Hamburg. Seit seinem schweren Autounfall auf der A1 wird der frühere Hamburger in Boberg behandelt. Sein Comeback ist für ihn zweitrangig.

Sein Unfall ist erst gut eine Woche her, aber Marcel Schliedermann kann sich an nichts erinnern. „Das Letzte, was ich noch weiß, ist, wie ich im Auto gefahren bin“, sagte der ehemalige HSV-Handballprofi am Montag dem Abendblatt, „und das Nächste, dass ich plötzlich im völlig demolierten Fahrzeug wieder aufgewacht bin. Ich habe noch den Ersthelfer gesehen. Dann wurde mir wieder schwarz vor Augen."

In diesem Auto verunglückte Schliedermann
In diesem Auto verunglückte Schliedermann © TVR-News Network | TVR-News Network

Was in den Minuten der Gedächtnislücke passierte, lässt sich bislang nur grob rekonstruieren. Schliedermann (26), der 2014 vom HSV zum Zweitligisten ThSV Eisenach gewechselt war, war am Nachmittag des 29. Januar in seinem Renault Talisman zusammen mit einer 19 Jahre alten Freundin auf der Autobahn A1 unterwegs in Richtung Lübeck, als er in Höhe der Anschlussstelle Bad Oldesloe von der Fahrbahn abkam, über die Leitplanke schleuderte, ein Ausfahrtschild sowie eine Notrufsäule umriss und sich mehrfach überschlug. Beide Insassen wurden schwer verletzt aus dem völlig zerstörten Fahrzeug geborgen und ins Krankenhaus gebracht.

Sehnenrisse, Schädel-Hirn-Trauma, Blutergüsse

Schliedermann liegt weiterhin im Boberger BG-Klinikum Hamburg. Dort wurde er am vergangenen Mittwoch erfolgreich am linken Ellbogen operiert, in dem er sich Bänder- und Sehnenrisse zugezogen hatte. „Die Schläuche sind inzwischen raus. Es geht mir den Umständen entsprechend gut“, sagte Schliedermann. Er habe zwar noch Schmerzen, auch sei das Gelenk noch geschwollen. Aber er könne von Glück reden: „Ich habe wie durch ein Wunder keine Brüche davongetragen.“ Neben der Ellbogenverletzung wurden ein Schädel-Hirn-Trauma, Blutergüsse in den Augen sowie eine Rippelprellung diagnostiziert.

Seine Begleiterin, die in Lübeck behandelt wird, hatte weniger Glück. Sie lag zunächst im Koma, ist aber inzwischen ansprechbar und außer Lebensgefahr. Schliedermann: „Ihr Zustand ist stabil, mehr möchte ich dazu nicht sagen.“ Zusammen mit seinen Eltern hatte Schliedermann die 19-Jährige am Sonntag im Krankenhaus besucht. Er war dabei auch an der Unfallstelle vorbeigefahren. „Aber ich kann es mir immer noch nicht erklären und weiß nicht, wie es passiert ist. Es war kein Alkohol im Spiel, und es ist die Strecke, die ich Hunderte Male zum Training gefahren bin.“

Viel Zuspruch von den Ex-Kollegen

Der aus Ehingen (Donau) stammende Schliedermann besaß in seiner Zeit beim HSV (2009 bis 2014) ein Zweitspielrecht für den VfL Bad Schwartau in der Zweiten Liga. Er war zum Zeitpunkt des Unfalls unterwegs zu seiner Gastfamilie in Lübeck, die ihn damals bei sich aufgenommen hatte. Tags zuvor hatte er das Drittligaspiel des HSV gegen Oranienburg in der Sporthalle Hamburg besucht.

Von den ehemaligen Kollegen, mit denen Schliedermann 2011 deutscher Meister wurde, habe er in den vergangenen Tagen viel Unterstützung erfahren. „Pascal Hens, Matthias Flohr, die Lijewski-Brüder, Martin Schwalb, Christian Fitzek – sie alle haben sich bei mir gemeldet und mir Hilfe angeboten. Das bedeutet mir sehr viel.“

Wann der Spielmacher wieder Handball spielen kann, ist unklar. Schliedermann rechnet damit, noch in dieser Woche die Klinik verlassen und nach Eisenach reisen zu dürfen. Die Ärzte gingen derzeit von drei bis vier Monaten Pause aus. Das würde bedeuten, dass Schliedermann auf ein Comeback gegen Saisonende (letzter Spieltag 10. Juni) hoffen darf. „Aber das ist für mich jetzt völlig unwichtig“, sagte Schliedermann, „das Einzige, was zählt, ist, dass meine Begleiterin wieder auf die Beine kommt.“