Hamburg. Mit dem Flüchtlingsheim haben sich die Klein Borsteler arrangiert. Doch dann kam auch noch ein Bauwagenplatz.

Das Neubaugebiet im Herzen Klein Borstels erinnert ein bisschen an das kleine gallische Dorf: Immer wieder müssen sich die Bewohner neuen Herausforderungen stellen. So ist im Süden ihrer Siedlung, zum Friedhof Ohlsdorf hin, gerade die lange umstrittene Flüchtlingsunterkunft Große Horst entstanden. Kaum hatten die Anwohner damit ihren Frieden gemacht, zog im vergangenen Herbst der Bauwagenplatz der „Borribles“ an den nördlichen Rand. Sein Stammplatz am Rübenkamp wird für den Bau des neuen „Pergolenviertels“ benötigt.

Während sich – wohl wetterbedingt – auf dem Bauwagenplatz noch nicht viel tut, wurden die grünen Modulhäuser der Flüchtlingsunterkunft bereits vollständig bezogen. Auch hier sind nur wenige Bewohner zu sehen. Doch vor den Häusern stehen viele Fahrräder, und aus manchen Schornsteinen steigt Rauch.

Folgeunterbringung war lange umstritten

Die Folgeunterbringung in Klein Borstel war lange umstritten – und ein Synonym dafür, wie das resolute Vorgehen der Stadt in puncto Flüchtlingsunterbringung viele Bürger gegen sich aufgebracht hat. 700 Flüchtlinge sollten unmittelbar am Rand einer kleinen Neubausiedlung untergebracht werden. Viel zu viel für das Quartier zwischen dem Friedhof Ohlsdorf und den Gleisen der S-Bahn-Linie S 1, fanden Anwohner. Doch erst, als einige von ihnen klagten, war die Stadt zu Kompromissen bereit. In einem sogenannten Bürgervertrag vereinbarte der Senat mit der Initiative „Lebenswertes Klein Borstel“, die Unterkunft zu verkleinern.

Die Bewohnerzahl wurde auf 452 reduziert. So konnten weniger Gebäude gebaut werden als geplant – und vor allem niedrigere. Zwei- statt dreigeschossig greifen die Modulhäuser die Höhe der Nachbarhäuser in der Neubausiedlung auf und tragen so zur Akzeptanz der Klein Borsteler bei.

Die ist – erinnert man sich an den Protest der Nachbarn im Sommer 2015 – überraschend groß. „Es gibt überhaupt keine Schwierigkeiten mit den Menschen, die hierhergezogen sind. Im Gegenteil: Sie passen nach Klein Bors­tel“, sagt Anwohnerin Jasmin Peter, die sich in der Volksinitiative „Hamburger für gute Integration“ engagiert. „Aber es gibt strukturelle Probleme.“

Denn der Bauwagenplatz blockiert nicht nur eine beliebte Fußballwiese an der Stübeheide – sondern auch die mittelfristig geplante Erweiterung der gegenüber liegenden Albert-Schweitzer-Schule. Für diese steht jetzt nur noch ein Teil des Grundstücks zur Verfügung. Die Schule, die durch die Kinder aus der Siedlung stark gewachsen ist, errichtet derzeit einen Neubau auf einem Teil des Schulhofs.

Flüchtlinge fragen nach Kita-Plätzen

Doch reichen diese Maßnahmen, um auch die Kinder aus der Flüchtlingsunterkunft aufzunehmen? Schon jetzt leben dort 54 schulpflichtige Kinder (15 davon besuchen die Albert-Schweitzer-Schule) und 89 unter Sechsjährige – davon fast 40 im Kindergartenalter. Doch auch die Kita Sodenkamp (83 Plätze) ist voll belegt – und frei werdende Plätze werden dort vorrangig mit Geschwisterkindern belegt.

Sie habe bereits erlebt, dass Flüchtlingsfamilien mit kleinen Kindern nach Kita-Plätzen gefragt hätten, so Jasmin Peter. „Diese Familien wollen die Kita als Integrationsmöglichkeit annehmen und werden weggeschickt.“ Das entspreche nicht dem Bürgervertrag, in dem sich die Stadt verpflichtet habe, im Umfeld von Flüchtlingsunterkünften für ausreichend Kita-Plätze zu sorgen. „In Klein Borstel besteht diese Möglichkeit nicht. Darauf haben wir oft genug hingewiesen“, sagt ihr Mann Olaf Peter, Vorsitzender des Vereins „Lebenswertes Klein Borstel“.

Halboffene Betreuung in der Wohnunterkunft

Tatsächlich gibt es für die kleineren Flüchtlingskinder lediglich eine halboffene Betreuung in der Wohnunterkunft selbst. Das widerspreche aber der Idee von Durchmischung und sei eigentlich nur in Zentralen Erstaufnahmen zugelassen, so Peter. „Es ging der Stadt von vornherein nicht um Integration, sondern um Unterbringung“, sagt Anwohner Ralf Blinkmann, der sich im Dachverband „Initiativen für erfolgreiche Integration Hamburg“ (IFI Hamburg) engagiert. „Diese Differenz in der Perspektive dauert leider bis heute an.“

Stattdessen vertraue die Stadt darauf, dass die Klein Borsteler die Integration selbst voranbringen. „Es wurden ein Quartiersbeirat und ein runder Tisch gegründet, um auf diese Weise ehrenamtlich einen Teil der Probleme zu lösen“, so Blinkmann. Die Fehler der Stadt auszubügeln stört die Klein Borsteler eigentlich nicht. „Die Stimmung bei uns ist gut. Aber wir verlieren langsam das Vertrauen in die Politik“, sagt Jasmin Peter. Gerade vor dem Hintergrund, dass sie jetzt fürchten müssen, doch noch dauerhaft eine 700-Personen-Unterkunft vor die Nase gesetzt zu bekommen.