Hamburg. Der Grünen-Chef verteidigt beim Gespräch mit dem Hamburger Abendblatt die Maßnahmen gegen die hohe Luftbelastung.

Der Bundesvorsitzende der Grünen, Cem Özdemir, sieht die Verantwortung für Diesel-Fahrverbote, wie sie jetzt vom Senat für Hamburg angekündigt wurden, vor allem bei der Automobilindustrie: „Millionen Kunden haben Dieselfahrzeuge im guten Glauben an ein sparsames und sauberes Fahrzeug gekauft und müssen nun feststellen, dass sie getäuscht wurden“, sagte Özdemir bei einem Besuch in der Redaktion des Abendblatts. Dafür müssten die Autohersteller haften und eine Umrüstung finanzieren: „Wenn sie das nicht tun, wird ein Gericht nach dem anderen vorschreiben, wo diese Fahrzeuge nicht mehr fahren dürfen.“

Özdemir, der neben Katrin Göring-Eckardt auch Spitzenkandidat für die Bundestagswahl ist, verwies auf das Beispiel seiner Heimat: „Am Neckartor in Stuttgart, das zu meinem Wahlkreis gehört, haben wir die höchste Luftbelastung in ganz Deutschland, und da hat uns das Gericht die Pistole auf die Brust gesetzt und angeordnet, dass Maßnahmen dagegen ergriffen werden müssen.“

Leitartikel: Aus für den Diesel?

Stuttgart war im Februar die erste deutsche Großstadt, die eine Fahrverbotszone für Dieselfahrzeuge beschlossen hatte. Da auch Hamburg unter zu hoher Luftbelastung leidet und bereits von einem Gericht dazu verdonnert worden war, Gegenmaßnahmen zu ergreifen, hatte Umweltsenator Jens Kerstan (Grüne) am Dienstag einen Luftreinhalteplan vorgelegt. Er sieht unter anderem Durchfahrtsverbote an Teilen der Max-Brauer-Allee und der Stresemannstraße vor, und zwar für Diesel-Pkw, die nicht die Abgasnorm Euro 6 erfüllen, und für Lkw, die Euro VI unterschreiten.

Verantwortung nicht auf Kommunen abschieben

Dass Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) solche Fahrverbote zuvor ausgeschlossen hatte, sieht Özdemir kritisch: „In Deutschland herrscht Gewalten­teilung. Kein Politiker kann den Gerichten vorschreiben, welche Auflagen sie nicht machen dürfen.“

Gleichzeitig betonte der Grünen-Chef, dass er selbst kein Anhänger der Fahrverbote sei: „Wir Grüne würden sie gern vermeiden.“ Doch dazu müsse die Bundesregierung aufhören, die Verantwortung für die Gesundheit der Menschen allein auf die Kommunen abzuschieben, so Özdemir: „Wenn das so weitergeht, brauchen wir bald für eine Fahrt von Hamburg nach Stuttgart ein dickes Handbuch, wo man fahren darf und wo nicht. Das wäre absurd.“

Senator Kerstan zur Luftreinhaltung:

Senator Kerstan: Luftreinhaltung in Hamburg beginnt im Hafen

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