Hamburg. SPD und Grüne wollen Zahl der Studierenden in Harburg auf 10.000 steigern und dazu den Zuschuss der Stadt um 30 Prozent erhöhen.
Die Technische Universität Hamburg (TUHH) soll weiter wachsen, und die Stadt wird alles dafür tun, sie dabei zu unterstützen. Das beschloss die Hamburger Bürgerschaft mit einem Antrag der rot-grünen Regierungskoalition. „Die Technische Universität ist eine absolute Perle der Hamburger Wissenschafts- und Forschungslandschaft. Wir sind zu der Überzeugung gekommen, dass diese Perle noch erheblich wachsen sollte“, sagte der Fraktionsvorsitzende der SPD, Andreas Dressel in einem Pressegespräch zum Wachstumsbeschluss.
Innerhalb der kommenden zehn Jahre könnte nach Ansicht der Politiker die Zahl der Studierenden von gut 7600 im Jahr 2016 auf 10.000 steigen. Der TU-Präsident Garabed Antranikian ist da etwas vorsichtiger: „Was die Zielzahl der Studierenden angeht, würde ich noch abwarten wollen. Zunächst muss das Verhältnis der Professoren zu Studierenden besser werden.“ Gemäß den auf der TU-Webseite veröffentlichten Kennzahlen kommen derzeit auf jeden Professor etwa 80 Studenten – im Durchschnitt der Hamburger Hochschulen sind es knapp 60.
26 Prozent der Studierenden sind weiblich
Dennoch hat die TUHH gerade bei der Lehre in jüngster Zeit besonders gepunktet, sie belege Rang eins unter den deutschen Technischen Universitäten, so Antranikian. Grund sei eine „total neue Lehre“: „Wir setzen auf projekt-basiertes Lernen und nicht auf Frontal-Vorlesungen. Bei uns forschen und entwickeln die Studierenden gemeinsam – das dabei erworbene Wissen wird nicht wieder vergessen.“
Die TU Hamburg bilde „Zukunftsingenieure“ aus: technische Experten, die gleichzeitig teamfähig seien und soziale Kompetenzen haben, sagt Antranikian. Die großen Herausforderungen der Zukunft, etwa im Bereich Energie oder angesichts einer stetig wachsenden Menschheit seien nur mit kommunikativen Ingenieuren zu bewältigen, die es verstehen, ihre Lösungen der Wirtschaft und Gesellschaft zu vermitteln.
Zusätzliches Geld und Räumlichkeiten
Anjes Tjarks, Fraktionschef der Grünen, ist „besonders angetan vom Konzept des kommunikativen Ingenieurs“. Er verweist auf das starke Größengefälle in Hamburg zwischen der Universität mit gut 42.000 Studierenden und der relativ kleinen Technischen Universität. Dies sei in Berlin und München ganz anders, so Tjarks.
Um wachsen zu können, braucht es zusätzliches Geld und Räumlichkeiten. Ersteres werde die Stadt zur Verfügung stellen, kündigte Dressel an. Er stellte in Aussicht, dass die Grundfinanzierung von heute knapp 70 Millionen Euro über die nächsten Jahre schrittweise um 25 bis 30 Prozent erhöht werden könnte. Dressel: „Unser Antrag ist als verbindliches Ziel zu verstehen, als Arbeitsgrundlage zur Erstellung eines Wachstumskonzepts. Der nächste Haushalt wird der erste Lackmustest für die Verbindlichkeit, mit der die Stadt die TUHH in ihrem Wachstum unterstützt.
Was das Konzept angeht, hat die TU bereits vorgearbeitet – „wir können innerhalb weniger Monate liefern“, kündigte Antranikian an. Auch bei den Räumlichkeiten gibt es mehrere konkrete Ansätze. Zum einen besitzt die Stadt Flächen im Binnenhafen, die neu bebaut werden könnten. Im Rahmen der „Dekade der Wissenschaft“, die Rot-Grün im September 2016 ausgerufen hat, stehen derzeit eine Milliarde Euro für Bauprojekte im Hochschulbereich zur Verfügung. Darin ist die TUHH jedoch nicht vertreten. Zudem dauern Neubauten in Eigenregie deutlich länger als Projekte von privaten Investoren. Und da entwickelt sich in Nachbarschaft der TU gerade ein Vorzeigestück: der Hamburg Innovation Port.
Investor und Unternehmenschef Arne Weber will einen Forschungs- und Innovationspark im Harburger Binnenhafen errichten, der Unternehmen, Start-Ups und Institute anziehen soll. Er könnte Räumlichkeiten anbieten, die für die Belange der TUHH maßgeschneidert werden. Sie könnte sich dort einmieten – und das voraussichtlich schon im kommenden Jahr.
Erster Bauabschnitt noch in diesem Jahr
Noch in diesem Jahr will Weber den ersten Bauabschnitt beginnen, der wohl schon 2018 insgesamt 8000 Quadratmeter Büro- und Forschungsflächen bieten wird. Antranikian würde dort am liebsten sofort einziehen, appelliert mit Blick auf andere technische Ideenschmieden an die Politik: „Wir müssen schnell sein, der Zeitfaktor spielt eine große Rolle. Es gewinnt derjenige, der schnell handelt.“
Die Politik, Verwaltung und Universität werden nun gemeinsam eine Wachstumsstrategie erarbeiten, sagte Sven Tode, wissenschaftspolitischer Sprecher der SPD. Dabei sind die in den vergangenen Jahren herausgearbeiteten drei Themenschwerpunkte gesetzt: Erneuerbare Energien, Medizintechnik sowie Luftfahrt/Logistik/Schifffahrt. „Man sieht, dass hier Gutes für die Menschen entsteht. Deshalb ist es richtig, hier Geld der Steuerzahler zu investieren“, sagt René Gögge, wissenschaftspolitischer Sprecher der Grünen.
Antranikian hat für ein Jahr verlängert
Eigentlich sollte Garabed Antranikian bereits zum 1. April sein Präsidentenamt an einen Nachfolger übergeben. Dass der kurzfristig sein Amt nicht antrat, könnte sich jetzt als Glücksfall erweisen. „Wir schätzen Herrn Antranikian sehr und freuen uns, mit ihm das Wachstumskonzept zu erarbeiten“, sagte Dressel. Antranikian hat für ein Jahr verlängert und erwiderte: „Ich träume davon, dass bis April 2018 der erste Fahrplan zur Erweiterung der TUHH steht.“