Hamburg. Ein Beamter schoss laut Polizei in Notwehr. Äußerungen eines Linkenpolitikers zu dem Vorfall in St. Georg empören den Innensenator.
Hamburgs Innensenator Andy Grote (SPD) hat am Donnerstag Rassismusvorwürfe gegen die Polizei scharf zurückgewiesen. Es sei bislang Konsens in Behörden und Politik gewesen, Einsätze mit Schusswaffengebrauch vor Abschluss der Ermittlungen nur zurückhaltend und verantwortungsvoll zu bewerten. „Dieser Konsens ist im vorliegenden Fall in der denkbar radikalsten Form verlassen worden“, sagte Grote am Donnerstag im Innenausschuss der Bürgerschaft.
Linken-Abgeordneter Dolzer sprach von „Hinrichtungsversuch“
Bei der Festnahme eines 33-Jährigen aus Ghana hatte ein Polizist am 1. Februar in der Nähe des Hauptbahnhofs auf den Mann geschossen. Nach Polizeiangaben reagierte der Beamte offenbar in Notwehr auf einen drohenden Messerangriff. Der Afrikaner kam ins Krankenhaus und wurde notoperiert. Inzwischen wurde ein Haftbefehl gegen ihn erlassen. Der Linken-Abgeordnete Martin Dolzer hatte wenige Tage nach der Festnahme erklärt, Augenzeugen des Vorfalls hätten keine Notwehrsituation erkennen können und die Schüsse gar als „rassistisch motivierten Hinrichtungsversuch“ gewertet.
„Der verbale Angriff auf die Polizei (...) kann aus unserer Sicht nicht mehr als Teil legitimer Mandatswahrnehmung betrachtet werden“, sagte Grote. Er erwarte, dass derartige Äußerungen in Zukunft unterblieben. Es gebe bislang keinerlei Hinweise auf ein polizeiliches Fehlverhalten. Polizeipräsident Ralf Martin Meyer hat bereits Anzeige gegen Dolzer wegen übler Nachrede erstattet. Der Abgeordnete hatte zuvor allerdings klargestellt, dass er selbst keinen Anhaltspunkt für einen Hinrichtungsversuch sehe.
Rassismusvorwürfe hatten Folgen
Auf Antrag der Linken, die das Thema ursprünglich auf die Tagesordnung gesetzt hatte, beschloss der Innenausschuss, die Debatte über den Polizeieinsatz zu verschieben. Die Vertreter von CDU und AfD hatten angesichts aktueller Entwicklungen die Diskussion sogleich führen wollen.
Nach ihrer Ansicht sind die Rassismusvorwürfe nicht folgenlos geblieben. Wenige Tage nach der Festnahme des Ghanaers hatten 180 Menschen in Hamburg-St.-Georg gegen ihrer Meinung nach rassistisch motivierte Polizeigewalt demonstriert. Zu erneuten Protesten war es am vergangenen Dienstagabend bei einer anderen Festnahme eines Afrikaners gekommen. Ein 18-Jähriger hatte nach Polizeiangaben nahe dem Hauptbahnhof zwei Angestellte eines Sportwettengeschäftes bedroht. Als Beamte den Somalier festnahmen, hätten sich innerhalb kurzer Zeit 80 bis 100 afrikanisch-stämmige Menschen vor dem Geschäft versammelt und die Polizei beschimpft.