Hamburg. Mit einem außergewöhnlichen Praxistest will das Unternehmen auf den erwarteten Ausnahmestand reagieren.
Als Beiersdorf-Personalvorstand Zhengrong Liu während des OSZE-Treffens im vergangenen Dezember von seiner Wohnung im Grindelviertel zu seinem Arbeitsplatz in Eimsbüttel fahren wollte, bekam er die Einschränkungen für die Hamburger durch Sicherheitsmaßnahmen und Polizeisperren hautnah zu spüren.
Das Erlebnis, sagt Liu, war die Initialzündung für einen außergewöhnlichen Praxistest, mit dem das Unternehmen auf den erwarteten Ausnahmestand während des G20-Gipfels im Juli reagiert. Am Freitag, den 7. Juli, dem Eröffnungstag des Treffens in Hamburg, müssen 2500 Mitarbeiter des DAX-Konzerns nicht an ihrem Arbeitsplatz erscheinen, sondern können von zu Hause aus arbeiten.
300 unterschiedliche Arbeitszeitmodelle
Aktuell gibt es bei Beiersdorf 300 unterschiedliche Arbeitszeitmodelle. Im zweiten Halbjahr des vergangenen Jahres haben 600 Beschäftigte im Schnitt fünf- bis sechsmal die Möglichkeit genutzt von zu Hause zu arbeiten. „Wir haben als Unternehmen das Interesse, noch mehr Mitarbeiter mit der Idee vertraut zu machen“, so der oberste Personalverantwortliche Liu. Mit dem Homeoffice-Tag will Beiersdorf nun erstmals flächendeckend Informationen sammeln, wie man das Modell auch für Funktionen einsetzen kann, die eher an den Arbeitsplatz in der Firma gebunden sind.
In den nächsten Monaten sollen die Teams die konkrete Ausgestaltung planen. Ziel ist es, dass die Mitarbeiter sich Gedanken machen, wie sie den Tag sinnvoll nutzen können – auch ohne Zugang zum IT-System. Fantasie sei gefordert, sagt Liu. So können die Beschäftigen sich über etwas Grundlegendes informieren, auf wichtige Gespräche vorbereiten, oder in Geschäften die Platzierung von Beiersdorf-Produkten (Nivea, Eucerin) erkunden. Vereinzelte Bedenken von Führungskräften, die Mitarbeiter können statt zu arbeiten einfach einen freien Tag genießen, will er bis zum Gipfel mit Diskussionsrunden und Workshops begegnen.
Etwa 15.000 Beamte im Einsatz
Die besten Umsetzungsideen werden prämiert. Auch eine Auswertung ist geplant. „Dieser Diskussionsprozess allein ist schon wertvoll für die Vertrauenskultur im Unternehmen“, sagt der Personalvorstand.
Zu dem G20-Gipfel am 7. und 8. Juli werden die Staats- und Regierungschefs der führenden Industrienationen erwartet. Die Polizei ist mit etwa 15.000 Beamten im Einsatz. Generelle Empfehlungen, wie Unternehmen und Arbeitnehmer sich auf die Lage einstellen sollen, gibt es nicht. „Es kommt auf die Situation und den Standort der einzelnen Firmen an“, sagte Ulrich Brehmer, stellvertretender Hauptgeschäftsführer der Handelskammer und zuständig für den Bereich Sicherheit in der Wirtschaft. Er rät den Unternehmen, sich über die Sicherheitseinschätzungen der Behörden auf dem Laufenden zu halten.