Hamburg. Signal Iduna und andere Institute berechnen jetzt bis zu 24 Euro pro Jahr für Service und Kontoführung. Kunden können sich wehren.

Die Kunden von Bausparkassen müssen sich auf neuen Ärger einstellen. Nachdem die Institute in den vergangenen Jahren viele Altverträge gekündigt haben, sollen die Kunden einiger Bausparkassen jetzt eine jährliche Servicegebühr für die Kontoführung entrichten.

Bei der Signal Iduna Bauspar AG aus Hamburg beträgt die Servicepauschale für alle Kunden und Bauspartarife 15 Euro im Jahr. Sie wurde mit Beginn des Jahres eingeführt. „Unsere Verwaltungsaufwendungen haben wir bislang immer aus dem Zinsergebnis ausgeglichen“, sagt Axel Berberich von Signal Iduna. Das sei wegen der historisch niedrigen Kapitalmarktzinsen und ständig steigenden regulatorischen Anforderungen nicht mehr möglich. Mit der neuen Gebühr sind aber auch Kosten, die bei der Änderung von Bausparverträgen entstehen können, abgegolten.

Auch die Debeka Bausparkasse bittet seit Jahresbeginn ihre Kunden zur Kasse. Je nach Tarif werden zwölf oder 24 Euro pro Jahr fällig. Die LBS Schleswig-Holstein-Hamburg erhebt ein Jahresentgelt in Höhe von zwölf Euro. Dieser Betrag wird auch bei Schwäbisch Hall fällig, allerdings nur für neue Verträge.

„Kunden sollten neuer Gebühr widersprechen“

„Wir finden es nicht in Ordnung, wenn die Verbraucher jetzt mit neuen Gebühren konfrontiert werden“, sagt Dirk Scobel von der Verbraucherzentrale Hamburg. Die neuen Gebühren gehen einher mit einer Änderung der Allgemeinen Bedingungen für Bausparverträge (ABB), über die die Kunden informiert werden müssen. „Die Kunden sollten der neuen Gebühr widersprechen und wenn das nicht hilft, sich an den Ombudsmann der Bausparkassen wenden“, sagt Scobel.

Die Chancen, die neue Gebühr nicht zahlen zu müssen, sind gut. Das bestätigen Signal Iduna und Debeka auf Nachfrage. „Eingehende Widersprüche werden wir selbstverständlich beachten und die Servicepauschale nicht erheben“, heißt es bei Signal Iduna. Je nach Tarif haben die Bausparer dafür aber nur vier oder acht Wochen Zeit.

Bei der Debeka beträgt die Frist zwei Monate. Doch solche Schreiben zur Änderung der AGB werden meist achtlos abgeheftet. Wenn die Servicegebühr erst auf dem Jahres-Kontoauszug zu Beginn des nächsten Jahres bemerkt wird, ist es zu spät für einen Widerspruch.

Zinsen für Kredite oft niedriger als Bauspardarlehen

Wüstenrot verzichtet auf eine Jahresgebühr. Die BHW-Bausparkasse spürt zwar einen Druck aufgrund der niedrigen Zinsen, hat aber noch nichts entschieden. Jährlich werden noch rund drei Millionen Bausparverträge abgeschlossen. In der Regel spart der Kunde die Hälfte einer vorher vereinbarten Bausparsumme an. Die andere Hälfte bekommt er nach einer Einzahlungs- und Wartezeit von mehreren Jahren als Bausparkredit. Der Zins dafür steht schon zu Vertragsbeginn fest. Doch in Zeiten historisch niedriger Zinsen hat dieses Geschäftsmodell an Attraktivität verloren.

Vielfach werden die Bauspardarlehen nicht mehr abgerufen, weil die Zinsen für Baukredite am Markt niedriger sind. Inzwischen haben die Bausparkassen mit neuen Tarifen und niedrigen Zinsen auf diese Entwicklung reagiert. „Schon im Jahr 2013 betrug der niedrigste Darlehenszinssatz bei uns 1,35 Prozent“, sagt Dirk van Issem von Wüstenrot. Inzwischen gibt es einen Tarif mit nur einem Prozent Zinsen.

Bausparkassen wollen teure Verträge loswerden

Gleichzeitig leiden die Bausparkassen unter Verträgen mit hohen Zinsen in der Ansparphase. Da das eine attraktive Geldanlage ist, wollen die Kunden möglichst lange daran festhalten. „Eine der höchsten risikolosen Sparrenditen“, warb BHW einst für solche Verträge. Jetzt wollen alle Bausparkassen solche Verträge loswerden.

„Die Kündigung von Bausparverträgen, bei denen die vereinbarte Bausparsumme erreicht wurde oder bei denen eine Zuteilung des Darlehens vor mehr als zehn Jahre erfolgt ist, ohne dass der Kunde die Zuteilung angenommen hat, halten wir im Sinne des Kollektivs aller Bausparer für notwendig“, sagt Rüdiger Grimmert von der BHW Bausparkasse.

Wann ist eine Kündigung rechtens?

Diesem Grundsatz folgen viele Bausparkassen, und die Mehrzahl der Gerichte hält diese Kündigungen für angemessen. Wenn das Bausparguthaben die Bausparsumme übersteigt, ist eine Kündigung gerechtfertigt, urteilt auch die Stiftung Warentest. Umstritten ist aber, ob eine Kündigung auch möglich ist, wenn der Vertrag seit zehn Jahren zuteilungsreif ist, auch wenn er noch nicht voll bespart ist.

Gewissheit in dieser Frage ist in wenigen Wochen von den Richtern des Bundesgerichtshofes (BGH) zu erwarten. Sie verhandeln am 21. Februar den Fall einer Bausparerin, die 1999 bei Wüstenrot zwei Verträge abgeschlossen hatte. Als diese zuteilungsreif wurden, nahm sie die Darlehen nicht in Anspruch, sondern profitierte weiter von dem attraktiven Zinssatz. Anfang 2015 kündigte ihr Wüstenrot schließlich die Verträge. In der Vorinstanz hatte das Oberlandesgericht Stuttgart zugunsten der Verbraucherin entschieden.

Institute wollen auch 2017 Altverträge kündigen

Auch in diesem Jahr bleibt die Bausparbranche bei vielen Kunden auf Konfrontationskurs und setzt auf die Kündigung von gut verzinsten Altverträgen, ergab eine Umfrage des Abendblatts bei mehreren Instituten. Damit ist klar: Im Jahr 2017 dürften abermals Zehntausende Verträge gekündigt werden. Nach der ersten großen Welle 2015 mit 200.000 Kündigungen waren es 2016 schätzungsweise 60.000. Ähnlich hoch wird der Wert wohl auch 2017 sein.

Die LBS Schleswig-Holstein-Hamburg wird in diesem Jahr rund 2400 Bausparverträge kündigen. Wüstenrot spricht von „wenigen Tausend“ Kündigungen. Die Signal Iduna Bauspar AG rechnet nur mit „einigen Hundert“ Kündigungen in diesem Jahr. Die Bausparkasse beschränkt sich dabei auf Verträge, bei denen das Bausparguthaben die Bausparsumme übersteigt.

Wer eine Kündigung erhält, obwohl dieser Fall noch nicht eingetreten ist, sollte per Einschreiben widersprechen, raten die Experten der Stiftung Warentest. Sollte der BGH diese Kündigungen demnächst für unwirksam erklären, bleiben die eigenen Rechte gewahrt.