Hamburg. Bei einer Stadtrundfahrt hat der HSV-Stadionsprecher sein neues Album in Hamburg vorgestellt – mit erstaunlich wenig Fußball-Songs.

Die Polstersitze des roten Doppeldeckerbusses fangen an zu vibrieren, als der Fahrer den Motor anschmeißt. „Moin! Schön, dass ihr da seid“, brüllt Lotto King Karl durch ein Mikrofon. Seine Stimme schallt durch die Lautsprecher. Im Hintergrund dudeln leise die Songs seines neuen Albums „360 Grad“, das am 12. Mai erscheinen wird. Um es vorzustellen, hat der 50 Jahre alte Hamburger am Montagvormittag zu einer Stadtrundfahrt durch seine Heimat eingeladen.

„Hier auf der Moorweide haben wir früher immer Fußball gespielt“, erzählt Lotto und zeigt auf die Wiese hinter dem Dammtor-Bahnhof. „Hier habe ich einige schlimme, aber auch lustige Unfälle erlebt“, sagt er. Es ist der Anfang einer Fahrt durch seine Vergangenheit. Quasi zu jedem noch so winzigen Fleck der Stadt hat der Musiker eine Anekdote parat.

Sechs lange Jahre hat Lotto, der mit bürgerlichem Namen Gerrit Heesemann heißt, an seinem Album gearbeitet. „Kreativität funktioniert bei mir nicht unter Druck“, sagt er, „ich muss von dem überzeugt sein, was wir machen, ich kann die Muse nicht zwingen mich zu küssen.“ Und da dies nicht jeden Tag passieren würde, könnten Arbeiten an einem Album schon mal einige Jahre dauern.

Hermann Rieger und Manuel Neuer – beide sind drauf

Der Bus fährt über die Rothenbaumchaussee zur Reeperbahn. Von da aus geht es über die Kieler Straße zum Volksparkstadion nach Stellingen. Das Fahrzeug hält. Lotto steigt aus und stellt sich vor die Bronzeskulptur des Fußes von Club-Legende Uwe Seeler. „Das ist am Wochenende mein Arbeitsweg“, erzählt der Stadionsprecher des HSV. Vor jedem Heimspiel singt er gemeinsam mit Carsten Pape seine Hymne „Hamburg, meine Perle“.

Auf früheren Alben gehörten Fußball-Songs zum Stammrepertoire. Auf der neuen Platte reißt nur noch ein Stück die Thematik an. In „Hermann“ singt Lotto King Karl über den 2014 verstorbenen HSV-Kult-Physiotherapeuten Hermann Rieger. „Hermann, ich möcht’ Dich noch ’mal rennen sehen .../Mit dem Koffer über’n Platz – / Mann, das wär’ so schön ...“, heißt es in der emotionalen Ballade, in der Country-Klänge Eingang finden.

Lotto sagt, er „wollte mal etwas Neues ausprobieren“

Auf dem 16 Titel starken Album werden die unterschiedlichsten Stilrichtungen bedient – von Rock bis Pop, über Shanties und Folk-Nummern. „Wir wollten mal etwas Neues ausprobieren. Die Band hat sich weiterentwickelt. Wir sind alle besser geworden“, sagt Lotto und erläutert im gleichen Zug den Titel der Platte: „Mit ,360 Grad‘ schließt sich ein Kreis, künstlerisch aber auch persönlich.“ Es spielen weniger Fußball und Alkohol eine Rolle, dafür mehr Leben, Freunde und die Heimatliebe. Einige neue Songs habe er schon auf Konzerten gespielt. „Man bekommt dadurch ein Gefühl, was funktioniert und was nicht.“

Bereits am vergangenen Freitag ist mit „Manuel Neuer“ die erste Single-Auskopplung erschienen. Auch wenn der Titel anderes vermuten lässt, geht es nicht um den deutschen Nationaltorhüter, sondern um Werbung. „Wir haben immer Witze gemacht über den Coca-Cola-Spot mit Manuel Neuer, in der sich eine Frau in den Keeper verwandelt. Irgendwann haben wir uns die Frage gestellt: Was passiert eigentlich, wenn man Werbung für bare Münze nehmen würde?“, erklärt Lotto.

Nach zwei Stunden endet nicht nur die Stadtrundfahrt, sondern auch der Ausflug in die Anekdotenwelt des Lotto King Karl. „Danke, dass ihr es mit mir ausgehalten habt“, sagt Lotto.

Lotto King Karl: „360 Grad“ (Soulfood, erscheint am 12. Mai, ca. 15 Euro)