Hamburg . Harald Vogelsang zieht als letzter bekannter Unternehmer ins Plenum der Handelskammer ein. Im Interview erzählt er, was er vorhat.

Er ist der letzte namhafte Vertreter eines bedeutenden Traditionsunternehmens, der es bei den Handelskammerwahlen ins Plenum geschafft hat. Im Abendblatt erzählt Haspa­-Chef Harald Vogelsang, wie er mit dieser neuen Außenseiterrolle künftig umgehen will und was er von den siegreichen „Rebellen“ und dem designierten Kammerpräses Tobias Bergmann erwartet.

Haben Sie den Schock der Kammerwahl schon verdaut?

Harald Vogelsang: Das Ergebnis der Kammerwahl ist für mich kein Schock. Denn ich hatte es durchaus für möglich gehalten, dass die „WIR!“-Gruppe die Mehrheit erringt. Sicherlich hätte ich mir ein anderes Ergebnis gewünscht. Aber es war eine demokratische Wahl, die ich selbstverständlich akzeptiere. Die Höhe des Wahlsieges hat mich allerdings schon überrascht.

Was war Ihr erster Gedanke, als Sie von dem Erdrutschsieg gehört haben?

Mir hat es sehr leid getan, dass so viele engagierte Ehrenamtler nicht wieder ins Plenum gewählt worden sind. Und ich bin der Meinung, dass das Ergebnis die gute Arbeit der bisherigen Mitglieder im Plenum und auch der hauptamtlich Tätigen nicht widerspiegelt. Das finde ich sehr schade. Die sogenannten Rebellen haben harte Kritik an der bisherigen Arbeit geübt – diese Kritik fand ich in der Deutlichkeit nicht richtig. Allerdings sehe ich auch etwas Positives in dem Wahlausgang: Das Ergebnis ist so eindeutig, dass die Verantwortung nun klar verteilt ist.

Was sind aus Ihrer Sicht die Hauptgründe für dieses Ergebnis?

Der Hauptgrund ist für mich die Tatsache, dass rund 82 Prozent der Stimmberechtigten gar nicht gewählt haben.

Früher gab es noch mehr Nichtwähler ...

Richtig, aber das macht es ja nicht besser. Offensichtlich ist es der breiten Mehrheit der Hamburger Unternehmer egal, wer sie in der Handelskammer vertritt. Dieses Desinteresse ist bedauerlich. Hinzu kommt das allgemeine Aufbegehren gegen alles Etablierte. Das ist ja beinahe schon eine weltweite Bewegung. Und man darf nicht vergessen, dass Herr Bergmann und seine Mitstreiter einen sehr, sehr guten Wahlkampf gemacht haben, der von einigen Medien spürbar unterstützt wurde.

Aber hat die Kammer nicht auch Fehler gemacht? Man denke an die Einführung der antiquierten Morgensprache oder die langwierige Diskussion über die Offenlegung des Hauptgeschäftsführer-Gehalts.

Sicherlich wurden in der Vergangenheit auch Fehler gemacht – aber Fehler geschehen überall. Ich halte nichts davon, die Fehler nun an einzelnen Personen festzumachen. Die Hamburger Handelskammer ist bisher eine der leistungsfähigsten Kammern in ganz Deutschland – und das ist das Ergebnis einer außerordentlich guten Arbeit von Haupt- und Ehrenamt.

Nun sind Sie einer von nur noch drei traditionellen Kandidaten, die neben 55 Rebellen im Plenum sitzen werden – vergnügungssteuerpflichtig dürfte das nicht werden ...

Es geht hier ja nicht um Vergnügen. Wir drei sind von den Unternehmern in der Stadt dankenswerter Weise gewählt worden – und das Mandat wirft man als guter Demokrat erst einmal nicht weg. Wir werden uns der neuen Herausforderung stellen. Dass wir zu dritt keine eigenen Entscheidungen herbeiführen können, das ist uns natürlich bewusst.

Von den großen, traditionsreichen Unternehmen wird nur noch die Haspa im Plenum vertreten sein. Repräsentiert die Kammer damit noch Hamburgs Wirtschaft?

Sicherlich werden die großen Unternehmen im Plenum deutlich unterrepräsentiert sein. Schaut man auf die Anzahl der Arbeitsplätze, dann passt das nicht. Blickt man aber auf die Zahl der Mitgliedsunternehmen, dann war es schon immer so, dass von den 166.000 Mitgliedsfirmen die überwiegende Zahl sehr klein ist. So betrachtet macht die Zusammensetzung durchaus Sinn. Dennoch wäre es für die Mischung und den Zusammenhalt der Wirtschaft besser, wenn ein paar größere Arbeitgeber im Plenum vertreten wären.

Dies könnte man über eine nachträgliche Kooptierung, die vom Plenum selbst beschlossen wird, erreichen.

Davon halte ich wenig. Ich finde es schwierig, wenn das eindeutige Wahlergebnis dadurch verfälscht würde. Man sollte eine demokratische Wahl nicht nachträglich grundlegend verändern.

Was halten Sie vom designierten Handelskammer-Präses Tobias Bergmann?

Ich kenne ihn nur aus der gemeinsamen Arbeit im Plenum und in Ausschüssen. Da erlebe ich ihn als sehr dynamisch, umtriebig und außerordentlich geschickt.

Herr Bergmann möchte die Kammerbeiträge bis 2020 abschaffen. Wäre dann aus Ihrer Sicht noch eine konstruktive Kammerarbeit möglich?

Die Wahlsieger haben ihre Forderung ja bereits dahingehend modifiziert, dass sie die Beiträge nicht abschaffen, sondern in Richtung null reduzieren wollen. Das heißt: Zumindest die ihr hoheitlich übertragenen Aufgaben soll die Kammer weiter wahrnehmen, was sie per Gesetz ja auch muss. Ich erwarte nun von der „WIR!“-Gruppe, dass sie einen klugen Plan vorlegt, wie das gehen soll. Bei deutlich geringeren Pflichtbeiträgen würde die Kammerarbeit selbstverständlich eine andere. Es käme dann darauf an, in welchem Umfang die Mitglieder noch freiwillig Beiträge an die Kammer überweisen.

Würde die Haspa ihren heutigen Kammerbeitrag freiwillig weiterzahlen?

Das kann ich heute noch nicht sagen. Unsere Entscheidung würde davon abhängen, wie gut wir uns zukünftig noch von der Kammer vertreten fühlen.

Zum Schluss eine Frage an den Wahlsieger Harald Vogelsang. Was haben Sie besser gemacht als Ihre Mitstreiter?

An mir persönlich wird es kaum gelegen haben. Ich denke, mir hat neben einem vernünftigen Wahlkampf die breite Verankerung der Haspa in Hamburg geholfen. Das mache ich daran fest, dass auch Niels-Helge Pirck von der Haspa-Direkt ins Plenum gewählt wurde.