Hamburg. Die Konfektionsware der 60er- und 70er-Jahre gehört der Vergangenheit an. Allein in 2016 sind 500 neue Klassenräume entstanden.

In den Hamburger Schulbau sind Innovation und Modernität eingezogen, die Konfektionsware der 60er- und 70er-Jahre gehört der Vergangenheit an: Die Berufliche Schule Eidelstedt (BS 24) hat zum Beispiel einen Neubau erhalten, in dem auf Türen weitgehend verzichtet wurde. Die Unterrichtsräume der Lernbereiche werden nur durch Glaswände voneinander getrennt. Benachbarte Schulen wie die Stadtteilschule und das Gymnasium Rissen erhalten einen Campus mit Mensa und weiteren Gebäuden, die gemeinsam genutzt werden. Der Neubau des Gymnasiums Hoheluft mit dem besonderen Clou zweier, übereinandergebauter Zweifeld-Sporthallen wurde vom Architekten- und Ingenieurverein (AIV) Hamburg als „Bauwerk des Jahres“ ausgezeichnet.

An 200 Schulen wurde saniert oder angebaut

Hamburgs Schulsenator Ties Rabe (SPD)
Hamburgs Schulsenator Ties Rabe (SPD) © Marcelo Hernandez | Marcelo Hernandez

Seit 2011 sind rund 1,3 Milliarden Euro in Neubau und Sanierung von Schulgebäuden investiert worden. „Es gab vor sechs Jahren beim Regierungswechsel einen erheblichen Sanierungsstau von drei Milliarden Euro und außerdem geplante Neubauprojekte im Umfang von rund einer Milliarde Euro“, sagte Schulsenator Ties Rabe (SPD) in einer Art Zwischenbilanz des Schulbauprogramms des Senats. „Wir haben die Mittel für den Schulbau mehr als verdoppelt.“

Das Ergebnis: Mehr als 200 der 375 staatlichen Schulen haben neue Gebäude erhalten oder wurden erheblich saniert. Allein im vergangenen Jahr wurden umgerechnet 50.600 Quadratmeter Unterrichtsräume gebaut und weitere 100.200 Quadratmeter Räume saniert. „Das entspricht rund 500 Klassenräumen oder dem Volumen von 20 Grundschulen und acht weiterführenden Schulen“, sagte Rabe. Allein 2016 sind 25 Sporthallen neu entstanden oder saniert worden. Bis 2019 sollen noch einmal 48 Hallen mit 67 Spielfeldern neu gebaut werden.

Ganztagsbetrieb macht Kantinenbau erforderlich

Die Umstellung der Schulen auf den Ganztagsbetrieb macht den Bau von Kantinen erforderlich. Nach An­gaben der Schulbehörde sind in den vergangenen sechs Jahren 207 Schulkantinen entstanden. Darunter waren 20 sogenannte Produktions- oder Vitalküchen, in denen das Essen frisch zubereitet und nicht nur aufgewärmt wird. Bislang wurden für den Kantinenbau rund 230 Millionen Euro ausgegeben. Bis 2021 sollen nach jetziger Planung weitere 73 Kantinen entstehen, davon wiederum 50 Vitalküchen.

Die zum Teil marode Bausubstanz ist nicht der einzige Grund für Neubau und Sanierung. Die Zahl der Schüler steigt weiterhin an, sodass auch Schulen neu gegründet werden. Zuletzt war das in Eimsbüttel mit dem Gymnasium Hoheluft der Fall. Eine weitere größere Neugründung ist das Struensee-Gymnasium in Altona, das sich noch im Aufbau befindet.

Das Volumen der vorhandenen Schulgebäude würde im Prinzip derzeit noch ausreichen, um die wachsende Zahl von Schülern unterzubringen. „Das Problem ist, dass der Schulraum nicht immer da ist, wo wir ihn benötigen“, sagte Rabe. Daher gibt es Schulstandorte, die ganz oder teilweise geschlossen werden, weil der Bedarf vor Ort nicht mehr vorhanden ist, während an anderer Stelle neu gebaut wird.

Kritik an hoher Gebäudemiete

Stillgelegte Schulgebäude werden abgerissen, anderweitig vermietet oder verkauft. „Entscheidend ist, dass das so eingesparte Geld dem Schulbau weiter zur Verfügung steht“, sagte Finanz­senator Peter Tschentscher (SPD). Vor sechs Jahren seien die Aktivitäten der Stadt auf diesem Sektor mit der Ausgliederung des Sondervermögens Schulbau und der Gründung von Schulbau Hamburg als einem „Spezialdienstleister“ (Tschentscher) für Schulbau völlig neu organisiert worden.

„Es ist gelungen, auf diesem Weg gut und kosteneffizient zu bauen“, sagte Tschentscher, dem Schulbau Hamburg untersteht. „Die meisten Schul­gebäude bekommen als Note jetzt eine Zwei oder Drei, nicht alles ist eine Eins, aber es gibt keine Fünfen und Sechsen mehr.“ In den nächsten Jahren soll das Finanzvolumen für den Schulbau von derzeit 414 auf rund 500 Millionen Euro pro Jahr anwachsen. „Das System läuft gut, auch weil wir alle Projekte mit den Nutzern intensiv abstimmen“, sagte Ewald Rowohlt, Geschäftsführer von Schulbau Hamburg. Entscheidend sei die detaillierte Vorplanungsphase, bei der er sich manchmal mehr Mut zu Neuem von den Schulen wünsche.

„Grundsätzlich freue ich mich, wenn Hamburgs Schulen in Schuss sind“, sagte Karin Prien (CDU). „Aber die Miete, die die Schulbehörde für die Nutzung der Gebäude zahlt, deckt nicht die entstehenden Kosten. Jedes Jahr entsteht ein Minus von 30 Millionen Euro.“ Aus Sicht von Sabine Boeddinghaus (Linke) reichen die Anstrengungen des Senats für den Schulbau nicht aus. Alexander Wolf (AfD) sagte, eine förderliche Lernumgebung zeichne sich nicht unbedingt dadurch aus, „klassische Unterrichtsräume durch riesige begehbare Wohnzimmer mit Sofas und Chill-Ecken zu ersetzen“, wie an einigen Schulen geschehen.