Hamburg. Schließung der Flugzeugüberholung betrifft 400 Stellen. Gewinn gesunken. Marktanteile in USA und Asien sollen steigen.

Seit rund 60 Jahren werden bei Lufthansa Technik in Hamburg Passagierflugzeuge überholt – aber nur noch bis Ende Mai. Dann wird der Bereich geschlossen. Vor wenigen Wochen hatte ein Vorstandspapier, in dem „betriebsbedingte Beendigungskündigungen“ ins Gespräch gebracht wurden, den Betriebsrat aufgeschreckt, denn Entlassungen konnten trotz aller Sparzwänge bisher stets vermieden werden. Auf der Bilanzpressekonferenz bemühte sich der Vorstandsvorsitzende Johannes Bußmann jetzt, die Wogen zu glätten. „Wir werden für alle Beteiligten eine gute Lösung finden“, sagte er.

Von der im Dezember beschlossenen Einstellung der Flugzeugüber­holung sind rund 400 Beschäftigte betroffen. Für etwa 100 von ihnen, die nicht direkt an den Jets arbeiten, ändert sich nur organisatorisch etwas, sie behalten aber ihre bisherige Tätigkeit. Von den weiteren 300 Mitarbeitern werden angesichts des hohen Durchschnittsalters etliche ein Vorruhestandsangebot annehmen.

35 Überholungslinien für Flugzeuge

Allen übrigen wolle man die Versetzung auf einen anderen Arbeitsplatz innerhalb des Unternehmens anbieten – „überwiegend am Standort Hamburg“, wie Bußmann sagte. Eine Kündigung komme nur dann in Betracht, wenn jemand wiederholt den Wechsel auf andere Stellen ablehne, erklärte der Vorstandschef: „Das halte ich aber für nicht relevant.“

Weltweit betreibt Lufthansa Technik derzeit 35 Überholungslinien für Flugzeuge. Dabei gebe es in Europa in diesem Geschäft „erhebliche Überkapazitäten“. Vor diesem Hintergrund sei es nicht möglich gewesen, gemeinsam mit dem Betriebsrat eine tragfähige Lösung für den Fortbestand des Bereichs in Hamburg zu finden, so Bußmann. Im Fall der Triebwerksüberholung jedoch ist das im Sommer vorigen Jahres gelungen.

Zwar sinkt die Beschäftigtenzahl in dieser Sparte in der Hansestadt um 700 auf 1100 Personen. Der Abbau werde „auf jeden Fall sozial verträglich“ erfolgen und könne zudem über fünf bis zehn Jahre gestreckt werden. Mit der verringerten Belegschaft und durch Zugeständnisse der Beschäftigten im Hinblick auf die Konditionen sei die Triebwerksüberholung in Hamburg nun aber langfristig gesichert, sagte Bußmann: „Die Alternative möchte ich mir nicht wirklich ausmalen.“

2016 sei ein „Jahr des Umbruchs“ gewesen, in dem auch „einige sehr schmerzhafte Entscheidungen“ gefällt werden mussten. Auf der anderen Seite sei es gelungen, wichtige Weichen für künftiges Wachstum zu stellen, so Bußmann, denn: „Wir haben das Glück, in einer Branche tätig zu sein, die sich im Aufwärtstrend befindet.“ Im vergangenen Jahr legte der für Lufthansa Technik relevante Markt um knapp sieben Prozent zu, in Asien allerdings gab es sogar ein Plus von zwölf Prozent.

Eigener Geschäftsbereich für Digitalisierung

Zwar ist das Unternehmen nach eigenen Angaben mit einem Marktanteil von acht Prozent weltweit die Nummer eins. In Asien aber liegt der Marktanteil erst bei rund fünf Prozent, in den USA bei knapp vier. Um in diesen Regionen weiter voranzukommen, wurden die Flugzeugüberholungskapazitäten in Puerto Rico und in Manila ausgebaut.

„Wir entwickeln uns von einem weltweit tätigen Hamburger Unternehmen zu einem internationalen Konzern mit starken Wurzeln in Hamburg“, sagte Bußmann. Doch auch am Heimatstandort entsteht Neues: Lufthansa Technik hat hier einen eigenen Geschäftsbereich für die Digitalisierung gegründet. Sie verbessere die vorausschauende Instandhaltung, so Bußmann. Ein Beispiel dafür: „Wir können jetzt jeden einzelnen Zündfunken einer Zündkerze zählen, was bisher nicht möglich war.“ Damit lasse sich ein unnötig früher Zündkerzenwechsel vermeiden, was allein bei den Jets der Lufthansa-Konzernflotte Einsparungen in Millionenhöhe bringe.

Hoher Preisdruck

Zwar ist der Umsatz im Jahr 2016 nur um 0,8 Prozent auf 5,14 Milliarden Euro gestiegen. Die Erlöse mit Kunden außerhalb der Lufthansa-Gruppe kletterten aber um acht Prozent auf 3,5 Milliarden Euro und die Zahl der vom Unternehmen betreuten Flugzeuge nahm um zwölf Prozent auf 4132 zu. Der Gewinn vor Zinsen und Steuern sank um neun Prozent auf 411 Millionen Euro. Angesichts des hohen Preisdrucks und im Branchenvergleich sei das Ergebnis jedoch „sehr erfreulich“, sagte Finanzvorstand Constanze Hufen­becher. In diesem Jahr soll der Umsatz weiter steigen. Der Ertrag werde allerdings abermals durch die Restrukturierungen belastet, hieß es.