Hamburg. Der neue Intendant Michael Lang stellt seine erste Saison vor. Ende August geht es mit „Romeo und Julia“ los.

Der Respekt vor der neuen Position ist Michael Lang noch anzumerken: „Echt eine Herkulesaufgabe“ sei es, im Sommer die Leitung des Ohnsorg-Theaters zu übernehmen. Immerhin hat es der bisherige Intendant der Komödie Winterhuder Fährhaus nun mit der „bekanntesten Bühne Deutschlands“ zu tun, wie der Autor Gerd Spiekermann es in seinem Buch zum 100. Theaterjubiläum einst feststellte und wie es Lang nun zu seiner ersten Spielzeitpressekonferenz, inzwischen im 115. Jahr der niederdeutschen Bühne, gern zitiert. Er wird fortan Teil dieser Geschichte sein, und er will sich der Tradition nicht verweigern.

Nicht alles wird also neu, aber manches wird anders, so lässt sich das Programm der kommenden Saison wohl am besten zusammenfassen. „Man kann es nicht besser machen als Christian Seeler, man kann es nicht mal kopieren“, lobt Lang seinen Vorgänger, der am 1. Juli seinen Abschied feiern wird. Sein Motto sei daher „Kontinuität“, die er aber „nicht als Stillstand, sondern als kontinuierliche Weiterentwicklung“ verstanden wissen will, als „Aufbruch in eine sich verändernde Gesellschaft“.

„Urban geprägtes Volkstheater“

Lang möchte, so formuliert er es selbst, „zeitgemäßes, urban geprägtes Volkstheater“ machen. Dazu gehört auch, dass es in seiner ersten Saison tatsächlich keinen einzigen neu aufgelegten Bauernschwank geben wird – dafür gleich zum Auftakt am 27. August einen Shakespeare, der es womöglich in sich haben wird: „Romeo und Julia“, natürlich (auch) op Platt, inszeniert von Murat Yeginer, mit dem Lang schon am Theater Kontraste erfolgreich zusammengearbeitet hat. Die Geschichte wird in einen Zirkus verlegt und die weibliche Hauptrolle mit einer koreanischstämmigen Schauspielerin besetzt. „Tradition“ ist nicht der erste Begriff, der einem dazu einfällt.

Lang möchte „undogmatischer“ werden, er möchte das Ensemble erweitern und vor allem junge Gastschauspieler noch früher mit der plattdeutschen Sprache bekannt machen. Die Übersetzter Hartmut Cyriacks und Peter Nissen, die am Ohnsorg immer wieder für hervorragende Adaptionen ins Niederdeutsche sorgten, bleiben dem Team nicht nur verbunden, sondern sollen eben diese Nachwuchsausbildung verstärken.

„Wir wollen die Weichen für die Zukunft stellen“, erläutert Lang das Konzept, gelegentliche Mehrsprachigkeit in der einen oder anderen Produktion inklusive. Und natürlich, so verspricht er, solle der Humor weiterhin im Zentrum stehen. Vom Ensemble und dem gesamten Ohnsorg-Team, die mit Christian Seeler mehr als 20 Jahre denselben Chef gewohnt sind, wünsche er sich Neugier auf eine „leicht veränderte künstlerische Handschrift und auf neue Gäste“. Gekündigt werde niemandem.

Allerdings geht Publikumsliebling Wolfgang Sommer, der zum Beispiel als Knecht in „Verteufelte Zeiten“ glänzte, in den Ruhestand. Er werde dem Haus jedoch als Gast – etwa in einer kurzen Wiederaufnahme des Kassenerfolgs aus der Saison 2015/16, „Tratsch im Treppenhaus“ – erhalten bleiben.

Weihnachtsstück geplant

Nach „Romeo und Julia“ kommt am 1. Oktober eine von Frank Grupe bearbeitete Komödie auf den Spielplan: „Droomdänzers“ von Lutz Hübner (im Original: „Blütenträume“), die Regie übernimmt Meike Harten. Frank Grupe kann und macht am Ohnsorg gewissermaßen alles: Spielen, Inszenieren, Dramaturgie. Doch auch sein Ruhestand steht an, die Saison 2016/17 ist die letzte des Ohnsorg-Allrounders.

Ein Abschiedsgeschenk für ihn (und zugleich ein selbstironisches Einstandsgeschenk für Michael Lang) ist die Hauptrolle in der Uraufführung von „Plattdüütsch för Anfängers“, die – frei nach dem Kinofilm „Ostfriesisch für Anfänger“ – im Januar Premiere feiern wird. Auch für diese Produktion, in der auch die langjährigen Ensemblemitglieder Sandra Keck, Beate Kiupel und Meike Meiners spielen, wird Murat Yeginer die Regie übernehmen. Außerdem geplant sind ein Weihnachtsstück von Alan Ayckbourn („All Johr wedder“/„Schöne Bescherungen“) und natürlich das wie stets hochdeutsche Weihnachtsmärchen, diesmal: „Der Kleine Muck“.

Theaterprojekt über Flucht und Vertreibung

Multikulti und nationale Klischees spielen vom 25. Februar an eine Rolle in der Komödie „Allens Düütsch – oder wat?“, die Murat Yeginers Tochter Ayla Yeginer inszenieren wird. Und Frank Grupe wird wieder Regie führen bei der plattdeutschen Bearbeitung von „Der Seewolf“, einem Abenteuerroman von Jack London, den das Stammpublikum wohl vor allem aus dem berühmten Fernseh-Vierteiler der 70er-Jahre kennen dürfte. Die Saison – zu der auch Wiederaufnahmen von „Soul Kitchen“ und „Rock op Platt goes Christmas“ gehören – endet mit dem Musical „Hallo Dolly!“ (27. Mai bis 5. Juli 2018).

Verantwortlich für das Ohnsorg-Studio bleibt Cornelia Ehlers, hier stehen unter anderem „Harold un Maude“ und „Emil un de Detektive“ auf dem Spielplan sowie erstmals ein mobiles Klassenzimmerstück für Hamburger Schulen. Für „Ankamen – An(ge)kommen“ erarbeit Michael Uhl ein Theaterprojekt über Flucht und Vertreibung.

Aufstockung der Subventionen

Ankommen und angekommen – im Plattdeutschen ist es das dasselbe Wort. Vielleicht ein gutes Omen. Denn Ankommen ist natürlich auch sein Ziel: Michael Lang übernimmt mit dem Ohnsorg ein sehr etabliertes Haus, das ihm Christian Seeler mit „picobello sauberer Bilanz“ hinterlässt, wie der Noch-Intendant seinem Nachfolger versichert.

Mehr noch als über die „kleine Erbschaft“ von 20.000 Euro einer treuen Abonnentin freute Seeler zuletzt die Aufstockung der Subventionen. Von der Spielzeit 2017/18 an erhält das Haus einen Zuschuss von 2,24 Millionen Euro. „Es muss ja auch mal wieder Geld in die Kunst investiert werden“, sagte Seeler. „Man muss ausprobieren, sich trauen. Vielleicht fliegt man auf die Nase, aber die nächste Produktion wird umso erfolgreicher.“ Herausforderungen, die nun sein Nachfolger zu bewältigen hat.

Karten für das Ohnsorg-Theater gibt es u. a. in den Ticketshops des Hamburger Abendblatts.