Hamburg. Vom Dammtor bis nach Wandsbek: Wo Unfälle besonders häufig sind und Kreuzungen unübersichtlich.

Drei Radfahrer kamen im vergangenen Jahr in Hamburg bei Verkehrsunfällen ums Leben, 2412 wurden verletzt. Das geht aus der Unfallstatistik Radverkehr 2016 hervor, die die Behörde für Inneres und Sport vorgestellt hat. Die Zahl der Verletzten stieg im Vergleich zum Vorjahr leicht an. Die Zahl der Toten ging dagegen zurück. 2014 waren es elf getötete Radfahrer.

1700 Kilometer Radwegenetz in Hamburg

Auf Anregung des Abendblatts hat der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC) in Hamburg eine Liste mit den gefährlichsten Straßen, Kreuzungen und Knotenpunkten für Fahrradfahrer zusammengestellt. Sie sind über die Stadt verstreut in den Bezirken Mitte, Altona, Eimsbüttel, Nord und Wandsbek. „Diese zwölf Straßen sind durchweg viel befahren. Auf relativ wenig Platz treffen relativ viele Verkehrsteilnehmer aufeinander“, sagt ADFC-Sprecher Dirk Lau. Dies sind die Unfallschwerpunkte, basierend auf langjährigen Unfallzahlen:

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Bahnhof Dammtor und Alsterglacis:
Der Platz vor dem Bahnhof gilt als Hamburgs unfallträchtigster Verkehrsknotenpunkt, gefolgt von Alsterglacis und Kennedybrücke. Die Kreuzung an der Dammtorbrücke wird täglich von 70.000 Autos frequentiert. Jährlich kommt es im Bereich des Theodor-Heuss-Platzes zu mehr als 100 Verkehrsunfällen. Die Polizei bewertet ihn deshalb als Unfallhäufungsstelle. Für Radfahrer ist es hier aufgrund des hohen Kfz-Verkehrsaufkommens besonders eng. Aber auch die Zahl der Radfahrer ist gestiegen – seit 2011 im gesamten Stadtgebiet um 56 Prozent. Die meisten Radfahrer werden rund um die Alster und in der Dammtorstraße gezählt. Mit durchschnittlich gezählten 5812 Radfahrern pro Tag ist der Radweg an der östlichen Alsterseite hoch frequentiert.

Max-Brauer-Allee: Sie gehört zu den am stärksten von Radfahrern genutzten Straße Hamburgs. Bei einer Umfrage 2016 konnten Radfahrer Schulnoten zum Straßenzustand abgeben. Das Ergebnis: 5,25. Fehlende Radwege, Konflikte mit Autofahrern und Fußgängern sowie eine unübersichtliche Führung des Radverkehrs wurden als Mängel besonders häufig genannt. Täglich fahren 30.000 Kraftfahrzeuge über die Max-Brauer-Allee, davon 5,7 Prozent Schwerlastverkehr. Innerhalb von drei Jahren ereigneten sich 720 Unfälle mit Beteiligung von Kraftfahrzeugen. Die häufigsten Unfälle mit Radfahrern gibt es im mittleren Bereich sowie an der Kreuzung Ring 2.

Osterstraße/Schulweg: Im Juli 2015 war hier ein 28-jähriger Radfahrer schwer verletzt worden. Er wollte die Osterstraße stadteinwärts queren und fuhr bei Rot über die Ampel. Dabei wurde er von einem heranfahrenden Mercedes erfasst. Der 56-jährige Fahrer versuchte zu bremsen, konnte eine Kollision aber nicht mehr verhindern. Um die Sicherheit für Radfahrer zu erhöhen, fordert der ADFC im Rahmen der Erneuerung der Osterstraße Schutzstreifen oder Radfahrstreifen mit Regelmaßen (1,5 Meter bzw. 1,85 Meter), Tempo 30 und Minikreisel.

Schulterblatt/Altonaer Straße: Auch diese Straße ist eine von Radfahrern viel befahrene Hauptverkehrsachse, die von St. Pauli nach Eimsbüttel führt. „Auf dem engen und stark belebten Schulterblatt wäre die Anordnung von Tempo 30 zur Beruhigung des Autoverkehrs und der Abbau der Kfz-Stellplätze überfällig“, sagt ADFC-Sprecher Lau. Noch besser und attraktiver für die Menschen sei eine autofreie Zone, in der nur noch Taxis, Einsatzwagen und Lieferverkehr fahren dürfen.

Zirkusweg/Reeperbahn: Am Millerntor treffen viele Verkehrsströme aufeinander. Nicht zuletzt der Schwerlastverkehr auf der B 4 macht diese Verbindung zu einer gefährlichen Trasse. Der gesamte Kreuzungsbereich ist unübersichtlich und komplex, er müsste dringend entschärft werden, so der ADFC.

Warum auf der Reeperbahn kein Tempo 30 angeordnet werde, bleibe ein Rätsel, zumal dort Schilder stehen, auf denen Autofahrer lesen könnten, dass es bei Tempo 30 grüne Welle gebe.

Holstenwall/Ludwig-Erhard-Straße: Am Holstenwall/Gorch-Fock-Wall herrschen nach ADFC-Angaben „katastrophale Bedingungen für den Radverkehr“. Allein am Sievekingsplatz gab es in den letzten Jahren zwölf Unfälle mit Radfahrerbeteiligung. Hier zeige sich ein Dilemma der Hamburger Verkehrspolitik: „Der Kreuzungsbereich wird modernisiert. Aber davor und danach bleibt es bei den alten, gefährlichen Zuständen“, so Dirk Lau. Eng ist es auch auf der Ludwig-Erhard-Straße: Täglich frequentieren 52.000 Kraftfahrzeuge diese Trasse.

Mönckebergstraße: Auf der Mönckebergstraße gibt es zwar „Shared Space“ (gemeinsamen Raum) und ein Durchfahrverbot für private Autos. Aber diese Kommunalstraße gilt den Interessenvertretern der Radfahrer als zu eng und zu belebt, um wirklich verkehrssicher und konfliktfrei auch für den Fuß- und Radverkehr zu sein – solange Busse hier freie Bahn haben.

Mundsburger Damm: Bei einem Unfall war eine junge Fahrradfahrerin im Januar 2014 von einem Lastwagen überrollt und tödlich verletzt worden. Beim Abbiegen hatte der zwölf Tonnen schwere Lastwagen die Frau erfasst, die mit dem Fahrrad parallel zu dem schweren Fahrzeug unterwegs war.

Die Gefahren beim Abbiegen sind statistisch gesehen groß: Kraftfahrer sorgen mit Fehlern beim Abbiegen für die Hauptursache von Radunfällen. Auf diese Weise verursachen sie etwa doppelt so viele Radunfälle wie das unfallträchtigste Fehlverhalten von Radfahrern. Bei 40,9 Prozent der Radfahrerunfälle eines Jahres sind die Radler die Hauptverursacher, in 53,6 Prozent der Fälle die Kfz-Führer.

Schanzenstraße/Altonaer Straße sowie Wandsbek Markt/Schloßstraße: Auch hier ist das Verkehrsaufkommen sehr groß. Nach einer Umfrage des Stadt- und Verkehrsplaners Argus sind 84 Prozent der Radfahrer unzufrieden mit den Bedingungen für Radler in Wandsbek.