Hamburg. Der Kandidat der Linken für die Bundespräsidentenwahl stellte sich in Hamburg vor und hofft auf Rot-Rot-Grün.
Christoph Butterwegge ist zwar parteilos. Wer aber mit ihm spricht, merkt schon nach wenigen Minuten, dass er gut zur Linken passt. Die hat ihn als Kandidaten für die Wahl des Bundespräsidenten am 12. Februar aufgestellt. In diesen Tagen ist der Politikwissenschaftler auf Tour durch die Bundesländer, um sich den Delegierten der Bundesversammlung vorzustellen.
Lieber Gemeinsamkeiten betonen
Natürlich weiß der 66-Jährige um seine geringen Chancen gegen Noch-Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD), der von SPD und Union ins Rennen geschickt wird. „Ich sehe meine Kandidatur als Signal für ein rot-rot-grünes Regierungsbündnis auf Bundesebene“, sagt Butterwegge. Dabei hält er sich nicht damit auf, was SPD, Linke und Grüne unterscheidet. „Sie sollten lieber die Gemeinsamkeiten betonen.“
Dass dazu schmerzhafte Kompromisse gehörten, sei ihm klar. „Eine rot-rot-grüne Bundesregierung würde eine Gratwanderung sein, immer der Gefahr der Anpassung an vorherrschende Verhältnisse ausgesetzt. Die größte Herausforderung besteht darin, innerhalb der vorhandenen Strukturen eine Politik zu machen, die erfolgreich ist und das System verändert.“ Deshalb bedürfe auch außerparlamentarischen Drucks.
Obdachlosigkeit werde nicht ernst genommen
Wohin das „System“ verändert werden soll, ist für Butterwegge eindeutig: Ihm geht es um soziale Gerechtigkeit. „Wir erleben, dass die Reichen reicher und die Armen zahlreicher werden.“ Bis weit in die Mitte der Gesellschaft hinein sei Armut verbreitet. Obdachlosigkeit werde in einer reichen Stadt wie Hamburg nicht ernst genommen.
Dann erzählt er von den Obdachlosen, die in der Mönckebergstraße um Almosen bettelten. Gerade in Großstädten zeige sich die wachsende Spaltung der Gesellschaft: hier Luxusquartiere, dort soziale Brennpunkte. Dass Hamburg mit dem Bau von jährlich 3000 Sozialwohnungen dieser Entwicklung begegnen wolle, ficht Butterwegge nicht an. Das reiche nicht aus. „Notwendig ist eine sozialpolitische Großoffensive.“
Erfolg der NPD als Kriterium für ein Verbot
Dass angesichts der von Butterwegge festgestellten zunehmenden Spaltung der Gesellschaft die Linke bei der Bürgerschaftswahl 2015 lediglich 8,5 Prozent der Stimmen erhielt, führt der Wissenschaftler auf eine Entpolitisierung der Gesellschaft zurück. „Armut wird als natürliche Bestrafung für fehlende eigene Leistungsfähigkeit angesehen. Armut betrachten viele Menschen als individuelles Problem, das die Betroffenen selbst verursacht haben.“ Damit aber würden die gesellschaftlichen Ursachen von Armut ausgeblendet.
Im Kern gehe es nur noch um Erfolg oder Misserfolg. Dieser neoliberale Ansatz präge inzwischen fast alle Facetten der Gesellschaft. Selbst die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sei betroffen, wie dessen Entscheidung, die NPD nicht zu verbieten, gezeigt habe. „Die Richter kamen zwar zu der Auffassung, dass die Partei verfassungswidrig ist.“ Sie sei aber nicht verboten worden, weil sie bei Wahlen kaum mehr eine Rolle spiele. „Am Ende wurde der Erfolg einer Partei zum Kriterium für ein Verbot gemacht.“