Hamburg. Die Hamburger Digitalagentur wird von einem irischen Konzern übernommen. Matthias Schrader bleibt aber Vorstandschef.
Die Anteilseigner der Hamburger Digitalagentur SinnerSchrader hatten schon in den vergangenen Monaten viel Freude an ihren Aktien. Notierte das Papier Ende Februar 2016 noch knapp über vier Euro, waren es am Freitag vergangener Woche annähernd acht Euro. Am Montagmorgen kamen zu den fast 100 Prozent Wertsteigerung binnen Jahresfrist noch einmal mehr als 15 Prozent hinzu, der Kurs schnellte bis auf 9,37 Euro in die Höhe.
Kurz zuvor hatten SinnerSchrader und der Mitbewerber Accenture Interactive gemeinsam die Übernahme des 1996 in Hamburg gegründeten Unternehmens mitgeteilt. SinnerSchrader-Mitgründer und -Chef Matthias Schrader, Finanzvorstand Thomas Dyckhoff und weitere Aktionäre werden 62 Prozent der insgesamt 11,24 Millionen Anteile für neun Euro pro Aktie an die Digitalagentur des Beratungskonzerns Accenture verkaufen. Den anderen 38 Prozent der Teilhaber werde ein öffentliches Übernahmeangebot unterbreitet und dabei ebenfalls neun Euro pro Aktie angeboten, hieß es. Der SinnerSchrader-Aufsichtsrat hat dem Geschäft zugestimmt, das Kartellamt noch nicht.
Es ist das vorläufige Ende einer Unternehmensgeschichte, die nicht immer nur von Erfolgen erzählt: Oliver Sinner und Matthias Schrader hatten ihre Internetfirma vor mehr als 20 Jahren in Hamburg gegründet. SinnerSchrader ebnet anderen Unternehmen den Weg zum Geschäft im weltweiten Netz, berät sie, bietet Lösungen an. Heute gehören Allianz, Audi, BMW, Comdirect, TUI oder VW zu den Kunden. Mit knapp über 500 Mitarbeitern – 360 davon am Hauptsitz Hamburg – erzielte SinnerSchrader 2016 einen Honorarumsatz von fast 50 Millionen Euro. An der Börse war das Unternehmen zuletzt mehr als 100 Millionen Euro wert.
Die Agentur weist Konzernen Weg in die digitale Welt
In den besten Tagen, während des Internethypes Anfang der 2000er-Jahre, waren es einst um die 900 Millionen Euro gewesen. Oliver Sinner stieg noch vor Platzen der Blase aus. Matthias Schrader blieb und steuerte die Agentur durch schwere See. Zeitweise machte sie häufiger durch Personalabbau und Kurzarbeit Schlagzeilen als durch den Gewinn neuer Etats. Die Krise ist längst überwunden, SinnerSchrader gehört zu den größten und erfolgreichsten Digitalagenturen Deutschlands. Warum nun auch der zweite Gründer verkauft, muss offen bleiben. Fragen dazu mochte Matthias Schrader am Montag angesichts des noch laufenden Verkaufsprozesses nicht beantworten.
Der künftige Eigentümer Accenture Interactive ist die weltgrößte und die am schnellsten wachsende Agentur auf diesem Feld und hat in den vergangenen Jahren bereits zehn kleinere Firmen übernommen. Bei Accenture kennt man sich mit solchen Geschäften aus. Der Konzern mit Sitz in Irland ist Spezialist für Unternehmensberatung und Outsourcing, hat weltweit etwa 400.000 Mitarbeiter und erwirtschaftete zuletzt gut 30 Milliarden Euro Umsatz. Die Übernahme der Hamburger soll nun das Deutschlandgeschäft von Accenture Interactive stärken.
„Unsere Kunden und Mitarbeiter als auch unsere Aktionäre werden von der Übernahme profitieren“, erklärte Matthias Schrader. Für die Mitarbeiter eröffneten sich „neue spannende Projekte und Karrierechancen“. Außer dem Eigentümer soll sich für sie erst mal nichts ändern. Die Marke SinnerSchrader bleibe erhalten, hieß es. Und Matthias Schrader bleibe Vorstandschef.