef und Bürgermeister Olaf Scholz noch die für den Wohnungsbau zuständige Stadtentwicklungssenatorin Dorothee Stapelfeldt gingen jedoch auf die Kritik der Umweltschützer ein.
Debatte um Austragung des G20-Gipfels in Hamburg
Beim zweiten großen Thema verteidigte Bürgermeister Olaf Scholz in seiner Rede die Austragung des G20-Gipfels Anfang Juli in Hamburg. Es sei richtig, dass die Regierungschefs miteinander reden – auch weil nicht überall in der Welt die demokratischen Prinzipien in der Politik und Wirtschaft eine Rolle spielen würden. Es sei eine Ehre für Hamburg, dass der Gipfel hier stattfinden werde. Im Übrigen: „Wir sind eine demokratische Gesellschaft und wir sind dran.“ Ein Ausweichen in bevölkerungsarme Regionen wie beispielsweise die Lüneburger Heide oder Helgoland sei nicht möglich. So könnten Zehntausende Teilnehmer den Gipfel besuchen. „Das kann nur in den Großstädten stattfinden.“
Scholz: Protest gegen den Gipfel ist in Ordnung
Scholz verteidigte ausdrücklich, dass Protest gegen den Gipfel in Ordnung sei. Alle Meinungen müssten geäußert werden. „Es geht allerdings um friedliche Versammlungen und um nichts anderes. Wir werden dafür sorgen, dass es so bleibt.“
Widerspruch erntete Scholz von Golnar Sepehrnia aus dem Kreisverband Eimsbüttel. Der G20-Gipfel sei nicht die richtige Form, in der Menschen miteinander sprechen sollen. Besser wäre eine UNO-Friedenskonferenz in Hamburg gewesen. Die G20 seien hingegen für Kriege verantwortlich, für eine desaströse Finanzpolitik und den Abbau von demokratischen Rechten in den Ländern.
In einer mit großer Mehrheit verabschiedeten Resolution bezog der Parteitag allerdings eine andere Position. „Die Rolle der G20 als ‚Verantwortungsgemeinschaft‘ soll unter dem deutschen Vorsitz wieder gestärkt werden und Brücken der Zusammenarbeit erhalten und ausgebaut werden.“ Sepehrnia forderte zudem, allerdings vergeblich, dass die Stadt die Voraussetzungen für Demo-Camps schaffen soll. Damit nahm sie Bezug auf Pläne von linken Gipfelgegnern, im Stadtpark ein Camp für bis zu 10.000 Menschen zu errichten. Die Polizei und Innenbehörde lehnen das Camp als Rückzugsort für gewaltbereite Demonstranten ab.
Parteitag lehnt Stopp von Abschiebungen nach Afghanistan ab
Der Parteitag lehnte mehrheitlich einen beantragten sofortigen Stopp von Abschiebungen von Flüchtlingen nach Afghanistan ab. Ein entsprechender Antrag wurde umformuliert. Parteichef Scholz verwies in der Diskussion darauf, dass Hamburg die Flüchtlingskrise „sehr gut gestemmt“ habe. Ende dieses Jahres werde Hamburg das erste Bundesland sein, das richtige Flüchtlingswohnungen anbieten könne. Allerdings müsse sich Hilfe für Flüchtlinge auf jene konzentrieren, die wirklich Fluchtgründe hätten. Das dauere seine Zeit. Zudem sei der Weg vor Gericht offen. Man könne einigermaßen sicher sein, „dass es Einzelfallgerechtigkeit“ gebe, sagte Scholz.
Die Zustimmung unter den Bürgern für die Aufnahme für Flüchtlinge hänge auch davon ab, dass die Hilfe sich auf jene beziehe, die wirklich Hilfe benötigten. SPD-Fraktionschef Andreas Dressel verwies auf die Rechtslage und auf das System der Einzelfallprüfung. Im Eingabenausschuss und in der Härtefallkommission werde jeder einzelne Fall genau untersucht und verantwortungsvoll entschieden.
Befürworter eines Stopps von Abschiebungen nach Afghanistan hatten zuvor darauf verwiesen, dass die UN-Flüchtlingsorganisation UNHCR den Zustand in Afghanistan für unhaltbar halte und Abschiebungen ablehne.
Wohnungsbau ist Schwerpunkt der Parteitages
Der Wohnungsbau war Schwerpunkt des Landesparteitags. Der achtseitige Leitantrag des Landesvorstands trägt die Handschrift von Bürgermeister Olaf Scholz. Dessen Motto lautet: „Hamburg muss den Ehrgeiz haben, die große europäische Metropole zu sein, die wächst und in der das Leben dennoch bezahlbar bleibt“. Das ist eine Formulierung, die Scholz oft verwendet. Der Leitantrag bekennt sich – wenig überraschend – zum Wohnungsbauprogramm des rot-grünen Senats. SPD und Grüne haben vereinbart, jährlich den Bau von rund 10.000 Wohnungen zu genehmigen. Davon werden 3000 Sozialwohnungen sein. Zudem soll auch das Baurecht verändert werden, um die Baukosten zu senken.