St. Pauli. Erstmals macht die Waldsport-Elite in Hamburg Station. Auf dem Spielbudenplatz zerlegte sie schon mal ein paar Stämme. Ein Ortstermin.

10 Uhr, Reeperbahn: Als die Eltern vom Kiez gerade ihre morgendliche Runde drehen und ihre Kleinkinder über die Meile schieben, durchbricht lautes Geknatter die relative Eltern-Kind-Idylle. Ein kurzes Aufjaulen eines Motors, dann wieder Ruhe. Gleich soll hier die Hölle losbrechen.

Ein paar Meter weiter hat eine Kettensäge allerdings Ladehemmung. Ausgerechnet jetzt, da die Vorstellung auf der Reeperbahn beginnen soll. 30 Eingeweihte warten auf das öffentlichkeitswirksame Kreischen des Waldarbeitergeräts. Kurz wirkt Kirsten Krause, Hamburgs beste Kettensägerin, ratlos. Doch dann kommt Rat, und zwar in Gestalt eines muskulösen Kanadiers.

Nischensport ist etwas Neues für Hamburg

Name: Stirling Hart. Statur: wie ein Baum. Spezialgebiet: Motorsägen zum Laufen bringen. Er gehört zu den besten Timbersportlern der Welt, schnappt sich das Gerät, zieht einmal am Anlasser. Läuft. In kanadischen Wäldern gelernt ist eben in kanadischen Wäldern gelernt. Das Schausägen auf dem Kiez kann beginnen. Timbersport trifft Hafen, ein Nischensport macht Station in Hamburg.

Kirsten Krause an der Motorsäge. Foto:Roland Magunia
Kirsten Krause an der Motorsäge. Foto:Roland Magunia © Roland Magunia | Roland Magunia

In zwei Wochen will ein bekannter Motorsägenhersteller das erste Mal seine hochklassige und durchaus spektakuläre internationale Wettkampfserie in Hamburg veranstalten. Nicht grundlos ist auch Sportstaatsrat Christoph Holstein (SPD) vor Ort. Er kenne Timbersport bisher zwar nur als Konsument aus dem Fernsehen. Für Hamburg sei die Premiere aber „etwas Besonderes, weil es was Neues ist“, sagt er.

Wer die Schutzausrüstung nicht trägt, wird disqualifiziert

Acht Athleten aus acht Nationen werden am 20. Mai in vier Disziplinen im Cruise Center Altona gegeneinander antreten, mit Äxten und Sägen jede Menge Holz zerkleinern. Das heutige Schauhacken auf der Reeperbahn soll Appetit machen auf die sogenannte Champions Trophy, eine Art Weltmeisterschaftserie für Waldarbeiter.

Schon zehn Minuten nach dem Kettensägeneinsatz auf dem Kiez muss ein beachtlicher Berg Pappelspäne von der Bühne gefegt werden. Die Kinderwagen-Eltern sind trotz des Lärms stehen geblieben. Sie haben gesehen, wie Kirsten Krause mit motorisierter Hilfe zwei Baumscheiben, sogenannte Cookies, vom Stamm gesäbelt und der Kanadier Stirling Hart mit Urgewalt und Wettkampfaxt mehrere Stümpfe fachgerecht zerlegt hat. Krause ist deutsche Vizemeisterin im Holzhacken, Hart zweifacher kanadischer Meister und Vierter der Weltmeisterschaft. Beide arbeiten mit beeindruckender Präzision. Später wird Hart in 1,23 Minuten vier Disziplinen hintereinander absolvieren. „Ich trete in Hamburg an, um Gold zu holen“, sagt er.

Angeblich ist Sportholzhacken in Tasmanien erfunden worden

Was auf den ersten Blick zwar actionreich, aber simpel erscheint, folgt jeder Menge Regeln und ist nur in Spezialausrüstung zulässig. Schutzbrille, Kettensocken und Ohrenschützer sind zwingend vorgeschrieben. Wer ein Teil vergisst, wird disqualifiziert. „Sicherheit geht über alles“, sagt Kirsten Krause, Hamburgs Spitzenwaldsportlerin. Ansonsten ist Schnelligkeit und Genauigkeit alles.

Ein Staatsrat am Absägen: Christoph Holstein versucht sich an der Handzugsäge. Foto:Roland Magunia
Ein Staatsrat am Absägen: Christoph Holstein versucht sich an der Handzugsäge. Foto:Roland Magunia © Roland Magunia | Roland Magunia

Kraft, Ausdauer und Balance seien Qualitäten, die Timbersportler mitbringen sollten. Die Sportholzfällertradition reicht angeblich bis ins Jahr 1870, als zwei Tasmanier um die Wette hackten. Seit 1985 gibt es den jungen Waldsport als Wettkampfserie in Übersee, in Europa fanden vor 16 Jahren die ersten Wettbewerbe statt. Über allem wacht auch beim Holzhacken ein Schiedsrichter. Mit Trillerpfeife.

Ein Schiedsrichter Pfeift jede Übung an

„Hände ans Holz“, sagt der eigens engagierte Referee. Auf der Reeperbahn darf nun Staatsrat Christoph Holstein mit der gewaltigen Zugsäge arbeiten. Mühsam und „etwas verkrampft“, wie Kirsten Krause feststellt, hobelt sich Holstein durch das extra für die Wettkämpfe gezüchtete Pappelholz. Der entschlossene Gesichtsausdruck ist aber nicht nur Folklore. Nach einigem Hin und Her fällt auch beim Staatsrat die Holzscheibe. Ein begehrtes Fan-Utensil, wie alle Zuschauer erfahren. „Kommt bei mir an die Wand“, sagt Holstein. „Da ist noch Platz.“

Professionell betreiben weltweit etwa 2000 Athleten den Sport. Acht von ihnen kreuzen beim Saisonauftakt in Hamburg ihre Äxte. Dabei kommen wohl nicht nur die Zuschauer im Cruise Center auf ihre Kosten. Das Holz, das während der Wettkämpfe übrig bleibt, wird an den Bauspielplatz der Villa Kunterbunt in Steilshoop gespendet.

Wo wird gehackt und wer ist dabei?

Die Champions Trophy im Timbersport gastiert zum ersten Mal in Hamburg. Der Show-Wettkampf am 20 Mai findet von 20 Uhr (Einlass: 18 Uhr) im Cruise Center Altona (Van-der-Smissen-Straße 5) statt. Eine Karte kostet 15 Euro.

Bei der Königsklasse des Sportholzfällens treten acht Athleten jeweils im Zweikampf in vier aufeinanderfolgenden Disziplinen am Stück gegeneinander an. Laut Veranstalter garantiert das Spannung.

In Hamburg misst sich die internationale Elite, unter anderem sind Weltmeister Jason Wynyard (Neuseeland) und der deutsche Meister Dirk Braun dabei.

Mehr Infos: www.stihl-timbersports.de