Hamburg. Im Februar ist eigentlich an der Unterelbe Hochsaison für die Fisch-Delikatesse. Doch die Fangmengen sind dramatisch eingebrochen.
Im vergangenen Sommer konnte Walter Zeeck auf der Elbe immer wieder Möwen beobachten, die gar nicht mehr aufflogen, um aus der Luft nach Nahrung zu spähen. "Die brauchten nur schnappen, weil die kleine Fische tot oder halbtot an der Wasseroberfläche trieben", sagt der Elb-Fischer. Er wusste, was das bedeutet: Wieder hatte ein Sauerstoffloch im Fluss die Stint-Brut stark geschädigt.
Die Konsequenz zeige sich jetzt im Februar, wenn der Stint normalerweise von der Nordsee die Elbe bis Hamburg hochzieht und in den Restaurants am Fluss der nach frischen Gurken riechende, lachsartige Fisch Hochsaison hat. Zeeck und seine etwa neun Kollegen auf der Unterelbe holen in diesen Tagen dramatisch weniger Stint aus dem Fluss als üblich. Zum zweiten Mal in Folge seien die Fänge so mies, sagt Zeeck, dessen Söhne mit dem Familien-Kutter "Ostetal" zwischen Brunsbüttel und Finkenwerder derzeit ständig auf der Suche nach guten Fangplätzen sind.
Normalerweise würden sie um 1000 Kilogramm an einem Tag fischen, jetzt sind es nur um 200, sagt Zeeck, der Restaurants und den Großhandel in Hamburg beliefert. "Zu wenig, zu wenig", heißt es überall, sagt der Fischer. "Doch mehr können wir nicht machen, mehr ist einfach nicht da".
Elbfischer Buckow fischt 80 Prozent weniger als üblich
Ähnliches erlebt derzeit auch sein Kollege aus Jork, Elbfischer Lothar Buckow, der selbst ein Fisch-Restaurant betreibt. Um gut 80 Prozent sei seine Fangrate eingebrochen, sagt er.
Stint, der sonst in Massen in der Elbe vorkommt und zu früheren Zeiten sogar von Land aus mit Waschkörben gefangen wurde, dürfte damit wieder zu einer Seltenheit werden. So wie zu Zeiten größter Wasserverschmutzung in der Elbe, die eigentlich seit etwa 20 Jahren überwunden sind. Bei den Preisen sind die geringen Fangraten unterdessen bereits zu spüren: Während man den Fisch vor zwei Jahren noch im Kleinankauf für etwa zweieinhalb Euro pro Kilo bekam, wird das Kilo jetzt schon mit bis zu fünf Euro gehandelt, sagt Zeeck.
Fischer machen Sauerstofflöcher im Fluss verantwortlich
Warum der Stint in diesem Jahr so wenig gefischt wird – das ist für die beiden Elbfischer klar: Durch die vielen Elbvertiefungen komme es im Sommer in Hamburg immer wieder zu Sauerstofflöchern in der Elbe, die dann die Stintbrut zu großen Teilen vernichte. Tatsächlich laichen Stinte nach Informationen der Umweltbehörde in der Elbe vor allem vor dem Wehr Geesthacht und in der Ilmenau oberhalb der Hamburger Elbbrücken; von dort zieht die Brut dann wieder an Hamburg vorbei zum Wattenmeer. Werden die heranwachsenden Stinte geschlechtsreif, ziehen sie dann wieder in die Flussmündungen wie derzeit.
Über die möglichen Gründe des jetzt beobachteten Rückgangs könne man aber nur spekulieren, heißt es bei der Behörde. In Frage kämen auch natürliche Schwankungen in der Population. Möglicherweise habe sich auch der Aufstieg aus dem Wattenmeer durch meteorologische oder hydrologische Einflüsse verschoben. Nicht auszuschließen sei auch, dass sich eine intensive Befischung in der Elbmündung auf das Vorkommen im Bereich Hamburg negativ ausgewirkt habe.