Hamburg. Politik, City Management und Bezirksamtschef sorgen sich um die Sicherheit. Sozialbehörde will alternative Unterkünfte organisieren.

Hunderttausende Demonstranten werden rund um den G20-Gipfel am 7. und 8 Juli in Hamburg erwartet. Vor allem in der Innenstadt könnte es zu Ausschreitungen während des Treffens der Staats- und Regierungschef kommen. Ein massives Polizeiaufgebot – von 15.000 Einsatzkräften ist die Rede – soll die Hansestadt und vor allem die City sichern.

Aber zunächst einmal teilen Politik, Sozialbehörde, City Management Hamburg und Mittes Bezirksamtsleiter Falko Droßmann (SPD) die Auffassung, dass die Obdachlosen zu ihrem eigenen Schutz die Innenstadt während des G20-Gipfels verlassen sollten: „Die Obdachlosen sollten während des G20-Gipfels die Innenstadt und auch St. Pauli sowie die Sicherheitszonen in ihrem eigenen Interesse meiden. Es wird viele Kontrollen geben, denn die Sicherheit des Gipfels muss unbedingt gewährleistet sein und dann müssen gegebenenfalls auch Obdachlose mit Platzverweisen rechnen“, sagte Bezirksamtschef Droßmann dem Abendblatt und appellierte an den „gesunden Menschenverstand. Es wird nicht möglich sein, den gewohnten Schlafplatz in der Umgebung von besonders geschützten Hotels zu nutzen. Auch Gegenstände wie Rucksäcke oder Schlafsäcke können während des Gipfels nicht einfach wie gewohnt in der City gelagert werden.“

Bezirksamtschef Droßmann ist besonders wichtig: „Wir wollen keinen vertreiben aus der Innenstadt. Wir wollen aber auch nicht, dass sich zum Beispiel stark alkoholisierte Obdachlose im Gefangenensammellager zusammen mit gewaltbereiten Demonstranten wiederfinden.“

Die CDU fordert Unterkünfte für die Obdachlosen

CDU-Innenexperte Dennis Gladiator sieht das ähnlich: „Die Obdachlosen sollten sich während des G20-Gipfels zu ihrer eigenen Sicherheit nicht in der Innenstadt aufhalten. Es ist zu erwarten, dass es zu Ausschreitungen kommt und dann können die Obdachlosen schnell zwischen die Fronten geraten.“

Der Christdemokrat forderte auch: „Natürlich sollen die Wohnungslosen nicht sich selber überlassen werden, sondern die Sozialbehörde muss Unterkünfte zur Verfügung stellen, die dann auch am Tag geöffnet haben und mit den öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar sind.“

„Hinz & Kunzt“ plädiert für Ausweichflächen

Auch das City Management Hamburg, das die Interessen von 850 Unternehmen vertritt, teilt diese Forderung: „Die Stadt sollte anlässlich des G20-Gipfels für die Obdachlosen unbürokratisch Unterkünfte außerhalb der Innenstadt zur Verfügung stellen. Aufgrund der Sicherheitsbereiche und zu erwartenden Demonstrationen, wird es nur schwer möglich sein, dass die Obdachlosen ihre Schlafplätze nutzen und vor allem auch ihr Hab und Gut lagern können“, sagte Citymanagerin Brigitte Engler dem Abendblatt. Es müsste doch möglich sein ähnlich wie beim Winternotprogramm entsprechende Übernachtungsmöglichkeiten anzubieten und die Räume auch tagsüber zugänglich zu machen, so Engler weiter.

Handlungsbedarf sieht auch Stephan Karrenbauer, Sozialarbeiter vom Straßenmagazin „Hinz&Kunzt“: „Wir brauchen eine Fläche, auf der die Obdachlosen sich während des G20-Gipfels sicher aufhalten können. Die Stadt könnte dafür zum Beispiel auf Campingplätzen Kontingente anmieten. Wichtig ist aber auch, dass das nicht zwei Wochen vor dem Gipfel passiert, sondern dass Menschen auf der Straße zeitnah informiert werden über die Möglichkeiten einer alternativen Unterbringung.“ Es sei natürlich nicht schön, wenn die Obdachlosen aus der Innenstadt vertrieben würden zum G20-Gipfel, aber aus Sicherheitsaspekten nachvollziehbar, so Karrenbauer weiter.

Sozialbehörde will sich mit Sozialarbeitern austauschen

Allerdings gab Johan Graßhoff, Straßensozialarbeiter der Diakonie Hamburg, zu Bedenken: „Die Innenstadt ist für viele Obdachlose ihr Lebensmittelpunkt. Deshalb dürfte es nicht einfach sein, die Menschen davon zu überzeugen, sich hier für eine längere Zeit nicht mehr aufzuhalten.“ Zudem seien manche Wohnungslose schlichtweg physisch oder psychisch nicht in der Verfassung, die City zu verlassen.

Unterdessen kündigte die Sozialbehörde auf Abendblatt-Anfrage an: „Wir beschäftigen uns damit, wie wir diejenigen informieren können, die in Sicherheitszonen Platte machen. Für sie wollen wir eine alternative Übernachtung anbieten, im Idealfall mit sozialer Beratung, um einen Ausweg aus der Obdachlosigkeit aufzeigen zu können“, sagte Sprecher Marcel Schweitzer.

Bis zum Juni soll ein Konzept stehen

Im Juni soll es ein Konzept dazu geben. Schweitzer ist wichtig: „Wir wollen zuvor nochmal die Expertise der Straßensozialarbeiter einholen.“

Nach vorsichtigen Schätzungen leben rund 2000 Menschen in Hamburg ohne festen Wohnsitz. Wie viele davon in der Innenstadt übernachten? Dazu gebe es keine belastbaren Zahlen, dass variiere auch je nach Jahreszeit, sagte Johan Graßhoff von der Diakonie Hamburg.