Hitzacker/Hamburg. Die Fisch-Delikatesse ist derzeit kaum zu bekommen. Fangmengen sind dramatisch eingebrochen. Das zeigt sich bereits im Preis.

„Der Stint ist da!“ – mit diesem Slogan werben jedes Jahr Restaurants rund um die Elbe. Im Februar und März bieten sie „Stint satt“ und die begehrten Tellergerichte mit Bratkartoffeln und grünem Salat an. Doch in diesem Jahr heißt es immer häufiger:  Der Stint bleibt weg. „Es ist kaum Stint zu bekommen“, sagt Kathrin Eismann, Juniorchefin des Hamburger Aalspeichers. Und Kathrin Mallon, die Pächterin der Fürst Bismarck-Mühle in Aumühle, ergänzt: „Stint ist in diesem Jahr ganz schwer zu kriegen.“ Die Fangquote sei zu niedrig.

Hat ein Sauerstoffloch im Fluss die Stint-Brut geschädigt?

Wie berichtet, erleben die Fischer derzeit, wie stark die Bestände in der Elbe zurückgegangen sind. Im vergangenen Sommer konnte Walter Zeeck auf der Elbe immer wieder Möwen beobachten, die gar nicht mehr aufflogen, um aus der Luft nach Nahrung zu spähen. „Die brauchten nur zu schnappen, weil die kleinen Fische tot oder halb tot an der Wasseroberfläche trieben“, sagt er. Für ihn war die Sache klar: Wieder hatte ein Sauerstoffloch im Fluss die Stint-Brut stark geschädigt.

Die Konsequenz zeigt sich jetzt im Februar, wenn der Stint normalerweise von der Nordsee die Elbe bis Hamburg hochzieht und in den Restaurants am Fluss der nach frischen Gurken riechende, lachsartige Fisch Hochsaison hat. Zeeck und seine etwa neun Kollegen auf der Unterelbe holen in diesen Tagen dramatisch weniger Stint aus dem Fluss als üblich. Zum zweiten Mal in Folge seien die Fänge so mies, sagt Zeeck, dessen Söhne mit dem Familien-Kutter „Ostetal“ zwischen Brunsbüttel und Finkenwerder derzeit ständig auf der Suche nach guten Fangplätzen sind.

Fischer fangen nur 200 Kilogramm Kilogramm Stint am Tag

Normalerweise würden sie um 1000 Kilogramm an einem Tag fischen, jetzt sind es nur um 200, sagt Zeeck, der Restaurants und den Großhandel in Hamburg beliefert. „Zu wenig, zu wenig“, heißt es überall, sagt Fischer Zeeck. „Doch mehr können wir nicht machen, mehr ist einfach nicht da.“ Ähnliches erlebt derzeit auch sein Kollege aus Jork, Elbfischer Lothar Buckow, der selbst ein Fisch-restaurant betreibt. Um gut 80 Prozent sei seine Fangrate eingebrochen, sagt er.

Bei den Preisen sind die geringen Fangraten bereits zu spüren: Während man den Fisch vor zwei Jahren noch im Kleinankauf für etwa 2,50Euro pro Kilogramm bekam, wird das Kilo jetzt schon mit bis zu 5 Euro gehandelt, sagt Walter Zeeck.

Für die Gaststätten bleibt das nicht ohne Folgen

Für die Gaststätten, die sich auf Stint spezialisiert haben, bleibt das nicht ohne Folgen. Beim Restaurant Elbterrassen in Hitzacker heißt es, jetzt frischen Stint zu bekommen sei ein großes Problem. Die Gäste müssten sich auf Preissteigerungen von rund 2 Euro einstellen. Wenn die Stint-Saison in den Elbterrassen am 24. Februar beginnt, weiß keiner, ob sie nicht schon vorzeitig zu Ende gehen wird.

Mit einer Preissteigerung von 2 Euro bis 3 Euro rechnet auch der Hamburger Aalspeicher. „Es ist das erste Mal, dass es so wenig Stint gibt“, sagt Juniorchefin Eismann. Inzwischen werde sogar tief gefrorener Stint auf den Märkten angeboten. Woher der kommt? „Aus dem Ausland“, meint sie.

Es gab schon einmal eine derartige Stint-Krise – zu Zeiten größter Wasserverschmutzung in der Elbe, die eigentlich seit etwa 20 Jahren überwunden ist. Warum der Stint in diesem Jahr so wenig gefischt wird – das ist für die beiden Elbfischer Walter Zeeck und Lothar Buckow klar: Durch die vielen Elbvertiefungen komme es im Sommer in Hamburg immer wieder zu Sauerstofflöchern in der Elbe, die dann die Stintbrut zu großen Teilen vernichten würden. Tatsächlich laichen Stinte nach Informationen der Umweltbehörde in der Elbe vor allem vor dem Wehr Geesthacht und in der Ilmenau oberhalb der Hamburger Elbbrücken; von dort zieht die Brut dann wieder an Hamburg vorbei zum Wattenmeer. Werden die heranwachsenden Stinte geschlechtsreif, ziehen sie dann wieder in die Flussmündungen, so wie derzeit.

„Stint satt“ gibt es noch im Zollenspieker Fährhaus

Über die möglichen Gründe des jetzt beobachteten Rückgangs könne man aber nur spekulieren, heißt es bei der Behörde. Infrage kämen auch natür­liche Schwankungen in der Population. Möglicherweise habe sich auch der Aufstieg aus dem Wattenmeer durch meteorologische oder hydrologische Einflüsse verschoben. Nicht auszuschließen sei auch, dass sich eine intensive Befischung in der Elbmündung auf das Vorkommen im Bereich Hamburg negativ ausgewirkt habe.

Was immer der Grund ist – wer sich jetzt noch einmal richtig mit Stint satt essen will, kann ab heute das Zollenspieker Fährhaus besuchen. Dort gibt es Stint-Tellergerichte, aber kein "Stint satt" mehr.