Hamburg. Stiftung Ros übernimmt die 112 Zimmer des Ledigenheims an der Rehhoffstraße. Sanierung als soziales und kulturelles Wohnprojekt.

Sechs Jahre ihres Lebens haben sie in die Verwirklichung einer Idee investiert, die manche belächelt haben mögen. „Manchmal“, sagen Antje Block (35) und Jade Jacobs (39), „sind uns selber Zweifel gekommen.“ Doch der Idealismus hat gesiegt, sie haben ihr Ziel erreicht. Seit Mittwoch sind die beiden ehrenamtlichen Vorstände der von ihnen mitbegründeten Stiftung Ros Eigentümer des Männerwohnheims an der Rehhoffstraße. 2,1 Millionen Euro haben sie dem Eigentümer, einem dänischen Immobilienfonds, für das 112-Zimmer-Haus gezahlt – mehr als die Hälfte davon haben sie aus den Spenden finanziert, die sie in den vergangenen Jahren eingetrieben haben. Jetzt wollen sie das Gebäude sanieren und es zu einem zukunftsweisenden Wohnprojekt machen.

Schon jetzt haben sie viel erreicht

Antje Block und Jade Jacobs (3. v. l.) mit den Bewohnern Werner Scobel, Peter Amtmann, Michael Gerdes und Wolfgang
Jakstadt (v. l.). Wie das ganze Haus soll auch der Saal im Erdgeschoss mit Spenden saniert werden
Antje Block und Jade Jacobs (3. v. l.) mit den Bewohnern Werner Scobel, Peter Amtmann, Michael Gerdes und Wolfgang Jakstadt (v. l.). Wie das ganze Haus soll auch der Saal im Erdgeschoss mit Spenden saniert werden © HA | Marcelo Hernandez

Schon jetzt haben sie viel erreicht. Wie in einem Mehrgenerationenhaus leben im Ledigenheim mittlerweile nicht mehr nur ehemalige Seemänner, Monteure und Hafenarbeiter, sondern auch Auszubildende und Studenten (wir berichteten). Je nach Dauer ihres Mietverhältnisses zahlen sie für ein Acht-Quadratmeter-Zimmer und die Nutzung der gemeinschaftlichen Küchen und Bäder zwischen 153 und 250 Euro. In der Miete enthalten sind die Dienste eines Sozialarbeiters, sowie ein Wäsche- und Reinigungsservice - Leistungen, die auf die soziale Intention aus der Entstehungszeit des Ledigenheims stammen, nach und nach aber eingespart worden waren. Dank der Initiative von Antje Block und Jade Jacobs, deren Ehrenamt mittlerweile ebenso viel Zeit in Anspruch nimmt wie ein Fulltime-Job, konnten sie jedoch wieder eingeführt werden.

Ledigenheime galten damals als Vorbild genossenschaftlichen Wohnens und waren in den Zeiten zunehmender Industrialisierung der politische Versuch, den in die Städte strömenden Männern eine Unterkunft zu bieten. Der Bauverein Hamburg errichtete das Männerwohnheim an der Rehhoffstraße 1912 als teuerstes Gebäude in seiner Geschichte. Heute gibt es nur noch ein weiteres in München.

Die Stiftung Ros möchte das Hamburger Ledigenheim als Sozial- und Kulturdenkmal erhalten und betreiben. Bereits jetzt gibt es in dem großen Saal im Erdgeschoss regelmäßig Lesungen mit namhaften Autoren, Nachbarschaftsessen, Skat- und Musikabende, Vorträge und ein Philosophiekreis statt. Oft lässt sich dann auch der eine oder andere Bewohner des Ledigenheims blicken.

Antje Block und Jade Jacobs feierten den Besitzerwechsel am Mittwoch in einem eher kleinen Kreis – die vielen Unterstützer hätten nicht alle in den Saal gepasst. Zahlreiche Stifter, die zwischen fünf und 50.000 Euro gespendet haben, gehören dazu, die Abgeordneten der Bezirksversammlung Hamburg-Mitte, St.-Michaelis-Pastor Hartmut Dinse, der Architekt Alk Arwed Friedrichsen, mehrere Rechtsanwälte und Steuerberater, die frühere Justizsenatorin Jana Schiedek (SPD), die zeitweise Patin des Projekts war, sowie der frühere Bezirksamtsleiter und jetzige Innensenator Andy Grote (SPD), der es einst das „spannendste und mutigste Projekt in Hamburg-Mitte“ genannt hatte.

Droßmann dankte den Initiatoren

Sein Nachfolger, Falko Droßmann (SPD), dankte den Initiatoren jetzt „für Ihr großes Engagement und die Ausdauer, mit der Sie sich für das Projekt und den Kauf des Gebäudes eingesetzt haben“. Der Erhalt und die konzeptionelle Weiterentwicklung des Ledigenheims als soziales und kulturelles Projekt sei von großem öffentlichen Inter­esse. Das findet auch Arik Willner, Chef der SPD Mitte und Mitglied im Ros-Stiftungsbeirat. „Hier ist ein Kleinod im Herzen der Stadt entstanden. Wir Politiker waren gefordert, den Raum dafür zu schaffen.“

Ein Projekt wie das Männerwohnheim gehöre zu einer guten Quartiersentwicklung, denn es zeige, wie man gesellschaftlichen Entwicklungen wie Gentrifizierung und Vereinsamung im Alter begegnen könne. Tatsächlich hat die Bezirkspolitik mit dem Beharren auf der sozialen Erhaltensverordnung und dem Denkmalschutz die ursprüngliche Absicht des Unternehmens Core Property verhindert.

Dänen planten kleine Apartments

Die Dänen hatten 2009 den gesamten Wohnblock zwischen Herrengraben, Rehhoff- und Pasmannstraße gekauft und wollten jeweils mehrere Zimmer zu kleinen Apartments zusammenlegen. Die Bewohner hätten ausziehen müssen. „Wir sind froh. Jetzt ist es endlich sicher, dass wir hier wohnen bleiben können“, sagen Werner Scobel, der seit 1967 ein Zimmer im dritten Stock bewohnt, und Michael Gerdes, der hier 2005 eine neue Heimat fand. Selbst John Bødker von Core Property freut sich über den Verkauf. Obwohl der Fonds das Ledigenheim zum Selbstkostenpreis verkauft und der Stiftung dafür sogar noch 25.000 Euro gespendet hat, spricht er „von einer Investition, die uns ein gutes Gefühl gibt“.

Die Hamburger Hildegard und Rainer Sattelmacher haben mit ihrer Stiftung, die Bedrängten und Begabten hilft, im Laufe der letzten Jahre rund 50.000 Euro für das Männerwohnheim gespendet. "Das Projekt ist einzigartig und zukunftsweisend und braucht Unterstützung von allen Seiten. Hier haben sich zwei junge, tüchtige Menschen eine Herkulesaufgabe aufgeladen haben, der sie bescheiden, selbstlos und uneigennützig ihr Leben widmen. Die beiden haben einen Traum, der ihnen die Kraft zum Kämpfen gibt. Wir wollen dazu beitragen, dass er sich erfüllt."

Für die Sanierung und den Betrieb des Ledigenheim ist die Stiftung Ros auf weitere Spenden angewiesen. Infos unter www.rehhoffstrasse.de