Hamburg. Frachter für mehr als 20.000 Container wird Mitte Mai in Hamburg erwartet. Das Problem: Die Köhlbrandbrücke ist zu niedrig.

Am Abend des 15. Mai wird das Containerschiff „MOL Triumph“ in den Hamburger Hafen einlaufen, es wird ein bedeutendes Ereignis. Zum einen ist der Frachter, der Ende März von der südkoreanischen Werft Samsung Heavy Industries an die japanische Reederei Mitsui O.S.K. Lines (MOL) ausgeliefert worden ist, auf seiner Jungfernreise. Zum anderen wird die „MOL Triumph“ nicht wie für Schiffe dieser Reederei üblich den Containerterminal Altenwerder anlaufen, es muss zum Burchardkai ausweichen. Der Grund: Das Schiff ist schlichtweg zu groß, um unter der Köhlbrandbrücke hindurchzufahren.

400 Meter lang, knapp 59 Meter breit und mit einer Ladekapazität von mehr als 20.170 Standardcontainern (TEU) ist die „MOL Triumph“ das größte Containerschiff, das der Hamburger Hafen bisher gesehen hat.

Rasanz bei der Größenentwicklung

Bis vor wenigen Tagen war es auch das weltweit erste Schiff, das mehr als 20.000 Stahlboxen transportieren kann. Doch inzwischen hat die südkoreanische Werft Daewoo Shipbuilding die „Madrid Maersk“ mit einer Tragfähigkeit von 20.568 TEU an die dänische Großreederei Maersk ausgeliefert. Aber auch diese wird ihren Spitzenplatz nicht lange halten. Schon in wenigen Wochen wird die Orient Overseas Container
Line (OOCL) in Hongkong die „OOCL Hong Kong“ in ihre Flotte aufnehmen. Und die kann 21.100 TEU fassen.

Die Rasanz dieser Größenentwicklung unterstreicht das Dilemma, in dem Hamburg steckt. Neben den Höheneinschränkungen durch die Köhlbrandbrücke gibt es auch Tiefgangbeschränkungen auf der 100 Kilometer langen Revierfahrt die Elbe hinauf. Dabei sollte die seit Langem geplante Elbvertiefung längst abgeschlossen sein. Wann sie beginnt, ist aufgrund neuer rechtlicher Hürden immer noch offen.

Jetzt zeigt sich, dass die Nacharbeiten an der Planung, die das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 9. Februar fordert, für die Hafenwirtschaft ein Schlag ins Kontor sind. Denn der Größenwettlauf auf den Meeren geht weiter. „Der Trend zu außergewöhnlich großen Containerschiffen setzt sich fort“, sagt Thomas Wybierek, Schifffahrtsanalyst der Nord LB. „In diesem Jahr werden weitere 21 Frachter in der Größenordnung 18.000plus in Fahrt gehen. Im kommenden Jahr sind es 26.“

Nicht alle davon werden nach Hamburg kommen. Doch die Hansestadt kann sich vom Größenwettlauf nicht abkoppeln. „Im vergangenen Jahr ist die Zahl der Anläufe von Schiffen, die mehr als 14.000 TEU tragen, gegenüber 2015 um 60 Prozent gewachsen“, heißt es aus der Marketingorganisation Hafen Hamburg. Zugleich sei die Zahl der Schiffe mit weniger als 14.000 TEU Kapazität um 10,3 Prozent zurückgegangen.

Zahl der Riesenfrachter steigt

„Auch wenn die Sinnhaftigkeit der Mega-Schiffe infrage steht, muss konstatiert werden, dass sie binnen kürzester Zeit die Arbeitspferde in dem für Hamburg so wichtigen Fernostverkehr geworden sind“, sagt der Hamburger Seeverkehrswissenschaftler Ulrich Malchow. „Genauso wenig wie sich einzelne Airlines weigern können, übergewichtige Passagiere zu befördern, kann der Hamburger Hafen die unselige Fettleibigkeit bei den Containerschiffen ignorieren“, sagt Malchow.

Und so haben die Containerterminals viel Geld investiert, um die großen Schiffe abfertigen zu können. Die HHLA hat dreistellige Millionenbeträge in den Ausbau der Terminals Burchardkai und Tollerort investiert und Containerbrücken angeschafft, die die hohen Stahl­boxenstapel an Deck überspannen. Und da künftig bei einem Anlauf so viel Schiffsladung ankommt, wie früher bei zwei, wurden auch die Kapazitäten zum Abtransport ausgebaut. Ähnliches gilt für den Containerterminal Eurogate.

Containerbahnhof hochgerüstet

In Altenwerder hat die HHLA für sehr viel Geld den Containerbahnhof hochgerüstet. Doch dort werden die Mega-Frachter auf absehbare Zeit nicht hinfahren. Malchow sagt es so: „Mit dem Erstanlauf der ,MOL Triumph‘ wird jetzt evident, dass das Größenwachstum der Schiffe ausgerechnet einen der modernsten und effizientesten Terminals der Welt droht, trocken laufen zu lassen.“