Hamburg. Der islamische Theologe Farid Esack an der Akademie der Weltreligionen gerät in die Kritik. Veranstaltung im Rathaus abgesagt.

Entrüstung über einen strammen Israelkritiker an der Universität Hamburg: Die CDU und die deutsch-israelische Gesellschaft üben deutliche Kritik an der Gastprofessur des islamischen Theologen Farid Esack aus Südafrika an der Akademie der Weltreligionen. Diese Entscheidung sei „höchst fragwürdig“, sagte der CDU-Abgeordnete Carsten Ovens. Zuerst hatte die „Welt“ über die Kritik an der Professur berichtet. Die Akademie der Weltreligionen bezeichnete die Kritik gegenüber dem Abendblatt als unangemessen.

Hintergrund der Vorwürfe: Farid Esack ist Vorsitzender des südafrikanischen Bündnisses „BDS“ („Boycott, Divestment, Sanctions“), das sich für umfangreiche Maßnahmen gegen den israelischen Staat ausspricht. Immer wieder attackiert Esack die Politik der Israelis gegenüber den Palästinensern scharf – teilweise mit drastischen Worten, teilweise klar israelfeindlich. So nannte Esack den früheren israelischen Staatspräsidenten und Friedensnobelpreisträger Schimon Peres auf dem Kurznachrichtendienst Twitter einen „Terroristen“.

Mitglieder von „BDS“ in Südafrika sowie ranghohe Funktionäre der Partei ANC des südafrikanischen Präsidenten hofierten etwa im Oktober 2015 Vertreter der radikalen pro-palästinensischen Organisation Hamas in Südafrika. Die Gruppe ist durch die USA und Israel als Terrororganisation eingestuft. Der Europäische Gerichtshof wies diese Einschätzung in einem Urteil in 2014 für die EU allerdings zurück. Zudem lud das „BDS“ mehrfach zur „Israeli Apartheid Week“ ein, eine Protestwoche, in der die Politik Israels gegenüber den Palästinensern mit dem früheren rassistischen Apartheids-Regime in Südafrika verglichen wurde.

CDU: Professor benutzt Forderungen von Antisemiten

Für sein Engagement in der Anti-Apartheid-Bewegung um den Friedensnobelpreisträger Nelson Mandela ist Farid Esack jedoch gleichzeitig international anerkannt. Nach Ende der Rassentrennung in Südafrika berief ihn der damalige Präsident Mandela als Beauftragten für Gleichstellung in sein Kabinett. Immer wieder hält Esack Vorträge an Universitäten oder anderen Bildungseinrichtungen. Zuletzt hatte das Islamische Zentrum Hamburg den umstrittenen Theologen zu einer Diskussion in die Blaue Moschee an die Alster eingeladen. Nach Aussagen von Teilnehmern soll sich Esack dort für die Idee eines „Islamischen Staates“ in Deutschland offen gezeigt haben.

Scharfe Kritik kommt aus der CDU. Deren Bundesparteitag hatte „BDS“ im November 2016 als eindeutig antisemitisch eingestuft. „Wer unter der Fahne der antisemitischen Bewegung zum Boykott israelischer Waren und Dienstleistungen aufruft, der spricht in der gleichen Sprache, in der man einst die Menschen dazu aufgerufen hat, nicht bei Juden zu kaufen“, kritisierte der Abgeordnete Carsten Ovens nun bei Facebook.

Vortrag im Rathaus abgesagt

Die Akademie der Weltreligionen wurde nach Abendblatt-Informationen bereits Ende der vergangenen Woche durch den Grünen-Politiker Volker Beck mit den Vorwürfen konfrontiert. Das Präsidium suchte daraufhin das Gespräch mit Farid Esack. Am Donnerstag hieße es, Farid Esack habe sich in der Vergangenheit zwar israelkritisch, aber definitiv nicht antisemitisch gezeigt - und sich im Gegenteil sogar international deutlich gegen antisemitische Tendenzen im Islam eingesetzt.

Wie die CDU-Politikerin Karin Prien ebenfalls bei Facebook mitteilte, wurde eine geplante Podiumsdiskussion mit Farid Esack am Mittwoch im Kaisersaal „aus organisatorischen Gründen“ abgesagt, wie die Akademie der Weltreligionen in einer Mail ankündigte. Dabei handelt es sich um eine Veranstaltung aus einer Gesprächsreihe der Akademie der Weltreligionen. Laut Prien habe sich der Protest damit offenbar unmittelbar gelohnt. Nach Abendblatt-Informationen mehrten sich aber bereits seit Tagen im Internet Aufrufe im Internet, die Veranstaltung zu stören.

Grundsätzlich hält die Akademie der Weltreligionen daran fest, das Farid Esack geeignet für eine Gastprofessur sei. Er lehrte bereits seit Oktober in Hamburg und wird spätestens Anfang Februar seine Heimreise nach Südafrika antreten.