Hamburg. Die meisten U- und S-Bahn-Stationen Hamburgs sind bereits barrierefrei. Warum in der Innenstadt noch Fahrstühle fehlen.

Wenn man einen unbedarften Blick auf das Streckennetz des HVV wirft, fällt einem auf, dass in den Außenbezirken nahezu alle Stationen barrierefrei sind. Gerade erst am Freitag kam mit Buckhorn eine weitere Rollstuhl-kompatible Haltestelle an der U1 hinzu.

Aber ausgerechnet in der Innenstadt gibt es Lücken für alle, die auf Fahrstühle und glatte Übergänge zwischen Bahnsteig und Waggon angewiesen sind: Jungfernstieg, Berliner Tor und Landungsbrücken sind nur teilweise, Haltestellen wie Mönckebergstraße oder Rathaus gleich gar nicht barrierefrei.

Barrierefreier Umbau würde teilweise kompletten Neubau erfordern

Dafür gibt es gute Gründe, wie Christoph Kreienbaum, Sprecher der Hochbahn, erläutert: "Beim Bau des zum Teil mehr als 100 Jahre alten Systems ist an vieles gedacht worden, sicher aber nicht an Barrierefreiheit". Landungsbrücken und Sternschanze haben beispielsweise eine so starke Kurvenlage, "dass ein barrierefreier Ausbau nach derzeitigem Stand einen kompletten Neubau der Haltestelle erfordern könnte". Zudem ist das Bahnhofsgebäude an den Landungsbrücken denkmalgeschützt, was den Bau eines Fahrstuhlschachtes kompliziert gestaltet.

Die Station Jungfernstieg, in der bisher nur U2 und U4 barrierefrei zu erreichen sind, stellt die Hochbahn vor andere, aber nicht minder große Herausforderungen: Nicht umsonst gilt sie als vielfach verschachtelter "Kaninchenbau", in dem sich auch regelmäßige U- und S-Bahnfahrer mitunter verlaufen. Einen Platz zu finden, an dem ein Fahrstuhl gebaut werden kann, gleicht der Suche nach der sprichwörtlichen Stecknadel im Heuhafen. Entsprechend gibt es, anders als bei vielen anderen Haltestellen, auch hier noch keinen festen Zeitplan.

Ausbau wird gern mit anderen Baumaßnahmen kombiniert

Hinzu kommt, dass Umbauten an verkehrsreichen Haltestellen immer mit großen Einschränkungen für alle Fahrgäste verbunden sind, weswegen man gern mehrere Maßnahmen kombiniert: So standen zum Beispiel auf der Linie U1 ohnehin Brückenbauarbeiten an. Diese nutzte die Hochbahn, um parallel den barrierefreien Umbau voranzubringen.

Kreienbaum rechnet vor, dass man sich auf einem guten Weg befindet: "Mit dem Abschluss der im Jahr 2018 begonnenen Bauarbeiten werden 80 Prozent aller U-Bahn-Haltestellen barrierefrei erreichbar sein." Fertig werden in diesem Jahr die Haltestellen Uhlandstraße und Merkenstraße, begonnen werden darüber hinaus die Arbeiten an Lübecker Straße (U3), Habichtstraße, Meiendorfer Weg, Langenhorn Nord und Hoheluftbrücke. Danach will die Hochbahn die kompliziertesten Projekte in Angriff nehmen.

Bahn will bis 2021 nahezu alle S-Bahnhöfe umgebaut haben

Die 80 Prozent hat die Deutsche Bahn als Betreiber der S-Bahn Hamburg bereits erreicht – zumindest, wenn man nur die Stationen im Stadtgebiet zählt. Laut Bahn-Sprecherin Sabine Brunkhorst rechnet das Unternehmen damit, dass bis 2021 96 Prozent der Haltestellen im Stadtgebiet barrierefrei ausgebaut sind – darunter auch das Sorgenkind Jungfernstieg, für das die Hochbahn noch keinen Termin nennen kann. Aktuell laufen die Bauarbeiten an den S-Bahnhöfen Blankenese und Kornweg, der Haltepunkt Diebsteich wird erst im Rahmen des Umbaus zum Fernbahnhof barrierefrei gestaltet werden.

Es gibt noch viel zu tun, bevor alle in Hamburg überall ein- und aussteigen können.

Die Wheelmap zeigt, wo es rollstuhlgerecht zugeht

Einen schnellen Überblick über rollstuhlgerechte Orte bietet die von Raúl Krauthausen und dem Team von sozialhelden entwickelte Webseite wheelmap.org. Die Karte, die auch als App für Android und iOS verfügbar ist, zeigt nicht nur Bahnstationen, sondern auch Geschäfte, Cafés, Restaurants und vieles andere mehr an – übersichtlich gegliedert mit einem Ampelsystem: grün steht für voll rollstuhlgerecht, gelb für teilweise und rot für nicht rollstuhlgerecht.

Insgesamt 730.000 Orte von Nord-Norwegen bis zum Südzipfel von Neuseeland zeigt die Wheelmap, der Fokus liegt aber klar auf Deutschland. Die Inhalte der Karte werden von den Nutzern selbst gepflegt, täglich kommen laut Krauthausen "etwa 300 neue Markierungen hinzu. Mit der Wheelmap-App kann man zum einen schnell nachschauen, ob der Supermarkt an der nächsten Straßenecke barrierefrei zu erreichen ist." Laut Sozialhelden gibt es in Deutschland 1,6 Millionen Rollstuhlfahrer und 4,8 Millionen Menschen, die einen Rollator benutzen.