Hamburg. SPD und Grüne wollen jetzt die Störanfälligkeit des Nahverkehrs stoppen. Der Plan stammt noch aus der Olympia-Bewerbung.
Mal ist eine Schiene kaputt, dann gibt es Stellwerkstörungen im Hauptbahnhof oder irgendwo im weiten Hamburger S-Bahnnetz meint jemand, über die Gleise spazieren zu müssen: Gerade in jüngster Zeit ist es wegen solcher Vorfälle bei der Hamburger S-Bahn immer wieder zu Störungen gekommen, die sich vor allem im Berufsverkehr empfindlich auswirken, weil dann oft ganz Linien komplett für einige Zeit ausfallen. Mit einer Prioritätenliste aus sechs technischen Maßnahmen soll nun die S-Bahn flexibler und weniger störanfällig gemacht werden. Das geht aus der Senatsantwort auf eine Kleinen Anfrage der beiden Bürgerschaftsabgeordneten Ole Thorben Buschhüter (SPD) und Martin Bill (Grüne) hervor.
So sollen beispielsweise Stromeinspeise-Anlagen und auch Weichen neu gebaut werden. Oder an kritischen Abschnitten sollen neue Zäune verhindern, dass Menschen auf die Gleisanlagen gelangen. Solche Vorschläge waren bereits Teil des Mobilitätskonzepts für die Olympischen Spiele 2024, für die sich Hamburg bewerben wollte. Doch auch nach dem Rückzug von einer Bewerbung hat die Stadt den Abschnitt "Störanfälligkeit S-Bahn reduzieren" weiter verfolgt und mit der Deutschen Bahn beraten.
Geplant ist, dass die notwendigen Baumaßnahmen mit Mitteln des "Bundesschienenwegeausbaugesetzes" finanziert werden. Noch in diesem Frühjahr seien dazu zwischen Bund und Bahn weitere Gespräche geplant, heißt es in der Antwort.
SPD-Politiker fordert Vorfinanzierung durch Hamburg
Doch lange warten dürfe die Bahn nicht, fordern die beiden Hamburger Abgeordneten und Verkehrsexperten ihrer Fraktionen. Sollten nicht schnell genug genügend Mittel zur Verfügung stehen, müsse Hamburg eben eine Vorfinanzierung prüfen, sagt SPD-Politiker Buschhüter: "Die S-Bahn-Infrastruktur muss weniger störanfällig werden." Oder eben flexibler, sollte doch eine "unvermeidbare" Störung auftreten. Gerade die Probleme der letzten Wochen hätten gezeigt, wie wichtig eine flexible Reaktion sein könne, damit nicht gleich ganze Linien ersatzlos gestrichen werden.
Ähnlich äußert sich Grünen-Politiker Martin Bill: Damit die S-Bahn in Zukunft noch mehr Fahrgäste befördern kann, müsse in neue Fahrzeuge aber eben auch in die Infrastruktur investiert werden. Bill: "Zusätzliche Fahrzeuge sind bereits bestellt, nun wollen wir auch die Streckentechnik so schnell wie möglich auf neusten Stand bringen."
Konkret sieht eine Prioritätenliste folgende Maßnahmen vor:
1. Umbau der Stromeinspeise-Anlage am Knoten Hauptbahnhof sowie eine Verbesserung der Wendemöglichkeit am Dammtor: Bei einer Vollsperrung im Hauptbahnhof und Abschaltung der Stromversorgung sollen dann die Züge wenigstens auf benachbarten Stationen starten oder beginnen können. Der von einer Sperrung betroffene Bereich könnte so deutlich verkleinert werden.
2. Neuordnung der Weichenanlage zwischen Rothenburgsort und Bergedorf. Ziel: bei Bauarbeiten oder Störungen zwischen Berliner Tor und Bergedorf könnte dann ein heute nicht möglicher 20-Minuten-Takt über ein Gleis gefahren werden.
3. Neue Weichenanlagen und Signale zwischen Harburg und Hammerbrook, die den Fahrbetrieb vereinfachen sollen. Dieser Abschnitt gehört zu den am intensiv genutzten im Hamburger S-Bahnnetz.
4. Besonders kritische Bereiche an den Bahnanlagen sollen eingezäunt werden, damit dort niemand mehr auf die Gleise gelangen kann. Zum Teil wurde damit bereits begonnen, so zum Beispiel am "Drob Inn" beim Hauptbahnhof, einer Beratungsstelle mit integriertem Drogenkonsumraum.
5. Bahnsteige zwischen Hauptbahnhof und Barmbek sollen verlängert werden, um so bei Störungen auf der Strecke nach Harburg Wendemöglichkeiten für S3-Langzüge zu schaffen.
6. In Altona soll zudem durch eine direkte Nordeinfahrt eine Abstellmöglichkeit geschaffen werden, damit es im Kernnetz bei Störungen nicht zu Staus kommt. Allerdings ist dieser Punkt erst umsetzbar, wenn der Fernbahnhof bis 2023 wie geplant von Altona nach Diebsteich verlegt ist.