Hamburg. Jürgen Geißinger sieht keine Alternativen zu geplanten Werksschließungen. 2018 ist wieder ein Gewinn geplant.
Am Montag forderten Betriebsräte, die Gewerkschaft IG Metall und Landespolitiker bei einem Krisengipfel in Hamburg den Erhalt aller drei von der Schließung bedrohten Standorte des Windkraftkonzerns Senvion in Norddeutschland, am Tag danach machte Senvion-Vorstandschef Jürgen Geißinger deutlich, dass es aus seiner Sicht zu den Werksschließungen keine Alternative gibt. „Ich kann keine großen Hoffnungen machen, dass sich an den Plänen grundsätzlich etwas ändert“, sagte Geißinger in der Unternehmenszentrale am Überseering in der City Nord. Zugleich zeigte er sich gesprächsbereit: „Wenn es an der einen oder anderen Stelle eine gute Idee gibt, die wir bislang vielleicht übersehen haben, werden wir uns das sicher genauer anschauen.“
Geißinger bekräftigte, dass es sich bei den vor zwei Wochen bekannt gegebenen Schließungsplänen für die Produktion in Husum, in Bremerhaven und im brandenburgischen Trampe sowie bei der Bündelung vieler kleiner Serviceeinheiten an einem zentralen Standort in Schleswig-Holstein nicht um ein reines Sparprogramm handele. Die Reduzierung von Kosten und eine insgesamt schlankere Organisation im Unternehmen seien aber zwingend notwendig, damit Senvion vom Jahr 2018 an wieder Gewinne machen könne, sagte der Manager. „Nur ein profitables Unternehmen kann auch wieder wachsen.“
„Gravierende Änderungen in der Windbranche“
Geißinger verteidigte seine Entscheidung, der Einladung der IG Metall zu einem Gespräch am runden Tisch am Montag im Gewerkschaftshaus am Besenbinderhof nicht gefolgt zu sein. „Ich möchte mich nicht an den Pranger stellen lassen. Wir bevorzugen es, mit den Mitarbeitern, deren Vertretern und den zuständigen Politikern direkt zu sprechen. Das haben wir ja auch schon getan und werden es weiter tun.“
Der vom Management eingeschlagene Kurs sei vor allem deshalb notwendig, weil es derzeit „gravierende Änderungen in der gesamten Windbranche“ gebe. Sie habe jahrelang mit sehr komfortablen Rahmenbedingungen wirtschaften können, werde jetzt innerhalb kürzester Zeit aber vor grundlegend neue Herausforderungen gestellt. Durch das neue Ausschreibungsverfahren für neue Windparkprojekte und die Deckelung der Ausbauziele in Deutschland von diesem Jahr an sei der Preisdruck auf die Turbinenhersteller enorm gewachsen.
Geschäft in Schwellenländern ausbauen
„Bei Onshore-Anlagen hat es einen Preissturz um 40 Prozent gegeben“, sagte Geißinger. Der frühere Schaeffler-Vorstandschef sieht die Windbranche vor ähnlich großen Herausforderungen wie die Autozulieferer vor 20 Jahren, die damals von Herstellern wie VW unter erheblichen Kostendruck gesetzt wurden. „Nur wenn die Windkraftbranche effektiv und innovativ arbeiten kann, kann ihr das Schicksal der Solarindustrie erspart bleiben, die binnen zehn Jahren von 120.000 auf 40.000 Arbeitsplätze geschrumpft ist.“
Schon vor zwei Wochen hatte Geißinger angekündigt, dass Senvion das Geschäft in Schwellenländern deutlich ausbauen wolle. Für Meereswindparks (Offshore) soll eine Anlage der Zehn-Megawatt-Klasse entwickelt werden – womöglich nicht alleine. „Bei Offshore sind wir offen für eine Partnerschaft. Es gab auch bereits Gespräche darüber“, sagte der Senvion-Vorstandschef.