Hamburg. Das Unternehmen erhält sechs Bestellungen im ersten Quartal, bei Konkurrent Boeing sind es hingegen 198.

Der Blick auf die Statistik mit den Neuaufträgen bei Airbuskönnte zur Zeit Nervosität auslösen. Im ersten Quartal holte der europäische Flugzeugbauer netto lediglich Bestellungen über sechs Jets herein, meldete der Konzern am Donnerstag bei der Bekanntgabe der Quartalszahlen. Steht Airbus vor einer Auftragsflaute?

„Die Fluglinien haben sich in den vergangenen Jahren reichlich eingedeckt, der Bestellungsboom geht zu Ende“, sagt der Hamburger Luftfahrtexperte Heinrich Großbongardt. Airbus drohe nun eine Durststrecke von zwei bis drei Jahren, in denen die Zahl der Auslieferungen höher liegen könne als die der Neuaufträge.

Book-to-Bill-Rate als Gradmesser

Die sogenannte Book-to-Bill-Rate gilt in der Branche gemeinhin als Gradmesser, ob ein Unternehmen über eine funktionierende Modellpalette verfügt. Auch wenn diese in den nächsten 24 bis 36 Monaten unter eins liegen sollte, sieht Großbongardt keinen Grund zur Sorge: „Wir sind verwöhnt gewesen, was den Ordereingang anbetrifft. Die Produktionslinien bei Airbus sind auf Jahre gut gefüllt, der Auftragsbestand ist sehr solide.“

Zwischen 914 und 1796 Maschinen wurden seit 2011 bei Airbus pro Jahr gekauft. Jetzt muss der riesige Berg an Aufträgen abgearbeitet werden. Entsprechend gab sich auch Airbus-Vorstandschef Tom Enders gelassen. Er sprach von einem erwarteten geringen Auftragseingang im ersten Quartal und verwies auf „unser gut gefülltes Auftragsbuch mit mehr als 6700 Bestellungen für Zivilflugzeuge“.

Produktionshochlauf drückt auf Gewinn

Der Konzern fährt die Raten für die Produktion hoch. Für die A320-Familie, mit 5547 Maschinen im Auftragsbuch der Verkaufsschlager, soll binnen etwa vier Jahren die Fertigung von 42 Maschinen im Monat auf 60 Maschinen bis 2019 hochgefahren werden.

Das Werk auf Finkenwerder erhält eine vierte Endmontagelinie, die im Sommer in Betrieb gehen soll. Die Kosten für den Hochlauf drückten allerdings auf den bereinigten Gewinn. Im ersten Quartal verdiente das Unternehmen mit 240 Millionen Euro nur knapp die Hälfte des Vorjahresvergleichszeitraums. Das Konzernergebnis stieg hingegen durch den Verkauf des Verteidigungselektronik-Geschäfts auf 608 Millionen Euro. Der Umsatz kletterte um sieben Prozent auf 13 Milliarden Euro.

Boeing profitiert

Von den vollen Auftragsbüchern bei Airbus profitiert übrigens auch der Erzrivale. Weil die Airlines viele Jahre auf die Airbus-Jets warten müssen, bestellen sie zum Teil beim Konkurrenten aus den USA. Boeing holte im ersten Quartal Aufträge über 198 Maschinen herein. „Boeing holt mit der 737MAX auf“, sagt Großbongardt.

Die modernisierte Version des Kurz- und Mittelstreckenjets konkurriert mit der A320neo-Familie, verfügt ebenfalls über rund 15 Prozent Treibstoff sparende Triebwerke und steht vor der Erstauslieferung. „Boeing ist einfach lieferfähig.“