Hamburg. Ihre Tournee beendete die Entertainerin mit der Kodderschnauze am Sonnabend in Hamburg vor ausverkauftem Haus.

Ina Müller schreitet durch die Reihen, die Kamera zeigt sie überlebensgroß auf den mächtigen Videoleinwänden. Dann fragt sie ihr Publikum in der ausverkauften Barclaycard-Arena nach den handelsüblichen Zipperlein ab. „Bandscheiben, jetzt alle mal aufstehen“, sagt sie. Es folgen Tennisarm, Kalkschulter, Migräne, am Ende gar Potenzprobleme.

Und siehe da: Nach und nach erheben sich ihre Fans, Ina Müller hat am späten Sonnabend, 22 Uhr ist schon lange vorbei, ihr Ziel erreicht: Bis rauf in die hintersten Reihen des Oberrangs stehen nun die Zuschauer, die Fans aus dem Innenraum eilen direkt an die Bühne, um einen von Ina Müllers Gassenhauer zu singen. „Drei Männer her“, jenes Loblied über „Weiberfreundschaft“, über ihre Party mit ihren Freundinnen in der Sansibar auf Sylt.

"Ihr Männer wart von Anfang an kaputt", sagt Ina Müller

Vielleicht gibt es keinen anderen Song, der ihr Schaffen so sehr symbolisiert: Wir Frauen müssen zusammenhalten. Schon zu Beginn des Konzerts bekommen die Männer ihr Fett weg, Ina Müller erzählt ihre ganz eigene Schöpfungstheorie: „Ich dachte ja immer, das hat mit Adam und Eva begonnen.“ Falsch, denn: „Eigentlich gab es früher nur XX, nur uns, Mädels.“ Das XY-Chromosom sei in Wahrheit nur ein X mit abgebrochenem Bein: „Ihr Männer wart von Anfang an kaputt.“

Natürlich hat sie genau diese Sprüche überall auf ihrer Tour zwischen Zürich und Flensburg gebracht, der Auftritt in Hamburg ist ihr vorerst letzter – erst im November geht es weiter mit einer Serie von Auftritten, die wiederum am 9. Dezember in Hamburg mit einer Zusatzshow endet. Vor allem dank ihrer TV-Sendung „Inas Nacht“ ist die norddeutsche Kodderschnauze längst bundesweit ein beliebtes Markenzeichen.

Auch David Garrett ist vor Müllers Humor nicht sicher

Warum das so ist, wurde auch am Sonnabend deutlich. Als Entertainerin mit dieser sehr speziellen Mischung aus Liedermacher-Gut, eingängigem Pop und Kabarett ist sie in Deutschland unerreicht. Im weißen Flügel, angeblich ein Überbleibsel der letzten Tour des Star-Geigers David Garrett, entdeckt sie Sexspielzeug, ein Lederband mit roter Sado-Maso-Kugel und eine Peitsche. „Garrett, die Sau“, ruft sie und schreitet dann wie eine Domina über die Bühne, peitscht sich ihre ganzen Zorn über die Missgeschicke des Alltags hinaus – etwa über die ständig fehlenden Papier-Handtücher in Zugtoiletten.

Allerdings gibt es auch sehr wohl auch berührende Momente in ihrem Programm, etwas gestelzt schreiben ihre PR-Leute im Begleittext zum neuen Album „Ich bin die“ über die „neue Ernsthaftigkeit“, die „Frau Müller sehr gut steht“. Das beste Lied von „Ich bin die“ kommt genau aus diesem Fach. „Wie Du wohl wärst“, ein Stück über einen unerfüllten Kinderwunsch: „Alles ist gut, so wie es ist. Vielleicht wär’s schöner mit dir. Ich habe dich auch nicht groß vermisst. Wie auch, du warst ja nie hier.“

Die stillen Momente gehen im Gag-Feuerwerk unter

Ina Müller legt Wert darauf, dass dieser Song keinen autobiografischen Bezug hat, sie selbst habe sich nie Kinder gewünscht. Gewidmet sei es den vielen Frauen, die ständig gefragt werden, wann es denn mit einer Schwangerschaft endlich so weit sei. Und die unter diesen Fragen leiden. An diesem Abend singt sie auch „Klammerblues“ von ihrem neuen Album, ein Lied darüber, wie eine Frau nach vielen Jahren Ehe erkennt, dass sie eigentlich einen Neuanfang brauchen würde: „Er wird‘s überstehen. Die Kinder sind groß, noch könnt es gehen.“

Schade, dass diese stillen Momente im Gag-Feuerwerk zwischen 36-Stunden-Viagra und der Dauerklage über Gewichtsprobleme untergehen. Andererseits begreift sich Ina Müller eben als Dienstleisterin. Und ihren Fans hat es am Sonnabend gefallen, keine Frage. Und die meisten werden wohl wieder kommen am 9. Dezember. Zu Inas nächstem Auftritt in Hamburg.