Hamburg . Und bleibt trotzdem ein Schwergewicht: Wie der bislang eher unbekannte Fraktionschef André Trepoll sich ein neues Image bastelt.

Nichts im Leben ist bekanntlich so sicher wie die Verwandlung. Zeus wird zum Stier, aus Kindern werden Leute, Herr Samsa erwacht als Käfer, und ein Teil von Loki Schmidt ist womöglich, wie sie es sich wünschte, längst als Blume wiedergeboren. Wenn nicht die Götter am Werk sind, ist die Verwandlung vor allem eine Domäne der Natur. Im Geschäft mit der Öffentlichkeit übernehmen das Werbeprofis, Fotografen und Facebook.

Er joggt jetzt

Dass sich der Mensch auch mittels PR (und nicht nur mit Chirurgie) in ein besseres Exemplar seiner selbst verwandeln lässt, zeigt das Beispiel André Trepoll. Der Chef der CDU-Bürgerschaftsfraktion hat gerade eine rasante Metamorphose durchgemacht. Von einem trutschig-dicklichen Politiker aus Harburg, den niemand kennen will, hat sich der 39-Jährige in einen kantig-frechen Hanseaten verwandelt, der sich digital und analog an jeder Ecke aufdrängt. Die Entpuppung begann mit Bewegung: Herr Trepoll joggt jetzt. Das hat er kürzlich der Mopo verraten und sich beim Traben durch den Winterwald knipsen lassen.

Er hat abgenommen

Seither habe er zwei Anzuggrößen abgenommen, verriet er – Politikerbäuche misst man wohl so. Anlass der vom gebürtigen Celler forcierten Arbeit an Bauch und (Fremd-) Bild war eine Umfrage vom November. Auf die Frage nach der Qualität von André Trepolls politischer Arbeit hatten dabei drei von vier Hamburgern geantwortet: „André wer?“ Die 24 Prozent, die ihn dann doch (mittelmäßig) bewerteten, hätten André Trepoll mit Ex-St.-Pauli-Spieler André Trulsen verwechselt, wurde gelästert.

Also setzte sich der umfangreiche Unbekannte grummelnd mit Strategieberater Christoph de Vries und Pressemann Tim Schmuckall zusammen und baldowerte ein PR-Konzept aus, das ihn bekannt und beliebt machen sollte. Punkt eins: laufen, abnehmen – und darüber reden. Schmuckall, der für die Bürgerschaftsfraktion die Medien betreut, war hier der perfekte Ratgeber. Der Altonaer Bezirkspolitiker hat vor einigen Jahren selbst 80 Kilo abgenommen und sich eine dicke blaue Brille gekauft. Schmuckalls Fotos von einst und jetzt sind der Beleg: Der Mensch kann sich neu erschaffen. Bei Trepoll dürfte es dabei vor allem um das Halten erreichter Anzuggrößen gehen, pflegt er doch eher den Klops-Spargel-Klops-Rhythmus eines Joschka Fischer.

"Nahbar und frech"

Punkt zwei der Trepoll-Korrekturen: Der verkannte Volljurist soll sich mehr bei Facebook zeigen – authentisch, nahbar und frech. Also nicht wie Bürgermeister Olaf Scholz. Auch hier half Parteifreund Schmuckall, gerade von „Bild“ zum politischen Top-Twitterer ernannt. Er weiß, dass es der Mix macht: mal ein Selfie, mal Privateres und dazwischen lockere Polit-Botschaften. Wer nur langweilig verlautbart, kann den Facebook-Laden nämlich gleich dicht machen. Dabei spitzt Trepoll, der als einer der besten Bürgerschaftsredner gilt, auch mal zu. Kürzlich postete er am Tag der Debatte über die Einführung von Mehrweg-Kaffeebechern das Bild des Wasserspenders und eines Mülleimers voller Plastikbecher aus der Bürgerschaft.

Mehrweg predigen

„Typisch Grün: Mehrweg predigen, selbst Einweg nutzen“, schrieb er. Die Grünen reagierten empört, das seien nicht ihre Becher. Bürgerschaftspräsidentin Carola Veit will Einwegbecher nun aber aus dem Plenum verbannen. Mithin: Trepoll wirkt, nicht nur im Netz.

Dritter Punkt der Image-Kampagne sind die rund 2000 neuen Plakate, die die Fraktion in diesen Tagen auf die Straße gebracht hat. Die vom Fotografen Tobias Koch gemachten Bilder erinnern in Schwarz-Weiß-Ästhetik und manch überraschender Nahaufnahme an die Kampagnen Ole von Beusts. Hinzu kommt ein vierter Punkt: Trepoll äußert sich immer öfter in den Medien. Vor allem den Streit über die Verträge mit den Islam-Verbänden und Ditib hat er zu seinem Thema gemacht. Damit hat er zuletzt auch seine Stellvertreterin Karin Prien in den Schatten gestellt, die bisher wohl präsenteste CDU-Politikerin. Es ist ein offenes Geheimnis, dass sich Prien die Spitzenkandidatur bei der Bürgerschaftswahl 2020 zutraut. Insofern ist Trepolls PR-Aufschlag auch ein Signal nach innen: An mir kommt ihr bei der Kandidatenauswahl nicht vorbei. Das hat er längst auch CDU-Landeschef Roland Heintze klargemacht, dem anderen potenziellen Konkurrenten. Als der sich immer wieder zur Tagespolitik äußerte, verbat sich Trepoll die Einmischung.

Anspruch auf Spitzenkandidatur

„Die Fraktion hat das Primat für die Landespolitik“, betont er. Auch dem Eimsbütteler CDU-Bundestagsabgeordneten Rüdiger Kruse soll Trepoll kürzlich die Meinung gegeigt haben, als dieser das Urteil zur Elbvertiefung als halben Sieg deutete – während Trepoll es in der Bürgerschaft gerade als Debakel für Scholz darstellte. „Der Kruse hält künftig zur Landespolitik die Klappe“, heißt es heute aus der Fraktion. Den Verdacht, er könne Scholz niemals schlagen, weil er ihm zu ähnlich sei, weist der Fraktionschef zurück, der lange als Justiziar des Industrieverbandes gearbeitet hat: „Ich bin 20 Jahre jünger, habe Kinder, lebe am Stadtrand, und ich habe in vielen Dingen eine andere Grundauffassung als Olaf Scholz.“

Positives Echo

In der Fraktion stößt das neue Selbstbewusstsein des Chefs mehrheitlich auf ein positives Echo. „André Trepoll steht mit seinem Gesicht für CDU-Teamgeist, Gradlinigkeit und Erfolg“, sagt Justizpolitiker Richard Seelmaecker. Diejenigen in der Partei, die das anders sehen, schweigen einstweilen. Sie haben ja noch Zeit. Den Spitzenkandidaten für 2020 will die Partei erst Ende 2018 küren. Nach dem Warmlaufen gibt es jetzt immerhin einen Favoriten: Man sieht ihn derzeit in Schwarz-Weiß an fast allen Hamburger Straßen.