Hamburg. Niedersachsen hat den Vertrag mit Ditib auf Eis gelegt. Ditib-Moscheen bejubeln in ihren Freitagspredigten Märtyrer.

Die Verträge, die der Hamburger SPD-Senat 2012 mit den muslimischen Verbänden geschlossen hat, geraten immer stärker in die Kritik. Am Freitag legte Niedersachsen den geplanten Abschluss ähnlicher Verträge mit dem türkisch-islamischen Verband Ditib auf Eis – wegen wachsender Zweifel an dessen Unabhängigkeit von der türkischen Regierung.

Zuletzt hatte Ditib, in Hamburg Vertragspartner der Stadt, einräumen müssen, dass seine Mitarbeiter in Deutschland für die türkische Regierung spioniert haben. Deswegen ermittelt nun auch die Bundesanwaltschaft. Für Aufregung hatte auch von Ditib-Moscheen und Jugendorganisationen verbreitete Hetze gegen das Weihnachtsfest gesorgt, etwa Zeichnungen, auf denen ein Weihnachtsmann von einem mutmaßlichen Muslim verprügelt wurde.

In Hamburg wächst das Unbehagen an der Zusammenarbeit mit Ditib

Auch in Hamburg wächst das Unbehagen an der Zusammenarbeit mit Ditib – zumal die Organisation über die Verträge auch Einfluss auf den Religionsunterricht an Schulen nehmen kann. Die CDU hat jetzt einen relativ ausgefeilten fünfseitigen Antrag in die Bürgerschaft zu dem Thema eingebracht, der dem Abendblatt vorliegt. Er besteht aus drei Teilen. Im ersten Teil soll die Bürgerschaft ihre Sorge darüber ausdrücken, wie „nationalistisch-islamistische Tendenzen“ über Ditib nach Hamburg getragen würden. Zugleich soll deutlich gemacht werden, dass Spionage und die Verbreitung gewaltverherrlichender Aufrufe inakzeptabel und nicht mit den Verträgen vereinbar seien. Zudem wird festgestellt, dass es „erhebliche Zweifel“ daran gebe, dass Ditib trotz Einflussnahme durch die Erdogan-Regierung noch die Kriterien einer Religionsgemeinschaft erfülle, wie es ein Gutachten vor Vertragsabschluss noch bestätigt hatte.

In einem zweiten Teil wird daher gefordert, in einem neuen unabhängigen Gutachten zu klären, ob Ditib noch als Religionsgemeinschaft gelten könne und welche Kündigungsmöglichkeiten die Stadt gegenüber einem oder mehreren Vertragspartner hat. Neben Ditib sind auch die Schura (Rat der islamischen Gemeinschaften) und der Verband der Islamischen Kulturzentren Partner der Stadt. Im dritten Teil wird der Senat aufgefordert, die Vertragsvereinbarungen mit Ditib zunächst auszusetzen, einen Bericht über die monierten Hassmails und Gewaltaufrufe von Ditib einzufordern, ebenso wie die Zusage, nicht mehr aus der Türkei stammende Predigten in Ditib-Moscheen zu verwenden.

„Wer so agiert, ist Gegner der offenen Gesellschaft“

Zuletzt war kritisiert worden, dass Ditib-Moscheen in Freitagspredigten bisweilen den Märtyrertod als besonders gottgefällig loben. So heißt es in einer auf der offiziellen Ditib Seite zu lesenden Freitagspredigt von 2014: „Das Märtyrertum ist im Islam eine große Ehre ... Selbst die Paradiesbewohner blicken mit wohlwollendem Neid auf den Rang derer, die ihr Leben für Allah ließen.“ Wer für seinen Glauben, sein Land und dessen Werte sterbe, werde als Märtyrer ins Paradies eintreten und dort von Allah „besonders umsorgt“.

CDU-Fraktionschef André Trepoll sagte mit Blick auf die jüngste Entwicklung, das Verhalten der Ditib sei nicht länger tolerierbar. „Wer so agiert, ist kein Partner, sondern Gegner unserer offenen Gesellschaft“, so Trepoll. „Vor dem Hintergrund der islamistisch-nationalistischen Entwicklung in der Türkei darf der rot-grüne Senat nicht länger hinnehmen, dass Ditib in Hamburg als verlängerter Arm der türkischen Religionsbehörde fungiert.“ Die CDU fordere deshalb „eine sofortige Aussetzung der Zusammenarbeit mit Ditib“.

Dabei weiß Trepoll auch die einstigen Verfechter der Verträge, wie den Religionspolitiker und Ex-Bürgermeisterkandidaten Dietrich Wersich, hinter sich. „Es reicht“, sagte Wersich dem Abendblatt. „Ditib muss sich entscheiden: will sie eigenständige Religionsgemeinschaft sein, die für unsere Werte eintritt? Oder über die Religionsbehörde der verlängerte Arm von Erdogan?“

Über den Antrag debattiert die Bürgerschaft am 1. Februar

Der Antrag wird am 1. Februar in der Bürgerschaft debattiert – zusammen mit einem FDP-Antrag, der die Auflösung der Verträge fordert. Senatssprecher Jörg Schmoll zeigte sich skeptisch, was die Forderung angeht. „Es bleibt unklar, welche positiven Wirkungen man sich durch eine Aufhebung der Verträge erhofft. Sie regeln vor allem praktische Fragen der Religionsausübung. Es wäre inte­grations­politisch das falsche Signal, den begonnenen Dialog gerade jetzt zu beenden.“ Der Senat habe stets deutlich gemacht, „dass er bestimmte politische Positionen für inakzeptabel hält“.